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Meningeom – heilbar oder gefährlich?

Tumoren der Hirnhaut werden immer häufiger zufällig entdeckt

Meningeome sind überwiegend gutartige Hirntumoren. Zunehmend werden kleine Tumoren in der Bildgebung zufällig entdeckt. Die Therapieentscheidung kann dann eine Herausforderung für Betroffene und ihre Ärzte sein.

PC-Bildschirm mit MRT-Bildern des Gehirns, im Vordergrund ist eine Person zu sehen, die sich diese Bilder ansieht, im Hintergrund ein MRT-Gerät
Meningeome werden heute oft zufällig entdeckt. © Mart Produktion, Pexels

Meningeome gehören zu den häufigsten gutartigen Hirntumoren. Beschwerden machen Meningeome oft erst, wenn sie eine bestimmte Größe erreicht haben. Nur selten wachsen Meningeome rasch und aggressiv.

Zufällig entdeckte (inzidentelle) kleine Meningeome werden zunehmend diagnostiziert, da bei unspezifischen neurologischen Beschwerden oder beim Staging einer Krebserkrankung immer häufiger eine leistungsstarke MRT-Bildgebung des Kopfes erfolgt.

Patientinnen und Patienten und das betreuende Ärzteteam müssen dann gemeinsam über das weitere Vorgehen beraten. Die Abwägung zwischen "Beobachten" und einer sofortigen Therapie stellt dabei nicht selten eine Herausforderung für alle Beteiligten dar.

Steckbrief Meningeom

Meningeome stammen von Zellen der mittleren weichen Hirnhaut (Spinngewebshaut = Arachnoidea) ab.

  • Pro Jahr erkranken etwa 9 von 100.000 Menschen neu an einem Meningeom (Inzidenz).
  • Die Inzidenz nimmt mit dem Alter zu. Häufig treten Meningeome zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr auf.
  • Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer.
  • Meningeome treten meist im Schädel (intrakraniell) auf, selten aber auch im Bereich der Wirbelsäule (spinal).

Symptome: Machen Meningeome Beschwerden, können diese oft zunächst unspezifisch sein. Typisch sind Kopfschmerzen oder epileptische Anfälle. Weitere neurologische Defizite sind vor allem von der Lage des Meningeoms abhängig.

Diagnostik: Goldstandard für die Diagnostik ist die MRT. Bei eindeutigen Hinweisen auf einen gutartigen Tumor kann auf eine Biopsie verzichtet werden.

Therapie: Standardtherapie eines symptomatischen Meningeoms ist die vollständige operative Entfernung des Tumors samt der mitbetroffenen Strukturen wie Hirnhaut oder Schädelknochen. Alternativ kann man Meningeome auch bestrahlen. Der Nachteil: Eine endgültige histologische Untersuchung ist dann nicht möglich.

Meist gutartig und langfristig heilbar

Die allermeisten Meningeome sind gutartige Tumoren und werden, wenn das Tumorgewebe untersucht wird, histologisch als WHO-Grad-1-Tumoren eingeteilt. Sie wachsen in der Regel sehr langsam, sind scharf begrenzt und sitzen der harten Hirnhaut (Dura mater) breitbasig auf. Sie werden entweder zunächst beobachtet oder aber operiert oder stereotaktisch bestrahlt und haben eine gute Prognose. Die vollständige Entfernung eines gutartigen Meningeoms kommt meist einer Heilung gleich.

Aggressiv wachsende Meningeome wie beispielsweise das atypische Meningeom (WHO-Grad 2) oder das anaplastische Meningeom (WHO-Grad 3) sind selten. Sie machen insgesamt weniger als 10 Prozent aller Meningeome aus. Sie haben ein höheres Risiko, nach Entfernung erneut zu wachsen. Neben einer Operation können dann auch eine adjuvante Strahlentherapie und gegebenenfalls eine Chemotherapie oder zielgerichtete Medikamente infrage kommen.



Risikofaktoren

Ein bekannter Risikofaktor für die Entstehung eines Meningeoms ist eine vorangegangene Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich. Die Tumoren können Jahrzehnte nach einer Bestrahlung auftreten. Auch seltene Krebs-Syndrome wie die Neurofibromatose Typ 2 (NF2) sind mit einem erhöhten Risiko für Meningeome verbunden.

Weibliche Geschlechtshormone wie Progesteron (Gestagen) und Östrogen beeinflussen das Wachstum von Meningeomzellen – darauf deuten sowohl wissenschaftliche Daten aus Laborversuchen als auch Fallberichte hin. Klare Hinweise gibt es beispielsweise zum Zusammenhang von hoch dosiertem Cyproteronacetat (CPA) und der Entstehung von Meningeomen. Für andere hormonelle Kontrazeptiva, beziehungsweise eine Hormonersatztherapie, gibt es bislang keine einheitlichen Studienergebnisse.

Entwarnung für Handy, Smartphone und Co.

Ein erhöhtes Risiko für Hirntumoren wie das Meningeom durch die Nutzung von Mobilfunkgeräten gilt heute als unwahrscheinlich – das legen auch aktuelle Daten einer großen internationalen Kohortenstudie aus Schweden nahe1.

Nachweis inzidenteller Meningeome steigt

Auswertungen der letzten Jahrzehnte zeigen im Vergleich, dass Meningeome zunehmend häufiger zufällig entdeckt werden.

Prävalenz hoch: Experten vermuten, dass asymptomatische Meningeome sehr häufig sind. Sie schätzen, dass 1 bis 3 Prozent der Allgemeinbevölkerung betroffen sind2.

Mögliche Gründe: Immer mehr (ältere) Menschen erhalten heute eine Bildgebung des Gehirns, insbesondere wenn aufgrund einer Krebserkrankung nach Metastasen gesucht wird. Dabei werden zunehmend leistungsstarke bildgebende Verfahren wie die MRT und kontrastmittelverstärkte Untersuchungen durchgeführt, mit denen auch kleine Meningeome, die keine Beschwerden machen, gut nachgewiesen werden können.

Das Dilemma: Betroffene und ihr Ärzteteam müssen dann entscheiden, wie mit dem Zufallsbefund umgegangen werden soll.

Beobachten oder operieren?

Die Datenlage: Bislang gibt es keine aussagekräftigen prospektiven Studien zum Umgang mit inzidentellen Meningeomen. Die vorliegenden Daten zeigen: Zufällig entdeckte asymptomatische Meningeome, die beobachtet werden, wachsen meist weiter. Sie führen im Verlauf aber nur sehr selten zu Beschwerden.

Prognose abschätzen: International werden aktuell verschiedene Risikoscores untersucht, um den Verlauf inzidenteller Meningeome künftig besser abschätzen zu können. Ein Beispiel ist das Berechnungstool IMPACT (Incidental Meningeoma: Prognostic Analysis Using Patient Comorbidity and MRI Tests). Neben Größe, Wachstumsgeschwindigkeit und MRT-Veränderungen des Tumors sind auch Patientenalter und Begleiterkrankungen wichtige Parameter.

Individuelle Abwägung notwendig: Das Vorgehen bei gutartigen Meningeomen muss immer die Vorteile einer Behandlung gegen die möglichen Einschränkungen, die das Therapieverfahren mit sich bringt, für den Einzelnen abwägen.

  • Eine Beobachtung (watch and wait) kommt vor allem bei kleinen Meningeomen infrage, wenn sie keine Beschwerden machen und keine Nachbarstrukturen gefährden.
  • Eine Operation sollte stets angestrebt werden, wenn das Meningeom Beschwerden macht, rasch größer wird oder darüber hinaus in der Bildgebung Hinweise für ein aggressives Tumorwachstum vorliegen.
  • Strahlentherapie: Je nach Größe und Lage kann alternativ auch eine stereotaktische Strahlentherapie beziehungsweise eine Radiochirurgie (SRS) erfolgen.

Fazit für die Praxis

Ist eine Entscheidung bezüglich des weiteren Vorgehens getroffen, bleiben dennoch oftmals Fragen offen.

Wird zunächst beobachtet, ist zu bedenken: Wie häufig sollen Kontrollen erfolgen? Wann wird doch eine Therapie notwendig? Wie kann der Betroffene mit dem Wissen um den verbliebenen Tumor im Kopf zurechtkommen?

Auch nach einer Entfernung eines Meningeoms können sich viele Fragen auftun, so beispielsweise zu postoperativen Nebenwirkungen, aber auch zur Fahrerlaubnis oder dem Wiedereinstieg in den Beruf.

Wichtige Eckpunkte bei der Betreuung von Menschen mit einem inzidentellen Meningeom:

  • Betroffene sollten initial bei einem in der Behandlung von Hirntumoren erfahrenen Team vorstellig werden.
  • International wird ein konservatives Vorgehen bei kleinen Tumoren in unkritischer Lage bevorzugt.
  • Erste Verlaufskontrollen sind nach Expertenmeinung eher engmaschig zu planen (nach 6 bis 12 Monaten). Weitere Termine werden dann individuell vereinbart.
  • In der hausärztlichen Begleitung spielen neben rein medizinischen Fragen auch psychosoziale Themen eine wichtige Rolle. Für letztere können beispielsweise auch Krebsberatungsstellen Ansprechpartner sein.


krebsinformationsdienst.med: Service für Fachkreise



Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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