Brustkrebs

Therapie bei auf die Brust begrenzten Tumoren

Letzte Aktualisierung: 29.09.2017

Patientinnen mit einem örtlich begrenzten Tumor werden in der Regel operiert. Ziel des Eingriffes ist, das Tumorgewebe möglichst vollständig aus der Brust zu entfernen. Zusätzlich zur Operation erhalten die meisten Frauen weitere Behandlungen. Diese zusätzlichen Therapien werden unter dem Begriff "adjuvante" oder ergänzende Therapie zusammengefasst und sollen das Rückfallrisiko senken. "Neoadjuvant" sind begleitende Therapien, die bereits vor der Operation erfolgen – um den Tumor zu verkleinern oder eine ausgedehnte Erkrankungsform möglichst rasch zu bremsen.
Doch wie genau wird die Therapie bei auf die Brust begrenzten Tumoren durchgeführt? Wie folgen die einzelnen Behandlungsschritte aufeinander? Und welche neoadjuvanten oder adjuvanten Behandlungen kommen infrage? Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Thema "Therapie bei auf die Brust begrenzten Tumoren" hat der Krebsinformationsdienst in diesem Text zusammengestellt.

Hat eine Frau einen örtlich begrenzen Tumor in der Brust, wird dieser in der Regel operiert. Nur in Ausnahmefällen ist es vertretbar, auf eine Operation zu verzichten. Ziel ist, das Tumorgewebe zu entfernen und dabei möglichst viel gesundes Brustgewebe zu erhalten.

Abhängig von den Eigenschaften des Tumors und der individuellen Situation der Betroffenen kommen unterschiedliche Operationsverfahren infrage. Die Operateure gehen dabei schonender als früher vor: Statt einer Amputation der Brust, einer Mastektomie, können viele Frauen heute eine brusterhaltende Operation erhalten, ohne dass dadurch der Behandlungserfolg gefährdet ist. Dabei wird nur der Tumor selbst entnommen. 
Nicht bei allen Frauen ist die Erhaltung der Brust möglich: entweder, weil der Tumor im Verhältnis zur Brust zu groß ist, oder weil mehrere kleine Tumoren verstreut über das Brustgewebe gefunden werden.  Auch wenn eine Amputation der Brust nötig ist, wird die Brust heute nicht mehr so radikal wie noch vor wenigen Jahrzehnten operiert. Meist kann der Brustmuskel und ein großer Teil des umliegenden Gewebes geschont werden. Auch die Möglichkeiten, nach einer Amputation die Brust operativ wieder aufzubauen, haben sich weiterentwickelt.

Während der eigentlichen Tumoroperation entnehmen die Ärzte bei vielen Patientinnen zusätzlich einen oder mehrere Lymphknoten aus dem Achselbereich. Finden sie in ihnen Tumorzellen, hat dies Auswirkungen auf die weitere Behandlung.

Der Operation wird heute zunehmend eine Behandlung mit Arzneimitteln vorgeschaltet, meist eine Chemotherapie. Je nach zu erwartendem Ansprechen kann auch eine Therapie mit Antikörpern infrage kommen. Der Fachbegriff für solche Behandlungen vor der Operation lautet "neoadjuvante Therapie". Welche Vorteile hat diese Möglichkeit?

  • Ein wichtiges Ziel: Es lassen sich selbst große Tumoren so verkleinern, dass brusterhaltend operiert werden kann.
  • Wird eine Chemotherapie bei noch vorhandenem Tumor eingesetzt, können die Ärzte beurteilen, wie gut die Patientin auf die Therapie anspricht.
  • Fast immer wird die Chemotherapie bei Frauen mit einem sogenannten inflammatorischen Mammakarzinom vorgeschaltet. Bei ihnen haben sich Tumorzellen weit im Brustgewebe ausgebreitet, und die Symptome ähneln auf den ersten Blick einer Entzündung. Mit einer neoadjuvanten Therapie kann die Erkrankung schneller gebremst werden.

Bei Frauen, die nicht gleich operiert werden können und eine Chemotherapie nicht möglich ist, lässt sich eventuell auch eine antihormonelle Behandlung neoadjuvant durchführen. Langfristig bringt dann aber nur die anschließende Operation eine ausreichende Kontrolle über die Erkrankung.

Mehr zu begleitenden und ergänzenden Verfahren bietet auch der Abschnitt "Adjuvante Therapie".

Bei der Brustkrebsoperation wird der Tumor möglichst vollständig aus der Brust entfernt. Nach dem Eingriff können jedoch für die Operateure nicht sichtbare Tumorzellen im Körper zurückgeblieben sein. Auch könnten sich schon vor der Operation Zellen vom Tumor abgelöst und über das Blut oder die Lymphbahnen im Körper verteilt haben, die mit keinem diagnostischen Verfahren aufzuspüren sind.
Diese Zellen sollen im Rahmen der "adjuvanten Therapie" durch weitere, ergänzende Behandlungsformen zerstört werden. Ziel ist es, einem örtlichen Rückfall in der Brust oder einer späteren Bildung von Metastasen vorzubeugen. Durch die adjuvante Therapie kann das Rückfallrisiko für viele, wenn auch nicht alle Frauen entscheidend verringert werden.

Während die Operation eine wichtige Therapie für praktisch alle betroffenen Frauen darstellt, kann sich die adjuvante Therapie von Patientin zu Patientin unterscheiden. Es gibt weder den Brustkrebs noch die eine Brustkrebstherapie. Das Vorgehen in der adjuvanten Therapie stimmen die behandelnden Ärzte daher auf jede Patientin individuell ab. Es richtet sich nach:

  • dem Stadium der Erkrankung,
  • den biologischen Eigenschaften des Tumors und
  • der individuellen Situation und auch den Vorstellungen der betroffenen Frau.

Patientinnen müssen heute wissen: Nicht für jede Krankheitssituation gibt es nur eine eindeutige Empfehlung für oder gegen eine bestimmte Therapie. Manchmal bieten sich auch mehrere Möglichkeiten an, die nach wissenschaftlicher Einschätzung gleichwertig sind.

Nicht für jede individuelle Situation liegen eindeutigen Daten aus wissenschaftlichen Studien vor, die man für eine Entscheidung heranziehen könnte. Auch widersprüchliche Daten, etwa zu der Wirksamkeit eines Medikaments bei bestimmten Tumoreigenschaften, können die Therapiewahl erschweren. 

Hinzu kommt: Forscher versuchen seit mehreren Jahren, bessere Tests zu entwickeln, mit denen sich das Rückfallrisiko genauer als bisher abschätzen lässt. Doch diese Tests haben noch nicht bewiesen, wie zuverlässig sie wirklich sind. Einige Untersuchungen werden in der Praxis trotzdem schon angewendet, auch außerhalb klinischer Studien.

An welchen Kriterien kann man sich als Patientin derzeit orientieren? Hier hilft nur die Prüfung der individuellen Situation gemeinsam mit den behandelnden Ärzten. Informationen aus dem Internet können nur erste Anhaltspunkte bieten.

Adjuvante Therapie: Immer entsprechend der Individuellen Situation

Wie ist die Operation erfolgt? 
Die Art der Operation – brusterhaltend oder Entfernung der Brust – spielt eine Rolle, wenn es um die Planung einer adjuvanten Strahlentherapie geht.

Wie groß ist der Brusttumor, wie ausgedehnt ist die Erkrankung?
Neben der Größe des Tumors ist von Bedeutung, ob und wie viele Lymphknoten in der Achselhöhle befallen sind und ob bei der feingeweblichen Untersuchung des entfernten Tumorgewebes das Eindringen von Krebszellen in Lymph- oder Blutgefäße nachgewiesen wird.

Wie ist die hormonelle Situation?
Ob eine Frau noch Regelblutungen hat, ob sie in den Wechseljahren ist oder das Klimakterium schon hinter sich hat, wird anhand des sogenannten Menopausenstatus bestimmt und beeinflusst die Therapiewahl. 

Gibt es Begleiterkrankungen?
Das mögliche Vorliegen von weiteren Erkrankungen wie zum Beispiel einer Herzschwäche beeinflusst die Therapiewahl ebenfalls. Unter Umständen könnten adjuvante Behandlungen dann eine Patientin mehr gefährden als ein möglicher Rückfall.

Ausreifungsgrad des Tumors

Wie schnell wächst der Tumor?
Das bestimmen spezialisierte Fachkräfte, die Pathologen, an entnommenem Tumorgewebe unter dem Mikroskop: Wie stark sich das Krebsgewebe im Aussehen und im Wachstumsverhalten von normalem Brustdrüsengewebe unterscheidet, beschreiben sie mit dem Differenzierungsgrad (Ausreifungsgrad, Grading):

  • Gut differenzierter Krebs (niedriges Grading, G1) wächst langsam,
  • mäßig differenzierter Krebs (G2) wächst etwas schneller und
  • schlecht differenzierter Krebs (hohes Grading, G3) wächst sehr schnell mit verstärkter Tendenz zur Streuung.

Was man unter Differenzierung versteht und welche weiteren Klassifikationen man für die Behandlungsplanung vornimmt, erklärt der Text Befunde verstehen: Arztbriefe, TNM-System.

Rezeptoren, sonstige Gewebeeigenschaften

Ist der Tumor für gezielte Therapien empfänglich?
Am Tumorgewebe werden die Krebszellen auf bestimmte Andockstellen (Rezeptoren) untersucht. Weisen die Tumorzellen Rezeptoren für die körpereigenen weiblichen Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron auf, wird eine antihormonelle Therapie durchgeführt. Patientinnen, deren Tumor besonders viele Andockstellen für bestimmte Wachstumsstoffe hat (sogenannte HER2-Rezeptoren), erhalten eine zielgerichtete Therapie.

Daneben gibt es eine ganze Reihe weiterer sogenannter Biomarker. Ihr Stellenwert ist derzeit jedoch noch nicht vollumfänglich gesichert. Sie können aber eine ergänzende Entscheidungshilfe sein, wenn sich das individuelle Rückfallrisiko anhand der genannten Kriterien nur schwierig abschätzen lässt.

Alle diese Faktoren können als "Marker" genutzt werden, um eine passende Therapie zu wählen und/oder den Behandlungserfolg abschätzen zu können. Welche Rolle solche prognostischen und prädiktiven Faktoren heute in der Krebsbehandlung spielen, erläutert ein eigener Text.

Eine Operation des Brusttumors steht bei den vielen Frauen am Anfang der Therapie. Auch Frauen, die zunächst eine neoadjuvante Behandlung erhalten hatten, können eventuell von weiteren adjuvanten Therapien nach der Operation noch profitieren.

Eine Bestrahlung ergänzt die örtliche Behandlung, falls brusterhaltend operiert wurde. Sie halbiert das Risiko eines örtlichen Rückfalls. Nach Brustentfernung (Mastektomie) wird eine Bestrahlung nur bei sehr hohem Rückfallrisiko empfohlen. Mehr Informationen zur Bestrahlung nach einer Brustoperation hat der Krebsinformationsdienst im Text Bestrahlung zur Therapie und Verhinderung von Rückfällen zusammengestellt.

Um die Entstehung von Metastasen aus möglicherweise im Körper verstreuten Krebszellen zu verhindern, kommen verschiedene Medikamente in Betracht. Sie wirken im ganzen Körper.
Einige, wie etwa die verschiedenen Mittel der Chemotherapie, unterdrücken allgemein die gesteigerte Zellteilung von Tumoren.
Andere greifen ganz gezielt in spezielle Wachstumsvorgänge ein, die bei Krebszellen häufig verändert sind. Abhängig von den Tumormerkmalen werden diese Medikamente einzeln oder kombiniert eingesetzt:

  • Antihormontherapie: Tragen die Krebszellen vermehrt Hormonrezeptoren, regen Östrogene das Tumorwachstum an. Etwa 70 von 100 Patientinnen haben einen Hormonrezeptor-positiven Tumor, der durch die weiblichen Geschlechtshormone angeregt wird. Ihnen wird eine Antihormontherapie (endokrine Therapie) empfohlen, die gezielt die Wirkung von Östrogen blockiert oder seine Bildung im Körper verhindert. Je nachdem, ob eine Frau vor oder nach den Wechseljahren ist (Menopausenstatus), kommen unterschiedliche Medikamente zum Einsatz, in Tablettenform und manchmal kombiniert mit monatlichen Depotspritzen unter die Haut. Die derzeit vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse führen zu der Empfehlung, eine solche adjuvante Antihormonbehandlung fünf bis zehn Jahre durchzuführen.
  • Zielgerichtete Therapien: Das bekannteste dieser modernen Medikamente ist der Antikörper Trastuzumab. Es gibt inzwischen zwar eine Reihe weiterer ähnlicher Mittel. Zur Senkung des Rückfallrisikos nach einer Operation kommt derzeit aber nur Trastuzumab infrage.
  • Chemotherapie: Weniger gezielt, aber effektiv gegen sich rasch teilende Zellen wirkt eine Chemotherapie. Sie kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn das Risiko eines Rückfalls besonders hoch ist - etwa wenn der Tumor aggressiv wächst oder sich schon in Lymphknoten ausgebreitet hat. Eine Kombinationstherapie mit zwei oder drei Substanzen wird in mehreren Zyklen im Abstand von drei bis vier Wochen über bis zu sechs Monate direkt in das Blut verabreicht. Meist kann die Behandlung ambulant erfolgen. Hat eine Frau schon eine Chemotherapie vor der Operation erhalten (neoadjuvante Chemotherapie), ist eine weitere nach der Operation in der Regel nicht mehr nötig.
  • Bisphosphonate: Diese Medikamente sind zur adjuvanten Behandlung bei Brustkrebs eigentlich nicht zugelassen. Sie werden eingesetzt, um Nebenwirkungen der Hormonentzugsbehandlung an den Knochen zu vermeiden oder zu behandeln. Es gibt jedoch Hinweise, dass sie auch das Risiko insbesondere von Knochenmetastasen senken.

Forschung

Zur Verbesserung und Weiterentwicklung der adjuvanten Brustkrebstherapie werden klinische Studien durchgeführt. Solche Studien mit wissenschaftlicher Begleitung sind nicht nur wichtig, um Fortschritte zu erreichen. Sie bieten den teilnehmenden Patientinnen auch eine intensive Betreuung und eine Behandlung nach modernsten wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Ob eine einzelne Patientin im Rahmen einer geeigneten Studie behandelt werden kann, muss sie mit ihren behandelnden Ärzten besprechen.

Was muss man bei der Therapieplanung noch bedenken?

Eine adjuvante Therapie ist wirksam und von Nutzen, aber eben nicht bei jeder Patientin und in unterschiedlichem Ausmaß.

Wie immer gilt jedoch: Nebenwirkungen der Therapie können unabhängig von ihrer Wirksamkeit auftreten. Gerade wenn der geschätzte Nutzen eher gering oder ungewiss ist, fallen unerwünschte Wirkungen stärker ins Gewicht, zumal sich die meisten Frauen nach der Entfernung des Tumors gesund fühlen.

Der durch Studien belegte Nutzen einer Therapie wird zudem oft in gut messbaren Größen wie zum Beispiel der Gesamtüberlebenszeit oder der krankheitsfreien Zeit (Zeit entweder bis zum ersten Lokalrezidiv, einem Tumor in der zweiten Brust oder zu Fernmetastasen) angegeben. Patientinnen können unter Umständen jedoch andere, persönliche Vorstellungen vom Nutzen einer Therapie haben, wie zum Beispiel eine möglichst gute Lebensqualität. Und selbst die Lebensqualität kann von verschiedenen Patientinnen wiederum ganz unterschiedlich bewertet werden. Zum Beispiel erleben manche Frauen Haarausfall während einer Chemotherapie als sehr belastend, andere nehmen diese Nebenwirkung nicht so wichtig.

Letztendlich sollte jede Frau versuchen, für sich und gemeinsam mit ihren Ärzten zu klären:

  • Wie gehe ich mit der Unsicherheit um, dass die Krebserkrankung eventuell wieder auftritt. Möchte ich alle Möglichkeiten ausschöpfen?
  • Und was nehme ich dabei an Nebenwirkungen in Kauf?

Einmal begonnen, sollte die gewählte adjuvante Behandlung zu Ende geführt werden, sonst ist der Nutzen gänzlich ungewiss.

Gute Informationen helfen bei der Entscheidung. Für Patientinnen, denen eine Entscheidung sehr schwer fällt, kann es hilfreich sein, eine zweite oder auch dritte ärztliche Meinung einzuholen. Auch die Teilnahme an einer klinischen Studie kann in Frage kommen.

Forscher und Ärzte hoffen darauf, dass die Entscheidung für eine adjuvante Therapie in Zukunft einfacher wird und die Behandlung trotzdem individuell bleibt: Ob moderne biologische Marker und entsprechend angepasste zielgerichtete Medikamente zukünftig eine personalisierte Brustkrebstherapie erleichtern, wird noch in Studien geprüft.



Quellen zum Weiterlesen (Auswahl)

Das "Leitlinienprogramm Onkologie" der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. bietet die Leitlinie für Patientinnen "Brustkrebs: Die Ersterkrankung und DCIS" an. Sie kann als PDF-Datei heruntergeladen werden unter http://leitlinienprogramm-onkologie.de.

Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie stellt zu ihren Empfehlungen Patientenratgeber bereit, unter www.ago-online.de/leitlinien-empfehlungen/leitlinien-empfehlungen/kommission-mamma.

Welche Leitlinien und Fachempfehlungen für diesen Text als Quellen genutzt wurden, ist im Überblick Behandlungswahl bei Brustkrebs sowie bei den jeweiligen Behandlungsverfahren zusammengestellt.

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Erstellt: 23.06.2013

Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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