Archiv

Diagnose Krebs: Was muss ich für die Behandlungswahl wissen?

Nach der Diagnose "Krebs" müssen sich Betroffene für eine Therapie entscheiden. Doch was tun, wenn es mehrere unterschiedliche Vorschläge gibt, oder die ärztlichen Empfehlungen sogar voneinander abweichen?

Grafische Darstellung einer Waage: auf der rechten Waagschale liegen Faktoren, die eine Therapiewahl eines Krebserkrankten beeinflussen können, etwa persönliche Lebensumstände oder Bedürfnisse. Auf der linken Waagschale stehen Faktoren, die eine Ärztin oder ein Arzt beisteuern kann: zum Beispiel Fachwissen oder die eigene Erfahrung.
Krebserkankte haben oft die Wahl zwischen verschiedenen Therapien. Gemeinsam mit der Ärztin oder dem Arzt können sie Vor- und Nachteile abwägen und sich gemeinsam für eine Behandlung entscheiden. © Krebsinformationsdienst, DKFZ, erstellt mit BioRender.com

Viele Krebserkrankte stellen sich bald nach der Diagnose die Frage: Was ist die beste Behandlung für mich? Besonders wichtig ist es für Betroffene, möglichst viele Informationen von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt zu bekommen und sich von ihnen beraten zu lassen. Auch nachzufragen, worauf diese Empfehlungen beruhen, kann helfen sich für eine Therapie zu entscheiden.

Therapie bei Krebs: Welche ist die "Richtige"?

Zum Weiterlesen

Wie sicher Empfehlungen aus Leitlinien sind und wie sie sich von Richtlinien unterscheiden, erfahren Sie unter Evidenzbasierte Medizin und Leitlinien.

Wenn eine Ärztin oder ein Arzt eine Krebstherapie empfiehlt, beruht das nach Möglichkeit auf sogenannten medizinischen Leitlinien. Die dort aufgeführten Untersuchungs- und Behandlungsmethoden sind evidenzbasiert. Das bedeutet: Sie sind bereits wissenschaftlich erprobt und gelten für ein bestimmtes Krankheitsbild aus Sicht von Fachleuten als bester Standard.

Für viele Krebserkrankungen gibt es mittlerweile solche Leitlinien. Sie geben aber nur einen Entscheidungsrahmen vor. Manchmal müssen die behandelnden Ärztinnen und Ärzte individuell entscheiden, ob das empfohlene Vorgehen tatsächlich bei der Erkrankungssituation der Betroffenen sinnvoll ist oder nicht.

Individuelle Therapie: Neben den Tumoreigenschaften und der Krankheitsausbreitung spielen auch das Alter, der allgemeine Gesundheitszustand und eventuell vorhandene Begleiterkrankungen eine Rolle. Außerdem kann jede Patientin und jeder Patienten Wünsche äußern, die bei der Behandlungswahl zu berücksichtigen sind.

Wenn Ärzte unterschiedliche Meinungen haben

Wichtig

Zwei unterschiedliche ärztliche Empfehlungen bedeuten nicht automatisch, dass eine der beiden falsch ist. Fragen Sie nach, wenn Sie verunsichert sind.

Es kann verschiedene Gründe haben, warum Ärztinnen und Ärzte sich bei ihrer Therapieempfehlung widersprechen.

Mögliche Gründe für unterschiedliche Empfehlungen:

  • Es gibt mittlerweile neue Untersuchungsergebnisse (Befunde).
  • Nicht alle Beteiligten verfügen über alle notwendigen Informationen.
  • Beide Therapievorschläge sind gleichwertig, was den Behandlungserfolg betrifft.
  • Ärztinnen und Ärzte schätzen Risiken oder Nebenwirkung unterschiedlich ein, weil es keine Studiendaten oder Informationen in den Leitlinien dazu gibt: Sie setzen dann auf ihre persönlichen Erfahrungen oder den kollegialen Austausch im Tumorboard.
  • Bei einer fortgeschrittenen Krebserkrankung richten sich Ärzte nicht nur nach den Befunden und dem Vorgehen in der Leitlinie, sondern auch nach bisherigen Erfahrungen mit anderen Patienten.

Wenn Krebserkrankte unterschiedliche ärztliche Meinungen hören, kann sie das zunächst verunsichern. Bevor Betroffene aber weitere Meinungen einholen, sollten sie noch einmal das Gespräch mit den beteiligten Ärztinnen und Ärzten suchen: Dabei können sie direkt nachfragen, worauf die jeweilige Empfehlung beruht. Zudem können sich die Fachleute auch untereinander austauschen und ihre Standpunkte besprechen.



Was ist mir wichtig?

Wichtige Fragen, die sich Krebserkrankte stellen sollten, bevor sie sich für eine Therapie entscheiden:

  • Bin ich ausreichend informiert?
  • Möchte ich die Entscheidung treffen oder überlasse ich sie der Ärztin oder dem Arzt?
  • Übernimmt die Krankenkasse die Kosten?
  • Welche weiteren Kriterien beeinflussen meine Entscheidung?

Jeder muss für sich persönlich entscheiden, ob es Kriterien gibt, die eine Entscheidung für oder gegen eine Behandlung beeinflussen: Für manche ist es beispielsweise wichtig, wie lange der Anfahrtsweg ist, wie lange eine Therapie dauert oder welche Risiken, Nebenwirkungen und Langzeitfolgen es gibt. Für andere Betroffenen ist es zudem wichtig, ob Angehörige vor Ort untergebracht werden können oder ob eine ambulante Therapie möglich ist. Vor dem Arztgespräch sollten Krebserkrankte diese Kriterien gewichten. Dabei können auch Angehörige helfen.



Angst vor falschen oder vorschnellen Entscheidungen zu haben ist verständlich. Doch was tun, wenn diese Angst eine Entscheidung verhindert?

  • Dann kann eine psychosoziale Beratung helfen: In den meisten größeren Städten und regionalen Zentren gibt es psychosoziale Krebsberatungsstellen.
  • Anderen Patienten hilft es , mit Menschen zu sprechen, die Ähnliches erlebt haben: Über Selbsthilfegruppen lässt sich ein solcher Kontakt herstellen.

Therapiewahl: Gemeinsam entscheiden?

Krebserkrankte haben das Recht, von ihrer Ärztin oder ihrem Arzt über alle Behandlungsmöglichkeiten umfassend informiert zu werden. Zudem muss eine Krebspatientin oder ein Krebspatient jeder Behandlung oder Untersuchung zustimmen. Es gibt aber auch das Recht auf Nichtwissen und Nichtentscheiden: Wenn man nicht alle Details über die Erkrankung wissen möchte oder sich nicht in der Lage fühlt, kann man manche Entscheidungen auch der Ärztin oder dem Arzt überlassen.

Studien belegen: Viele Krebspatienten möchten aktiv mitentscheiden. Seit einigen Jahren gibt es daher das Konzept der "partizipativen" oder auch "gemeinsamen Entscheidungsfindung". Es bedeutet, dass Betroffene zusammen mit ihrer Ärztin oder ihrem Arzt entscheiden, welche Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden sinnvoll sind.

Wichtig zu wissen

Sie müssen sich nicht sofort für eine Krebstherapie entscheiden. Wenn Sie das möchten, haben Sie auch eine Bedenkzeit.

Gemeinsam entscheiden – wie geht das? Im Vorfeld erläutern und diskutieren Fachleute die Vor- und Nachteile der einzelnen Behandlungsmöglichkeiten. Betroffene äußern ihre Erwartungen und wie sie persönliche Nutzen und Risiken bewerten. Diese werden dann bei der gemeinsamen Entscheidungsfindung berücksichtigt – Fachleuten bezeichnen das auch mit dem englischen Fachausdruck "shared decision making".

Wichtigste Voraussetzung dafür: Die Krebspatienten und -patientinnen verfügen über verständliche und umfassende Informationen zu den für Ihre Situation in Frage kommenden Behandlungsmöglichkeiten.





Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

powered by webEdition CMS