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Mars-Mission: Wie hoch ist das Krebsrisiko durch kosmische Strahlung?

Wissenschaftler berechnen die Gefahr ionisierender Teilchen im All

Der Weltraum, unendliche Weiten – und jede Menge kosmische Strahlung: Ein Flug zum Mars ist mit vielen Risiken verbunden. Eines davon ist die Strahlenbelastung während der Reise dorthin. Wie wirken sich kosmische Strahlen auf den menschlichen Körper aus? Und was bedeutet das für das Krebsrisiko der Marsreisenden? Das haben Wissenschaftler der US-amerikanischen Weltraumbehörde NASA in einer aktuellen Studie versucht herauszufinden. Die NASA plant, ab 2030 Menschen zum roten Planeten zu schicken. Auch die Europäische Weltraumorganisation (ESA) sowie die russische und die chinesische Raumfahrtagentur erforschen den Flug zum Mars.

Kosmische Strahlung, was ist das? Und warum ist sie gefährlich?

Space-Shuttle-Flug in der Erdumlaufbahn © Vadimsadovski – Fotolia.com
Bei einem Flug zum Mars bekämen Astronauten deutlich mehr kosmische Strahlung ab als bei einem Space-Shuttle-Flug in der Erdumlaufbahn © Vadimsadovski – Fotolia.com

Der kosmischen Strahlung sind auch wir auf der Erde ausgesetzt. Allerdings erreicht sie uns auf der Oberfläche nur zu einem Bruchteil und abgeschwächt. Das Magnetfeld der Erde und die Atmosphäre liegen schützend über uns.
Im Weltraum ist das anders. Dort ist man den ionisierenden Teilchen wie zum Beispiel Protonen, Elektronen, Helium- und Eisenatomkernen nahezu schutzlos ausgeliefert. Die Teilchen stammen von der Sonne, anderen Sternen der Milchstraße oder fernen Galaxien. Gerade die hochenergetischen Teilchen unter ihnen machen den Wissenschaftlern Sorgen. Sie lassen sich nicht durch die Außenhülle eines Raumschiffs abschirmen und erzeugen beim Eindringen weitere Strahlung, die auf die Insassen wirkt.

Erreicht die Strahlung den menschlichen Körper, kann ihre biologische Wirkung das Erbgut in den Zellen schädigen. Gesunde Zellen sind in der Lage, viele Schäden zu reparieren oder geschädigte Strukturen gezielt abzubauen. Ist die Strahlungsdosis sehr hoch oder das betroffene Gewebe besonders empfindlich, greift dieser natürliche Schutz nicht mehr. Langfristig kann so Krebs entstehen.

Was weiß man von bisherigen Weltraumflügen und Raumsonden?

Die Mission der NASA zum Mars mag in weiter Ferne liegen. Mit den Gegebenheiten im Weltraum setzen sich Wissenschaftler und Astronauten weltweit schon seit Jahrzehnten auseinander. So gelten beispielsweise für Astronauten der NASA Grenzwerte für die Strahlenbelastung, der sie während ihrer beruflichen Laufbahn ausgesetzt seien dürfen. Je jünger die Astronauten sind, desto niedriger ist der Grenzwert. Damit trägt die NASA der Tatsache Rechnung, dass ein junger Astronaut noch länger zu leben hat als ein älterer, und es dadurch wahrscheinlicher ist, dass er in seinem verbleibenden Leben an Krebs erkrankt. Auch bei europäischen Astronauten gehört die Messung der beruflichen Strahlenbelastung zur Routine.

Die Maßeinheit für die Strahlenbelastung des menschlichen Körpers heißt Sievert, kurz Sv. Sie setzt sich zusammen aus der Energiedosis der Strahlung in der Maßeinheit Gray und einem Wert für ihre biologische Wirkung. An der Erdoberfläche erreichen uns jährlich etwa 0,3 Millisievert kosmische Strahlung.
Hinzu kommt die natürliche Strahlung aus unserer Umwelt, so dass wir jährlich von einer natürlichen Strahlenbelastung von etwa 2 mSv ausgehen müssen. Etwa die gleiche Dosis machen medizinische und technische Anwendungen aus. Eine Mammographie zur Brustuntersuchung beispielsweise belastet das menschliche Gewebe mit 0,2 bis 0,4 mSv.
Zum Vergleich: Eine achttägige Space-Shuttle-Mission in der Erdumlaufbahn bringt es auf zusätzliche 5,6 mSv, eine neuntägige Mond-Mission auf 11,4 mSv.

Wie belastend ist ein Flug zu Mars? Kann er Krebs verursachen?

Astronauten auf einer Marsmission wären einer weit höheren Strahlenbelastung ausgesetzt, als sie bisher aus der bemannten Raumfahrt bekannt ist. Der Hauptgrund ist die lange Flugzeit. Aber auch ein Aufenthalt auf der Marsoberfläche würde nicht strahlungsfrei verlaufen. Im Gegensatz zur Erde verfügt der Mars nur über eine dünne Atmosphäre, die vor der kosmische Strahlung nur geringfügig schützt.

Die US-Marssonde Curiosity konnte 2012 auf ihrer Reise zum roten Planeten Daten sammeln, mit deren Hilfe Wissenschaftler eine Strahlenbelastung von gut 330 Millisievert für einen 180-tägigen bemannten Flug zum Mars berechnet haben. Zusammen mit dem Rückflug ergäbe sich daraus eine Strahlenbelastung von rund 660 mSv alleine für die An- und Abreise zum roten Planeten. Die Strahlenbelastung bei einem Aufenthalt auf der Marsoberfläche ist darin noch nicht enthalten. Und auch starke Sonnenwinde sind nicht berücksichtigt. Diese Ströme geladener Teilchen von der Sonne können die Strahlenbelastung kurzfristig in die Höhe schnellen lassen, denn: Schwankungen in der Intensität der Sonnenwinde lassen sich während der Reise zum Mars nicht ausschließen.

Um die gesundheitlichen Risiken einer Marsmission abschätzen zu können, versuchen Wissenschaftler der NASA aktuell, das Krebsrisiko der Astronauten zu berechnen. Dabei nutzen sie mathematische Modelle, in die sie das Wissen über die Wirkung ionisierender Teilchen auf Zellstrukturen einfließen lassen. Zum Vergleich der Berechnungen dienen Ergebnisse, die man aus tierexperimentellen Methoden gewonnen hat.
Das tatsächliche Krebsrisiko für den Menschen lässt sich auf diese Weise nur erahnen. Man muss jedoch davon ausgehen, dass ein Flug zum Mars mit Risiken verbunden sein wird – in vielerlei Hinsicht.



Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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