Prostatakrebs

Hormontherapie bei Prostatakrebs

Letzte Aktualisierung: 30.01.2023
Wichtig zu wissen

Mit einer alleinigen Hormonentzugstherapie lässt sich das Tumorwachstum bei Prostatakrebs oftmals lange bremsen, eine Heilung ist aber nicht möglich.

  • Eine "Hormontherapie" kommt vor allem für Männer mit fortgeschrittenem oder metastasiertem Prostatakrebs infrage.
  • Wächst der Prostatakrebs des Patienten trotz der Behandlung weiter, bezeichnen Fachleute den Tumor als kastrationsresistent. Für diese Situation gibt es eine neue Generation von Medikamenten für den Hormonentzug.
  • Abhängig vom Medikament kann die Therapie verschiedene Nebenwirkungen verursachen: möglich sind beispielsweise Erektionsprobleme (erektile Dysfunktion), Hitzewallungen sowie ein verändertes Körperbild.

Hinweis: Informationen aus dem Internet können Ihnen einen Überblick bieten. Sie sind aber nicht dazu geeignet, die Beratung durch einen Arzt oder eine Ärztin zu ersetzen.

Bei fast allen Patienten mit Prostatakrebs benötigen die Krebszellen männliche Geschlechtshormone (Androgene), um zu wachsen – insbesondere das Hormon Testosteron. Es gibt Therapien, die den Prostatakrebszellen Androgene entziehen. Das kann das Tumorwachstum bremsen und den Krebs aufhalten – für viele Monate oder auch Jahre. Eine dauerhafte Heilung ist allein mit dieser Behandlung aber nicht möglich.

Eine Therapie, die dem Prostatakrebs Androgene entzieht, bezeichnen Fachleute als Androgendeprivationstherapie (ADT, "deprivation" steht für "Entzug"). Viele Betroffene sprechen abgekürzt von einer "Hormontherapie". Fachlich richtig sind die Bezeichnungen Antihormontherapie, Hormonentzugstherapie oder Hormonentzugsbehandlung.

Es gibt verschiedene Medikamente für eine Antihormontherapie bei Prostatakrebs. Sie unterscheiden sich zum Teil in ihrer Wirkweise und darin, ob ein Patient sie als Spritze erhält oder als Tablette einnehmen muss. Es gibt aber auch Präparate, die der Betroffene als Stäbchen für 12 Monate unter die Haut implantiert bekommt.

Eine Hormonentzugstherapie kann bei Patienten verschiedene Nebenwirkungen verursachen. Welche das sind, hängt auch davon ab, welches Medikament ein Patient erhält. Die Nebenwirkungen ähneln teilweise den Beschwerden, die Frauen in den Wechseljahren haben. Durch eine Hormontherapie bekommen Männer zum Beispiel sehr häufig Hitzewallungen.

Auch wenn der Patient eine Hormonentzugstherapie erhält, kann es passieren, dass der Krebs früher oder später fortschreitet. Der Grund: Die meisten Krebszellen reagieren irgendwann nicht mehr auf die Behandlung mit sogenannten GnRH-Agonisten oder GnRH-Antagonisten. Fachleute bezeichnen den Prostatakrebs dann als kastrationsresistent. In dieser Situation kommen aber noch weitere, neue Medikamente für den Hormonentzug infrage.



Männer mit Prostatakrebs können in verschiedenen Krankheitsstadien eine Hormonentzugstherapie erhalten.

Fortgeschrittener Prostatakrebs mit Metastasen: In dieser Erkrankungssituation ist eine Hormontherapie die Standardtherapie, da sie im gesamten Körper wirkt. Denn: Patienten haben in diesem Krankheitsstadium bereits Tumorabsiedlungen (Metastasen) in anderen Organen und Geweben außerhalb der Prostata.

Örtlich fortgeschrittener Prostatakrebs: Ist der Tumor groß und bereits über die Prostata hinausgewachsen, kann eine Hormontherapie zusätzlich zu einer Bestrahlung infrage kommen.

  • Beginnt die Hormontherapie vor der Bestrahlung, kann sich dadurch der Tumor verkleinern (neoadjuvante Hormontherapie).
  • Führt der Betroffene die Hormontherapie nach einer Strahlentherapie für einen begrenzten Zeitraum fort, hindert das möglicherweise verbleibende Tumorreste daran zu wachsen (adjuvante Hormontherapie).
Wichtig zu wissen

Auch bei frühem Prostatakrebs lässt sich eine Heilung durch eine alleinige Hormontherapie nicht erreichen.

Örtlich begrenzter Prostatakrebs: In einem frühen Erkrankungsstadium ist der Krebs auf die Prostata begrenzt und wächst meist nur sehr langsam. Eine Hormontherapie kommt in dieser Situation infrage, wenn der Betroffene eine Operation oder Strahlentherapie ablehnt oder unter schweren Begleiterkrankungen leidet, so dass er sich von diesen belastenden Behandlungen womöglich nur schwer erholen würde. Zudem kann eine Antihormontherapie dazu beitragen, Beschwerden des Patienten zu lindern, die der Prostatakrebs verursacht.

  • Männer, die ein hohes Risiko für einen Krankheitsrückfall haben, bekommen die Antihormontherapie auch bei einem lokal begrenzten Tumor in der Regel zusätzlich zur Strahlentherapie.


Neben einem Blister mit weißen Tabletten liegt eine Spritze.
Bei einer Hormontherapie bekommen Betroffene Medikamente unter die Haut oder in den Muskel gespritzt. Es kann auch sein, dass sie Tabletten zur täglichen Einnahme erhalten. © Bk87, Shutterstock

Die Hormonentzugstherapie wirkt sich unterschiedlich auf den Testosteron-Haushalt von Männern aus (mehr dazu im Abschnitt Detailwissen: Testosteronbildung im Körper). Wie genau, hängt davon ab, welches Medikament ein Patient mit Prostatakrebs erhält:

  • Es gibt Medikamente, die den Testosteron-Spiegel im Blut senken.
  • Andere Medikamente verhindern die wachstumsfördernde Wirkung des Testosterons auf die Zellen. Sie beeinflussen aber nicht die Testosteron-Konzentration im Blut.
Lexikon

GnRH: Abkürzung für das Gonadotropin-Releasing-Hormon

GnRH-Agonisten und GnRH-Antagonisten sind Medikamente, die die Menge des Testosterons im Blut senken.

Als "klassische Hormontherapie" bezeichnen Fachleute eine Antihormontherapie mit sogenannten GnRH-Agonisten oder GnRH-Antagonisten. Daneben gibt es noch andere Medikamente für eine Hormonentzugstherapie, unter anderem die neuen hormonellen Substanzen.

Detailwissen: Testosteronbildung im Körper

Anatomische Darstellung des menschlichen Gehirns und der Lage des Hypothalamus und der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse).
Botenstoffe aus der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse) steuern die Bildung von Testosteron in den Hoden. © Krebsinformationsdienst, DKFZ, erstellt mit BioRender.com

Der sogenannte Hypothalamus sitzt im Gehirn. Er ist das Steuerzentrum für die Bildung von Testosteron im Körper. Wenn der Testosteron-Spiegel im Blut zu niedrig ist, setzt er den Botenstoff Gonadoliberin frei, der auch als Gonadotropin-Releasing-Hormon oder kurz GnRH bezeichnet wird.

Das GnRH bewirkt, dass die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) weitere Botenstoffe freisetzt, sogenannte Gonadotropine. Sie regen die Hoden dazu an, Testosteron zu bilden. Bleibt dieses Signal zur Hormonbildung aus, schütten die Hoden immer weniger Testosteron aus.

GnRH-Agonisten und GnRH-Antagonisten

Lexikon

LHRH: Abkürzung für das Luteinisierungshormon-Releasing-Hormon und eine weitere Bezeichnung für das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH)

Medikamente, die zu den GnRH-Agonisten oder GnRH-Antagonisten gehören, senken die Menge des Testosterons im Blut. Ziel ist, damit einen Testosteron-Wert von möglichst unter 50 Nanogramm pro Deziliter Blut (< 50 ng/dl) zu erreichen. Das entspricht dem Wert, der sich auch nach einer Entfernung der Hoden (chirurgische Kastration) einstellt. Deshalb bezeichnen ihn Fachleute auch als "Kastrationsniveau".

GnRH-Agonisten und GnRH-Antagonisten sind künstliche "Kopien" des natürlich im Körper vorkommenden Hormons GnRH. Sie binden daher auch an die gleichen Bindestellen in der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) im Gehirn, unterscheiden sich aber darin, wie sie den Testosteronspiegel senken.

GnRH-Agonisten werden auch als LHRH-Agonisten bezeichnet. Sie sind schon seit längerem für die Hormontherapie bei Prostatakrebs zugelassen. Beispiele für GnRH-Agonisten sind Goserelin oder Leuprorelin.

  • Wirkweise: GnRH-Agonisten binden stärker und länger an die Hormon-Bindestellen in der Hypophyse als das natürlich im Körper vorkommende GnRH. Damit bewirken sie mittelfristig, dass diese Bindestellen vermehrt abgebaut werden. Die Folge: Im Gehirn bildet die Hypophyse weniger Botenstoffe, wodurch die Hoden weniger Testosteron produzieren.
  • Anwendung: Patienten bekommen GnRH-Agonisten in der Regel als Depotspritze unter die Haut (subkutan) oder in den Muskel (intramuskulär) gespritzt. Ihre Wirkung hält für einen längeren Zeitraum an – abhängig vom eingesetzten Arzneimittel 1, 2, 3 oder 6 Monate.


GnRH-Antagonisten werden auch LHRH-Antagonisten genannt. In Deutschland gibt es 2 zugelassene Wirkstoffe: Degarelix und Relugolix.

  • Wirkweise: GnRH-Antagonisten sind an den GnRH-Bindestellen im Gehirn die "Gegenspieler" zum natürlich im Körper vorkommenden GnRH: Sie blockieren die Bindestellen, weshalb GnRH nicht mehr binden und wirken kann. Dadurch bildet die Hypophyse innerhalb weniger Tage kaum noch Botenstoffe, weshalb die Hoden immer weniger Testosteron herstellen.
  • Anwendung: Degarelix bekommen Prostatakrebspatienten monatlich unter die Haut gespritzt. Relugolix könnten sie als Tabletten einnehmen (möglichst immer zur selben Tageszeit).

Antiandrogene

Das bekannteste Antiandrogen ist Bicalutamid.

  • Wirkweise: Eine Hormonentzugstherapie mit Antiandrogenen verhindert, dass das männliche Geschlechtshormon Testosteron die Prostatakrebszellen zum Wachsen anregt. Diese Medikamente blockieren die Testosteron-Bindestellen sowohl in gesunden Prostatazellen als auch in Prostatakrebszellen.
    Antiandrogene senken daher nicht wie GnRH-Agonisten oder GnRH-Antagonisten die Menge des Testosterons im Blut. Der Testosteron-Spiegel bleibt unter einer Therapie mit Antiandrogenen unverändert.
  • Anwendung: Patienten nehmen Bicalutamid täglich – etwa zur gleichen Tageszeit – als Tabletten ein.

Neue hormonelle Substanzen: Enzalutamid, Apalutamid, Darolutamid und Abirateron

Reagieren Prostatakrebszellen nicht mehr ausreichend auf die klassische Antihormontherapie mit GnRH-Agonisten und GnRH-Antagonisten, können Betroffene neue hormonell wirksame Substanzen erhalten. Das ist eine weiterentwickelte Generation von Arzneimitteln für die Hormonentzugstherapie. Sie haben unterschiedliche Wirkmechanismen.

Enzalutamid, Apalutamid und Darolutamid blockieren die Bindestellen der männlichen Geschlechtshormone. Dadurch verhindern sie, dass Testosteron in den Krebszellen wirken und sie zum Wachsen anregen kann.

  • Anwendung: Patienten nehmen diese Substanzen einmal täglich als Kapseln oder Tabletten ein, Darolutamid müssen sie 2-mal täglich mit einer Mahlzeit einnehmen.

Abirateron hemmt ein wichtiges Eiweiß (CYP17), das für die Bildung von Testosteron notwendig ist. Damit verringert es sowohl die Bildung von Testosteron in den Hoden, in der Nebennierenrinde als auch im Tumorgewebe selbst.

  • Anwendung: Patienten nehmen Abirateron täglich als Tabletten ein – entweder mindestens 1 Stunde vor dem Essen oder mindestens 2 Stunden danach.
Ein älterer Mann sitzt an einem Tisch gegenüber von einem Arzt, der dem Mann etwas erklärt.
Gemeinsam mit dem Arzt bespricht der Patient, wie die Hormontherapie abläuft [Symbolbild]. Foto: Tobias Schwerdt © Krebsinformationsdienst, DKFZ

Ärzte setzen zur Hormonentzugstherapie entweder nur ein antihormonelles Arzneimittel ein oder sie kombinieren es mit einem anderen antihormonellen Wirkstoff und / oder einer Chemotherapie. Das hängt von der individuellen Erkrankungssituation ab.

So lange Männer eine Antihormontherapie mit einem GnRH-Agonisten oder GnRH-Antagonisten erhalten, können sie diese kontinuierlich oder mit Therapiepausen (intermittierend) anwenden.

Gut zu wissen

Eine alleinige Hormontherapie können Betroffene ambulant erhalten. Das heißt, dazu müssen sie nicht stationär ins Krankenhaus.

Männer mit fortgeschrittenem Prostatakrebs bleiben in der Regel bei ihrer Behandlungsstrategie, bis sie nicht mehr wirkt. Dann wechseln die behandelnden Ärzte das oder die Arzneimittel. Deshalb müssen sich betroffene Männer regelmäßig während der Hormontherapie untersuchen lassen.

Wächst der Prostatakrebs trotz niedriger Testosteronwerte (Kastrationsniveau) weiter, bezeichnen ihn Fachleute als "kastrationsresistent".

Wie geht es bei einem kastrationsresistenten Prostatakarzinom weiter? Spätestens jetzt setzen Fachleute in der Regel die neuen hormonellen Substanzen ein. In welcher Reihenfolge und in welcher Kombination hängt auch hier von der individuellen Situation und den Wünschen der Betroffenen ab. Eine Basistherapie mit GnRH-Antagonisten oder GnRH-Agonisten bleibt aber bestehen, weil eventuell ein Teil der Prostatakrebszellen noch darauf anspricht.



Intermittierender Hormonentzug

Beim intermittierenden Hormonentzug, kurz IAD, unterteilt sich die Therapie in verschiedene Phasen: Nach einer Behandlung mit einem GnRH-Agonisten oder einem GnRH-Antagonisten folgen Phasen für den Patienten, in denen die Hormontherapie pausiert wird.

Während der Behandlungspause kann sich der Testosteron-Spiegel des Patienten normalisieren. Dadurch lassen sich Nebenwirkungen des Hormonentzugs für Betroffene teilweise verringern.

Die Studienlage zur intermittierenden Hormonentzugstherapie ist uneinheitlich. Ob die Therapiepausen den Zeitraum verlängern, in dem die Hormontherapie anspricht, ist bisher unklar. Auch zu den Langzeitfolgen der intermittierenden Hormonentzugstherapie im Vergleich zur durchgehenden Hormontherapie oder den neueren Kombinationstherapien gibt es bisher keine aussagekräftigen Daten.



Maximale Androgen-Blockade

Wichtig zu wissen

Heute empfehlen Fachleute die maximale Androgen-Blockade nicht mehr. Wer sie aber schon lange erhält und gut verträgt ohne dass die Erkrankung fortschreitet, muss die Behandlung deswegen nicht wechseln.

Bekommt ein Patient einen Testosteron-senkenden GnRH-Agonisten zusammen mit dem Testosteron-blockierenden Antiandrogen Bicalutamid, lässt sich die Testosteronwirkung vollständig unterbinden. Fachleute empfehlen diese Art der Therapie aus mehreren Gründen nicht mehr:

  • es ist wenig wahrscheinlich, dass sich die Lebenserwartung durch diese Therapie verlängert,
  • die Therapie ist mit mehr Nebenwirkungen verbunden und
  • mittlerweile gibt es wirksamere Kombinationstherapien.

Prostatakrebs im frühen Stadium: Die Antihormontherapie kann Prostatakrebs längerfristig daran hindern zu wachsen. Ein Patient kann allerdings nicht allein dadurch geheilt werden – wie es in dieser Krankheitssituation mit einer OP oder Strahlentherapie möglich ist. Betroffene, für die aufgrund ihres Tumorstadiums und ihres Allgemeinzustands auch eine Bestrahlung oder Operation infrage kommt, sollten dies bei ihrer Therapiewahl berücksichtigen.

Fortgeschrittener Prostatakrebs: Hat der Tumor Metastasen gebildet und/oder ist er kastrationsresistent, kann eine Kombinationstherapie die Lebenserwartung des Patienten verlängern: zum Beispiel eine kombinierte Hormon-Chemotherapie oder der klassische Hormonentzug kombiniert mit einer neuen hormonellen Substanz. Auch wenn die Kombinationstherapien ebenfalls keine Heilung bewirken und mit Nebenwirkungen einhergehen, belegen Studien einen deutlichen Nutzen.

 



Libidoverlust und erektile Dysfunktion

Erhalten Männer dauerhaft eine Hormontherapie, kann sich das auf ihr Sexualleben auswirken.

  • Libidoverlust: Bei den meisten Männern lässt in den ersten Monaten das sexuelle Interesse deutlich nach. Das lässt sich oft damit erklären, dass der Testosteron-Spiegel durch die Hormontherapie vergleichbar niedrig ist, wie nach einer Entfernung der Hoden.
  • Erektile Dysfunktion: Auch die körperliche Fähigkeit, eine Erektion zu haben und aufrechtzuerhalten, ist durch den Entzug der männlichen Geschlechtshormone bei den meisten Patienten stark eingeschränkt.

Wichtig zu wissen: Erhält ein Mann nur vorübergehend eine Hormontherapie, können sich nach dem Absetzen der Medikamente die sexuellen Funktionen wieder erholen.

Kostenübernahme

Die Krankenkasse übernimmt die Kosten zur Diagnose und Behandlung einer erektilen Dysfunktion, allerdings nicht für Medikamente.

Was lässt sich dagegen tun?

  • Trotz intensiver Forschung gibt es bisher keine Therapie gegen den Libidoverlust. Das kann auf Dauer eine Partnerschaft belasten. Daher empfehlen Fachleute betroffenen Paare rechtzeitig und möglichst offen über das Thema zu sprechen: zum Beispiel mit Sexualtherapeutinnen und Sexualtherapeuten oder auch in einer Selbsthilfegruppe.
  • Eine erektile Dysfunktion lässt sich behandeln: beispielsweise mit einer Vakuumpumpe, Schwellkörper-Injektionen oder Operationen. Zudem gibt es Medikamente, die die Erektion verstärken. Fachleute empfehlen aber vorab eine individuelle Beratung: Eine psychologische Betreuung, Sexualtherapie oder Achtsamkeitstraining können betroffenen Männern und ihren Partnerinnen oder Partnern helfen.


Hitzewallungen

Hitzewallungen sind eine der Hauptnebenwirkungen einer Hormontherapie: Je nach Medikament können etwa 4 bis 8 von 10 Patienten davon betroffen sein. Oft leiden Betroffene zusätzlich unter Schlafstörungen, Übelkeit und starkem Schwitzen – Symptome, die mit Wechseljahresbeschwerden bei Frauen vergleichbar sind.

Was lässt sich dagegen tun? Die Beschwerden lassen sich durch Begleitmedikamente lindern. Diese Medikamente können allerdings auch Nebenwirkungen haben. Ebenfalls hilfreich sind körperliche Bewegung und Entspannungstechniken sowie den Konsum von Kaffee und Alkohol zu verringern und scharfe Gewürze zu meiden. Zu alternativen Methoden wie zum Beispiel pflanzlichen Präparaten gibt es derzeit wenig aussagekräftige Daten aus Studien.

Einfluss auf den Körper: Verändertes Körperbild

Die Hormontherapie kann sich auf verschiedene Weisen auf den Körper eines Mannes auswirken:

  • Vor allem unter Antiandrogenen schwellen sehr häufig die Brustdrüsen an, wodurch sich die Brust vergrößert (Gynäkomastie). Das ist für Männer oftmals mit Schmerzen verbunden.
  • Penis und/oder Hoden können sich verkleinern.
  • Die Haardicke und das Haarvolumen können abnehmen – das gilt auch für die Gesichts- und Körperbehaarung.

Was lässt sich dagegen tun? Bisher gibt es nur gegen die Brustdrüsenschwellung und die Brustschmerzen lindernde Maßnahmen: das Medikament Tamoxifen oder eine niedrig dosierte Bestrahlung der Brustdrüsen. Besonders wirksam sind diese Maßnahmen, wenn Patienten sie vorbeugend erhalten. Tamoxifen nehmen Männer in dieser Situation gleichzeitig zur Hormontherapie ein.



Einfluss auf den Stoffwechsel: Gewichtszunahme und Muskelabbau

Führen Medikamente zu einem Testosteron-Mangel, kann das den Stoffwechsel von Männern verändern. Daher empfehlen Fachleute vorbeugende Maßnahmen.

So kann eine Testosteron-senkende Hormontherapie den Stoffwechsel beeinflussen:

  • die Muskelmasse nimmt ab
  • der Körperfettanteil nimmt zu
  • der Fettstoffwechsel ist gestört, wodurch sich die Fettwerte erhöhen (erhöhter Wert bei Cholesterin und/oder Triglyceriden)
  • die Blutzuckerwerte steigen
  • eine Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus) entwickelt oder verschlechtert sich

Vorbeugung: Männer mit Diabetes oder einem erhöhten Risiko, an Diabetes zu erkranken, sollten regelmäßig ihre Blutwerte kontrollieren lassen. Nehmen Patienten Testosteron-senkende Medikamente ein, sollten sie sich laut Fachleuten regelmäßig körperlich bewegen. Sport und Bewegung können gegen eine Gewichtszunahme oder den Muskelabbau helfen.



Knochenschwund

Männliche Geschlechtshormone sind auch am Knochenstoffwechsel beteiligt. Senkt die Hormontherapie den Testosteron-Spiegel, wirkt sich das häufig auch auf die Knochendichte aus: Dauert eine Hormontherapie mehr als 6 Monate, besteht das Risiko für Knochenschwund (Osteoporose) und Knochenbrüche.

Vorbeugung: Ein gesunder Lebensstil trägt dazu bei, einer Osteoporose vorzubeugen. Dazu gehören regelmäßige und dem Allgemeinzustand angemessene körperliche Bewegung, ein gesundes Körpergewicht, Rauchverzicht und ein eingeschränkter Alkoholkonsum. Es gibt auch Medikamente, die Betroffene dagegen einnehmen können: Bisphosphonate und Denosumab. Zusätzlich zu den Medikamenten erhalten Patienten Vitamin D und Kalzium.



Blutarmut (Anämie)

Je länger die Hormontherapie dauert, desto höher ist das Risiko für eine Blutarmut (Anämie): Betroffene fühlen sich geschwächt und weniger leistungsfähig. Der Grund dafür ist, dass der Hormonentzug auch die Bildung der roten Blutkörperchen bremst.

Was lässt sich dagegen tun? Eine Blutarmut kann bei Bedarf mit Medikamenten oder mit einer Bluttransfusion behandelt werden.

Noch unklar: Einfluss auf Gedächtnis und Herz-Kreislauf-System

Wichtig zu wissen

Es lässt sich nur schwer feststellen, ob eine Hormontherapie die Ursache für abnehmende Gedächtnisleistungen ist oder das fortgeschrittene Alter eines Mannes – denn überwiegend ältere Männer erkranken an Prostatakrebs.

Der Testosteron-Spiegel beeinflusst das Verhalten und die neurologischen Funktionen im Körper. Ob eine Antihormontherapie die kognitiven Fähigkeiten wie beispielsweise das Erinnerungsvermögen, die sprachlichen Fähigkeiten oder die räumliche Wahrnehmung beeinträchtigt, ist bisher unklar. Die Studien hierzu sind widersprüchlich.

  • Vorbeugende Maßnahmen: Um neurologischen Beschwerden vorzubeugen, empfehlen Fachleute regelmäßiges Gehirntraining. Auch körperliche Aktivität wie etwa Sport kann helfen.

Für die Herzfunktion ist das männliche Geschlechtshormon Testosteron ebenfalls wichtig: Es unterstützt den Blutfluss und die Fähigkeit des Herzens, sich zusammenzuziehen. Es gibt wissenschaftliche Hinweise, dass eine längerfristige Hormontherapie das Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung steigern könnte – vor allem bei älteren Männern mit einem vorgeschädigten Herzen.

  • Vorbeugende Maßnahmen: Fachgesellschaften empfehlen einen gesunden Lebensstil. Patienten sollten dafür Übergewicht vermeiden, auf Rauchen verzichten, sich gesund ernähren und regelmäßig bewegen. Zudem sollten Männer ihren Cholesterin-Spiegel regelmäßig beim Hausarzt oder der Hausärztin kontrollieren lassen.

Nebenwirkungen: Was Betroffene tun können

Eine ausgewogene Ernährung und körperliche Aktivität können im Umgang mit den Nebenwirkungen hilfreich sein. Denn wer körperlich fit ist, ein gesundes Körpergewicht hat und nicht raucht, verkraftet die belastende Hormontherapie in der Regel besser. Ein gesunder Lebensstil verringert außerdem das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung.

Wer ergänzend zur Behandlung auf pflanzliche Medikamente, Naturheilverfahren oder andere wenig belastende Methoden setzen möchte, sollte dies mit seinem behandelnden Ärzteteam besprechen. Die eigentliche Therapie ersetzen können komplementärmedizinische Verfahren nicht.

Wie andere Männer mit der Erkrankung und deren Folgen umgehen, erfahren Betroffene in Selbsthilfe-Gruppen.





Quellen zum Weiterlesen (Auswahl)

Der Krebsinformationsdienst hat zur Erstellung des Textes im Wesentlichen auf die S3-Behandlungsleitlinie deutscher Fachgesellschaften zurückgegriffen. Diese und weitere Quellen sowie nützliche Links sind in der Übersicht zum Thema Prostatakrebs aufgeführt.

Fachartikel (Auswahl)

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Erstellt: 03.05.2022

Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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