Prostatakrebs

Prostatakrebs: Active Surveillance (Aktive Überwachung)

Den Tumor engmaschig kontrollieren

Letzte Aktualisierung: 25.01.2022
Überwachen ist kein “Nichtstun“

Prostatakrebs aktiv zu überwachen bedeutet nicht nur abzuwarten. Im Gegenteil: Betroffene gehen zu regelmäßigen Kontrolluntersuchungen.

  • "Active Surveillance" kommt für manche Männer mit frühem Prostatakrebs statt einer Operation oder einer Bestrahlung der Prostata infrage. Übersetzt bedeutet dieses Vorgehen aktives Überwachen.
  • Dabei geht der Mann zunächst zu engmaschigen Kontrolluntersuchungen. Sie umfassen Tastuntersuchungen, PSA-Tests, bildgebende Diagnostik und regelmäßige Gewebeentnahmen aus der Prostata (Kontrollbiopsien).
  • Möchte der Betroffene eine Therapie beginnen, kann er die aktive Überwachung jederzeit beenden.

Hinweis: Informationen aus dem Internet können Ihnen einen Überblick bieten. Sie sind aber nicht dazu geeignet, die Beratung durch einen Arzt oder eine Ärztin zu ersetzen.

Bei der aktiven Überwachung (englisch: Active Surveillance) erhält ein Mann mit frühem Prostatakrebs zunächst keine Therapie, lässt sich aber regelmäßig untersuchen. Dabei kontrolliert die behandelnde Ärztin oder der Arzt, ob sich die biologischen Eigenschaften des Tumors verändert haben: also, ob er beispielsweise gewachsen ist.

Prostatakrebs im frühen Stadium

Haben Männern einen kleinen, auf die Prostata begrenzten Tumor, sprechen Fachleute von einem frühen Erkrankungsstadium.
Das Risiko, dass die Erkrankung eines Mannes fortschreitet oder er später einen Krankheitsrückfall (Rezidiv) hat, ist in dieser Situation eher gering.

Active Surveillance vor allem bei frühem Prostatakrebs: Nicht für alle Männer mit Prostatakrebs kommt eine aktive Überwachung infrage. Neben dem frühen Krankheitsstadium sind auch das Alter eines Mannes, Begleiterkrankungen und weitere medizinische Kriterien ausschlaggebend.

Medizinische Kriterien für eine Active Surveillance:

  • Wert des Prostata-spezifischen Antigens (PSA-Wert) im Blut bis zu 10 ng/ml
  • Gleason-Score bis 6 (Gleason-Score beschreibt das Wachstumsmuster der Krebszellen im entnommenen Gewebe)
  • Tumorstadium cT1 oder cT2a (das bedeutet: es ist ein kleiner, auf die Prostata begrenzter Tumor)
  • maximal 2 von 10 bis 12 Gewebeproben einer Biopsie enthalten Tumorzellen
  • maximal die Hälfte einer betroffenen Gewebeprobe darf aus Tumorgewebe bestehen.

Hinweis: Ausführlicher Erklärungen zu den oben genannten medizinischen Kriterien finden Sie in dem Text Diagnose Prostatakrebs: Untersuchungen bei Krebsverdacht.



In den ersten 2 Jahren geht ein betroffener Mann alle 3 Monate zu den Kontrolluntersuchungen. Dabei spricht er auch über seinen Gesundheitszustand und kann auf vorhandene Beschwerden hinweisen.

Zum Weiterlesen

Wie genau die Untersuchungen ablaufen, können Sie unter Diagnose Prostatakrebs: Untersuchungen bei Krebsverdacht nachlesen.

Zur Active Surveillance gehören verschiedene Untersuchungen. Einige kommen bei jedem Kontrolltermin auf einen Betroffenen zu, andere in größeren Abständen.

  • Digital-rektale Untersuchung (DRU): Ein Mann bekommt in den ersten 2 Jahren bei jeder Kontrolle alle 3 Monate die Prostata vom Enddarm aus abgetastet. Danach alle 6 Monate, wenn der PSA-Wert stabil bleibt.
  • Blutentnahme: Neben der DRU bekommt ein Mann in den ersten 2 Jahren ebenfalls alle 3 Monate seinen PSA-Wert aus einer Blutprobe bestimmt. Bleibt der Wert stabil, sind die folgenden Kontrolltermine alle 6 Monate.
  • Multiparametische Magnetresonanztomographie (mpMRT): Hat ein Mann vor dem Beginn der aktiven Überwachung eine Biopsie unter MRT-Kontrolle erhalten? Dann folgt die nächste Untersuchung (mpMRT-gestützte und systematische Re-Biopsie) erst 12 Monate nach Beginn der aktiven Überwachung. Beginnt die Active Surveillance ohne eine mpMRT-gestützte Biopsie, erhalten Männer diese Untersuchungen innerhalb von 6 Monaten.
  • Wiederholte Biopsien (Kontroll-Biopsien): Gewebeentnahmen aus der Prostata zur Kontrolle nach der mpMRT-gestützten Biopsie sind für Betroffene in den ersten 3 Jahren alle 12 bis 18 Monate notwendig. Bleibt der Befund gleich, verändern sich die Eigenschaften des Tumors also nicht, dann nur noch alle 3 Jahre.

Wann Männer die Active Surveillance abbrechen sollten

Es gibt verschiedene Gründe eine aktive Überwachung abzubrechen:

  • Der Patient möchte mit einer Therapie beginnen.
  • Der PSA-Wert steigt deutlich an.
  • Der Krebs ist seit der letzten Kontrolle nachweislich fortgeschritten: Die für eine Active Surveillance notwendigen medizinischen Kriterien sind dann nicht mehr erfüllt.

Möchte ein Mann die aktive Überwachung beenden und eine Therapie beginnen, kann er den Wunsch jederzeit äußern. Andernfalls empfehlen Experten, die Active Surveillance solange fortzuführen, bis der Krebs fortschreitet. Männer können in dieser Situation in der Regel trotzdem eine Therapie mit dem Ziel der Heilung erhalten.

Steigt der PSA-Wert eines Mannes langsam an, macht das nicht sofort eine Therapie erforderlich. Fachleute empfehlen die aktive Überwachung erst abzubrechen, wenn sich der PSA-Wert in weniger als 3 Jahren verdoppelt hat.

Auch das Ergebnis einer Biopsie ist entscheidend, ob ein Mann die aktive Überwachung abbrechen sollte. Die Gewebeprobe liefert Hinweise, ob sich die Eigenschaften des Tumors verändert haben (höherer Gleason-Score) und er beispielsweise seit der letzten Untersuchung größer geworden ist.

Wichtig

Entscheiden Sie sich nur für eine aktive Überwachung, wenn Sie selbst davon überzeugt sind und sich damit sicher fühlen.

Männer mit Prostatakrebs im frühen Stadium können sich nach der Diagnose in der Regel zwischen verschiedenen Vorgehen entscheiden. Zum Beispiel, ob sie eine aktive Überwachung oder direkt eine Therapie möchten.

Generell empfiehlt es sich für Betroffene, das Gespräch mit der behandelnden Ärztin oder dem Arzt zu suchen. Diese können über mögliche Risiken, Nebenwirkungen oder aber auch Vorteile der verschiedenen Methoden informieren. Zudem lassen sich in einem solchen Gespräch auch direkt Rückfragen klären.

Tipps für das Arztgespräch

Informationsblatt Behandlungswahl: Was muss ich wissen? (PDF)

Vorteile einer Active Surveillance:

  • Eine Heilung ist auch möglich, wenn Betroffene nach der Active Surveillance eine Therapie beginnen.
  • Männer können die Nebenwirkungen einer Therapie umgehen. Dazu zählen etwa Beschwerden beim Wasserlassen, eine beeinträchtigte Potenz oder Probleme die Blase zu entleeren.
  • Männer können jederzeit die Active Surveillance auf eigenen Wunsch beenden.
  • Schreitet die Erkrankung fort, kann ein Mann direkt mit einer Therapie beginnen

Nachteile einer Active Surveillance:

  • Manche Männer kann es belasten, abzuwarten und den Tumor nicht direkt behandeln zu lassen. Einige haben vielleicht im Verlauf der Zeit das Gefühl, keine Kontrolle zu haben.
  • Nicht ganz auszuschließen ist, dass der Krebs trotz der regelmäßigen Kontrolltermine unbemerkt fortschreiten kann. Dadurch ist er später möglicherweise schlechter behandelbar.
  • Obwohl ein Mann keine Therapie erhält, ist es notwendig zu engmaschigen Kontrolluntersuchungen zu gehen. Dazu gehören auch Biopsien in regelmäßigen Abständen.
  • Es lässt sich ist nicht ausschließen, dass der Tumor durch eine Biopsie fälschlicherweise als klinisch unbedeutsam bewertet wird. Prostatakarzinome haben unterschiedliche Wachstumsmuster. Die Gewebeproben einer Biopsie können unter Umständen nur Tumoranteile mit einem niedrigeren Gleason-Score enthalten.

Active Surveillance: sich informiert entscheiden

Durch die Früherkennung erkennen Ärztinnen und Ärzte bösartige Tumoren der Prostata oftmals frühzeitig. Sie entdecken aber auch sehr langsam wachsende und wenig aggressive Tumoren, die einem Mann zu Lebzeiten womöglich keine Beschwerden bereitet hätten. Fachleute bezeichnen solche Tumoren als "klinisch nicht bedeutsam".

Nebenwirkungen einer Therapie?

Eine Operation oder Bestrahlung der Prostata kann die Potenz beeinträchtigen. Zudem kann es vorkommen, dass Männer danach nicht mehr steuern können, wann sie Wasser lassen (Harninkontinenz).

Männer mit einem solchen Tumor können durch die aktive Überwachung eine Therapie über einen längeren Zeitraum hinauszögern oder sogar vermeiden – und dadurch auch mögliche Nebenwirkungen einer Behandlung. Aber auch Männern in einem hohen Lebensalter erspart die Active Surveillance möglicherweise eine eingreifende Therapie. Denn: Ältere Männer mit einem klinisch unbedeutsamen Tumor sterben in der Regel nicht an den Folgen der Krebserkrankung.



Den Tumor aktiv zu überwachen (englisch: Active Surveillance) oder abwartend zu beobachten (englisch: Watchful Waiting) sind zwei grundsätzlich verschiedene Vorgehensweisen für Männer mit Prostatakrebs.

Beim Watchful Waiting verzichtet ein betroffener Mann nicht nur auf die Behandlung von Prostatakrebs, sondern auch auf gezielte, regelmäßige Untersuchungen des Tumors.

Ziel von Watchful Waiting: Bei den Männern sollen nur auftretende Beschwerden, etwa Schmerzen und nicht der Krebs behandelt werden. Daher ist das abwartende Beobachten eine ausschließlich lindernde, sogenannte palliative Maßnahme. Eine Heilung ist damit nicht zu erreichen.

Für wen kommt Abwarten und Beobachten infrage?

  • Für Betroffene mit Begleiterkrankungen wie etwa des Herz-Kreislauf-Systems oder mit einer mutmaßlichen Lebenserwartung unter 10 Jahren. Eine Therapie in heilender Absicht kann in einer solchen Situation körperlich sehr belastend und zu risikoreich sein.
  • Nicht nur Männer mit einem örtlich begrenzten Prostatakarzinom können sich für das Watchful Waiting entscheiden, sondern auch Männer mit Prostatakrebs im fortgeschrittenen Stadium.


Quellen zum Weiterlesen (Auswahl)

Der Krebsinformationsdienst hat zur Erstellung des Textes im Wesentlichen auf die S3-Behandlungsleitlinie deutscher Fachgesellschaften zurückgegriffen. Diese und weitere Quellen sowie nützliche Links sind in der Übersicht zum Thema Prostatakrebs aufgeführt.

Systematische Übersichtsarbeiten
Thomsen FB, Brasso K, Klotz LH, Røder MA, Berg KD, Iversen P. Active surveillance for clinically localized prostate cancer--a systematic review. J Surg Oncol. 2014;109(8):830-835. doi:10.1002/jso.23584

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Fachartikel
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Klotz L. Active surveillance in intermediate-risk prostate cancer. BJU Int. 2020 Mar;125(3):346-354. doi: 10.1111/bju.14935.

Maggi M, Cowan JE, Fasulo V, Washington SL, Lonergan PE, Sciarra A, Nguyen HG, Carroll PR. The Long-Term Risks of Metastases in Men on Active Surveillance for Early Stage Prostate Cancer. J Urol. 2020;204(6):1222-1228. doi: 10.1097/JU.0000000000001313.

Tosoian JJ, Mamawala M, Epstein JI, Landis P, Wolf S, Trock BJ, Carter HB. Intermediate and Longer-Term Outcomes From a Prospective Active-Surveillance Program for Favorable-Risk Prostate Cancer. J Clin Oncol. 2015 Oct 20;33(30):3379-85. doi: 10.1200/JCO.2015.62.5764.

 

Erstellt: 25.01.2022

Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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