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Der Krebsinformationsdienst nimmt Abschied von seiner Gründerin

Wir trauern um Hilke Stamatiadis-Smidt, die am 13. August 2023 mit 84 Jahren verstorben ist. Sie war Ideengeberin und treibende Kraft hinter der Gründung des Krebsinformationsdienstes im Deutschen Krebsforschungszentrum.

Lächelndes Portrait von Hilke Stamatiadis-Smidt
Hilke Stamatiadis-Smidt hat maßgeblich zur Gründung des Krebsinformationsdienstes beigetragen. Foto: Friederike Hentschel © DKFZ

Früh erfuhr und erkannte Hilke Stamatiadis-Smidt den großen, unerfüllten Bedarf an Informationen zu Krebs bei Betroffenen. Seit sie 1976 als Leiterin der Stabsstelle für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit ans DKFZ kam, landeten in großer Zahl Anfragen von Krebsbetroffenen auf ihrem Tisch, die aus dem Zentrum heraus kaum zu beantworten waren.

Eine Idee wurde geboren

Der entscheidende Anstoß für die Idee der Gründung eines Krebsinformationsdienstes kam beim Besuch des Weltkrebskongresses in Seattle 1982, wo der damals schon mehrere Jahre erfolgreich arbeitende telefonische Cancer Information Service des National Cancer Institute der USA vorgestellt wurde – eine solche Einrichtung brauchte Deutschland auch.

Hilke Stamatiadis-Smidt mit Prof. Almuth Sellschopp vor einer KID-Jubiläumstorte im Jahr 1996
Hilke Stamatiadis-Smidt (rechts) mit ihrer Mitstreiterin Prof. Almuth Sellschopp (links) beim 10-jährigen KID-Jubiläum 1996. Archivfoto © DKFZ

Hilke Stamatiadis-Smidt konnte den damaligen wissenschaftlichen Vorstand des DKFZ Harald zu Hausen von dieser Idee überzeugen. Eine Mitstreiterin fand sie in der Psychoonkologin Almuth Sellschopp, die die Psychosoziale Nachsorgeeinrichtung der Chirurgischen Universitätsklinik Heidelberg leitete.

Der Antrag auf Modellförderung beim Bundesministerium für Gesundheit (BMG) fiel im Kontext des 1979 gestarteten "Gesamtprogramms zur Krebsbekämpfung" der Bundesregierung auf fruchtbaren Boden und wurde bewilligt. Die zuständige Referatsleiterin im BMG, Gabriele Hundsdörfer, war ebenfalls für die Idee gewonnen.

Der Krebsinformationsdienst geht an den Start

Nach über einem Jahr vorbereitender Arbeiten mit einem kleinen Team ging der Krebsinformationsdienst im Mai 1986 an den Start. "Der Krebsinformationsdienst war damals das erste Angebot für individuelle, wissenschaftlich fundierte Informationen zu Krebs in Deutschland", so die heutige Leiterin Susanne Weg-Remers. Die Resonanz in der Bevölkerung war umgehend und überwältigend: Eine Flut von Anfragen bestätigte den großen Bedarf – der "Proof of Concept" war erbracht.

Hilke Stamatiadis-Smidt zusammen mit dem damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer und Harald zu Hausen bei der Besichtigung des Telefondienst-Raumes im Jahr 1993
Hilke Stamatiadis-Smidt (mitte) zusammen mit dem damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer (links) und Harald zu Hausen (rechts) bei der Besichtigung des Telefondienst-Raumes im Jahr 1993. Archivfoto © DKFZ

In ihrer doppelten Rolle als Pressechefin und Leiterin des KID nutzte Hilke Stamatiadis-Smidt ihre Kontakte zu den Medien für die Bekanntmachung des Dienstes. Der Krebsinformationsdienst wurde in der Folge mit begrenztem und jährlich neu zu beantragendem Budget weiter aufgebaut. Qualität und wissenschaftliche Fundierung der Informationen verbunden mit Empathie in der Vermittlung waren stets die Leitgedanken der Arbeit.

Die Früchte der Arbeit

Bald bemühte sich Hilke Stamatiadis-Smidt um die Vernetzung des Dienstes mit anderen Krebsinformationsdiensten, zunächst auf europäischer Ebene, dann darüber hinaus. Aus dieser Initiative erwuchs die International Cancer Information Group (ICISG), die heute über 70 Mitglieder in der ganzen Welt zählt. Als reiner Telefondienst an den Start gegangen, kamen 1999 die Internetseite www.krebsinformationsdienst.de und 2001 ein E-Mail-Service für die Beantwortung individueller Anfragen hinzu.

Ende 2002 schied Hilke Stamatiadis aus dem aktiven Dienst aus. Sie hinterließ den Krebsinformationsdienst gut organisiert und gefestigt – Existenz und Sinnhaftigkeit dieses Angebots wurden längst nicht mehr in Frage gestellt. In den folgenden 20 Jahren hat sich der Krebsinformationsdienst stetig weiterentwickelt, seine Angebote in Inhalt und Form an die sich wandelnden Anforderungen und die zunehmend digital geprägte Informationslandschaft angepasst.

Ein wichtiger Schritt war die Übernahme in die institutionelle Förderung des DKFZ im Jahr 2009, die mit besserer finanzieller Ausstattung eine langfristige Perspektive, ein Anwachsen des Teams und die Entwicklung neuer Angebote ermöglichte.

Bei allen Veränderungen sind die Idee und die Motivation, die zur Gründung des KID führten, die gleichen geblieben: Allen Bürgern, insbesondere Patientinnen und Patienten, einen einfachen, niederschwelligen Zugang zu individuell relevanten, verständlichen und evidenzbasierten Informationen rund um das Thema Krebs und Krebsbehandlung zu ermöglichen - als wesentlicher Schritt zu mehr Autonomie und Beteiligung.

Hilke Stamatiadis-Smidt hat einen großen, nicht genug zu würdigenden Beitrag zur Entwicklung der Krebsinformation und der Gesundheitsinformation insgesamt in Deutschland geleistet. Dafür wurde sie 1996 mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Der Krebsinformationsdienst nimmt Abschied

"Wir sind Hilke Stamatiadis-Smidt unendlich dankbar, dass sie vor fast 40 Jahren mit Vision und Überzeugungskraft den Krebsinformationsdienst gegründet hat und ihn auf den Weg zu einem dauerhaften, unabhängigen Informationsangebot führen konnte", sagt Susanne Weg-Remers, stellvertretend für das gesamte Team des Dienstes.

Unvergessen bleiben auch ihr Engagement für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ihr Einsatz für persönliche Belange ihrer Mitmenschen und ihr Geschick, Netzwerke zu schaffen. Wir werden Hilke Stamatiadis-Smidt als besondere, zutiefst humanistisch geprägte Persönlichkeit in ehrender und herzlicher Erinnerung behalten. Sie war ein Vorbild in vielerlei Hinsicht.





Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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