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Das Krebsmedikament 5-FU auf dem Prüfstand

Die Arzneimittelbehörde EMA prüft die Sicherheit von Fluorouracil und verwandten Zytostatika

Besteht bei 5-Flourouracil – auch bekannt als 5-FU – die Gefahr lebensbedrohlicher Überdosierungen? Kann ein genetischer Test vor Behandlungsbeginn weiterhelfen? Diesen Fragen geht die europäische Arzneimittelbehörde EMA in einem sogenannten Risikobewertungsverfahren nach.

Hier lesen Sie, was das bedeutet und warum das Verfahren eingeleitet wurde.

5-FU: Warum besteht das Risiko einer Überdosierung?

Bei der Standard-Chemotherapie erhält man die Medikamente als Infusion über einen Tropf. ©  Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum
5-FU ist ein Krebsmedikament, dass über eine Infusion verabreicht wird © Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum

5-Flourouracil (5-FU) ist ein Krebsmedikament und wird als Infusion eingesetzt, etwa bei der Chemotherapie zur Behandlung von Darmkrebs oder Magenkrebs. Die Substanz gehört zur Gruppe der Antimetaboliten. Chemisch verwandt sind beispielsweise Capecitabin und Tegafur. Sie werden als Tabletten eingenommen und im Körper zu 5-FU umgewandelt. Capecitabin wird zum Beispiel neben der Behandlung von Darmkrebs auch bei Brustkrebs eingesetzt.

Für den Abbau ist ein Enzym notwendig: Bevor diese Medikamente vom Körper ausgeschieden werden können, müssen sie abgebaut werden. Hierfür ist ein körpereigener Stoff notwendig, ein sogenanntes Enzym. Das Enzym, das 5-FU abbaut, heißt "Dihydropyrimidin-Dehydrogenase" (DPD).

Genetische Unterschiede: Wie DPD gebildet wird, ist in der Erbsubstanz der Zelle (DNA) verankert. Bei manchen Menschen gibt es Abweichungen in dem entsprechenden DNA-Abschnitt – eine "genetische Mutation". Das Enzym DPD, das diese Menschen bilden, ist nur eingeschränkt oder gar nicht funktionsfähig. Die Folge: 5-FU und verwandte Substanzen können nicht abgebaut werden – es besteht eine Gefahr für lebensbedrohliche Vergiftungen. Experten schätzen, dass etwa 2 von 1.000 Menschen das Enzym DPD überhaupt nicht bilden, bei ihnen also ein vollständiger DPD-Mangel vorliegt.

Genetischer Test: Es gibt einen Gentest, mit dem Ärzte untersuchen können, ob bei einer Patientin oder einem Patienten ein solcher genetischer DPD-Mangel vorliegt. Zeigt dieser Test einen vollständigen DPD-Mangel, empfehlen Experten ein alternatives Krebsmedikament zu wählen. Ärzten ist bislang nicht grundsätzlich vorgeschrieben, diesen Test einzusetzen, bevor sie eine Behandlung mit 5-FU beginnen. Allerdings gibt es schon seit längerem Empfehlungen dazu, etwa von Herstellern in den Fachinformationen der Substanzen, der aktuellen Behandlungsleitlinie zu Darmkrebs oder verschiedenen Expertengruppen.

Risikobewertungsverfahren: Was bedeutet das?

Auf Antrag der französischen Arzneimittelbehörde, untersucht der Risikoausschuss der Europäischen Arzneimittebehörde EMA nun, mit welchen Testverfahren man am besten gefährdete Menschen erkennen kann. Außerdem soll geklärt werden, ob dieser Test künftig verpflichtend vor einer Behandlung mit 5-FU und verwandten Wirkstoffen durchgeführt werden muss – im Sinne eines Screenings.

Empfehlungen für Patienten: Wie erkennen Patientinnen und Patienten, ob sie von einem DPD-Mangel betroffen sind? Haben sie bislang ihre Behandlung mit 5-FU oder ähnlichen Medikamenten vergleichsweise gut vertragen, müssen sie sich eher keine Sorgen machen. Eine DPD-Mangel äußert sich mit schweren Nebenwirkungen, etwa starken Durchfall oder ausgeprägten Hautreaktionen mit Blasenbildung.

Fachleute der Arzneimittelbehörden empfehlen Betroffenen, sich bei Sorgen und Fragen an ihre Ärztin oder ihren Arzt zu wenden. Sie raten davon ab, die Medikamente eigenmächtig und ohne ärztliche Rücksprache einfach absetzen.





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