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Neues zum diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom

Therapieoptionen erweitert

Die neue S3-Leitlinie zum diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom (DLBCL) ermöglicht, Menschen mit diesem aggressiven Lymphom evidenzbasiert zu versorgen. Wir stellen Ihnen daraus 3 neue spannende Therapieempfehlungen vor.

Eine Ärztin tastet die Lymphknoten eines Patienten ab.
Das DLBCL ist der häufigste bösartige Tumor des lymphatischen Systems. © Alexander Raths, Shutterstock

Das diffuse großzellige B-Zell-Lymphom (DLBCL) ist der häufigste bösartige Tumor des lymphatischen Systems. Betroffen sind in Deutschland jährlich etwa 7 von 100.000 Einwohnern. Mit den heutigen Behandlungsoptionen können 2 von 3 Erkrankten geheilt werden.

Evidenzbasierte S3-Leitlinie zum DLBCL erschienen

Ende Oktober 2022 wurde die S3-Leitlinie "Diagnostik, Therapie und Nachsorge für erwachsene Patient*innen mit einem diffusen großzelligen B-Zell-Lymphom und verwandten Entitäten" veröffentlicht. Damit liegt erstmals eine deutschsprachige evidenzbasierte Leitlinie für diese aggressiven Lymphome vor.

Die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) hat die Erstellung der Leitlinie koordiniert. 32 weitere Fachgesellschaften und Organisationen haben bei der Umsetzung mitgearbeitet.

Für Ihre Patientinnen und Patienten: Eine für Laien verständlich formulierte Patientenleitlinie wird aktuell erstellt.

Neu in der Erstlinie: Pola-R-CHP

Pola-Vedotin

Die Antikörper-Wirkstoff-Verbindung (Antibody Drug Conjugate: ADC) Polatuzumab-Vedotin (Polivy®) bindet zunächst an das B-Zell-Oberflächenantigen CD79B. Das Konjugat wird von der Zielzelle aufgenommen. Dort setzt es das Spindelgift MonoMethyl Auristatin E (MMAE) frei.

R-CHOP ist seit vielen Jahren Standard in der Erstbehandlung eines DLBCL: Der CD20-Antikörper Rituximab wird hier mit einer Chemotherapie aus Cyclophosphamid, Hydroxy-Daunorubicin, Vincristin (Oncovin®) und Prednisolon kombiniert. Für jüngere Betroffene mit erhöhtem Rückfallrisiko kann unter anderem zusätzliches Etoposid (R-CHOEP) eine Option sein.

Unabhängig vom Alter gibt es für Patientinnen und Patienten mit einem erhöhten Rückfallrisiko nun eine weitere Therapiealternative: Bei Pola-R-CHP wird anstelle von Vincristin das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat Polatuzumab-Vedotin eingesetzt. In der Zulassungsstudie1 schritt die Erkrankung hierunter langsamer fort als unter R-CHOP. Ob die Kombination auch das Gesamtüberleben verbessern kann und welche Patientengruppe davon besonders profitiert, bleibt jedoch abzuwarten.

Neu in der Zweitlinie: CAR-T-Zellen

Zulassung von CARs

In Europa sind aktuell 3 CAR-T-Zell-Produkte für die Drittlinien-Therapie des DLBCL zugelassen.
In der Zweitlinie liegen inzwischen positive Phase-III-Studiendaten für Axicabtagene Ciloleucel (Yescarta®)2 und Lisocabtagen Maraleucel (Breyanzi®)3 vor. Dies führte in Europa im Oktober 2022 zur Zulassungserweiterung von Axicabtagene.

Standardtherapie im Rezidiv war bislang – wenn möglich – eine platinbasierte Induktionstherapie, gefolgt von einer Hochdosistherapie mit autologer Stammzelltransplantation.

Auf der Basis aktueller randomisierter Studien2,3 gilt eine gegen CD19 gerichtete CAR-T-Zelltherapie jetzt als bevorzugte neue Therapieoption für Erkrankte mit einem frühen Rezidiv eines DLBCL. Als früh gilt ein Rezidiv, wenn es innerhalb eines Jahres nach Ende der Primärtherapie auftritt.

Ohne Chemotherapie im Rezidiv: Tafasitamab + Lenalidomid

Tafasitamab

Der Antikörper Tafasitamab (Minjuvi®) richtet sich gegen das B-Zell-Oberflächenantigen CD19. Tafasitamab soll durch Veränderungen am Fc-Bindungsteil zu einer besonders effektiven zellvermittelten Zytotoxizität und antikörperabhängigen zellulären Phagozytose führen.

Patientinnen und Patienten, die bei einem Rückfall keine Hochdosischemotherapie erhalten können, kann jetzt mit dem CD19-Antikörper Tafasitamab und Lenalidomid auch eine chemotherapiefreie und ambulant durchführbare Therapie angeboten werden. Basis für diese Empfehlung sind Ergebnisse der L-MIND-Studie4.

S3-Leitlinie gibt Forschungsfragen vor

Die Autoren der neuen S3-Leitlinie zum DLBCL haben Themenbereiche benannt, die bei der Diagnostik und Behandlung dieses aggressiven Lymphoms noch einen hohen Forschungsbedarf haben. Punkte sind hier unter anderem:

  • Verbesserung der Fertilitätsprotektion
  • Vorbeugung und Behandlung eines ZNS-Befalls
  • geriatrisches Ko-Management
  • neue PET-Parameter bei der Verlaufsbeurteilung

Der Fortschritt geht weiter

Bei der Behandlung des DLBCL gibt es fortlaufend neue Entwicklungen. Im Januar 2023 wurde beispielsweise mit Loncastuximab-Tesirin (Zynlonta®) in Europa eine weitere Antikörper-Wirkstoff-Verbindung für die Drittlinien-Therapie des DLBCL zugelassen. Empfehlungen dazu sind in der S3-Leitlinie von Oktober 2022 noch nicht formuliert.



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