Bereits 2015 machte die "Opaschildkröte" Pappochelys Schlagzeilen: Der Fund der ältesten urzeitlichen Schildkröte gab Aufschluss über die frühe Evolution der Schildkröten und die Entwicklung des Panzers. Dieses Jahr entdeckten Wissenschaftler nun bei genau demselben Exemplar eine Krebserkrankung am Knochen. Der prähistorische Fund wirft die Frage auf: Wie "alt" ist Krebs?
Knochenkrebs in fossiler Schildkröte entdeckt

240 Millionen Jahre: So alt ist das Fossil einer Schildkröte der Art Pappochelys rosinae. Der älteste bekannte Vorfahre der Schildkröten hatte zwar noch keinen Panzer, dafür anscheinend aber Krebs – Knochenkrebs um genau zu sein. Ein rätselhafter Auswuchs am Oberschenkelknochen der Urschildkröte erwies sich nach genauerer Betrachtung als periostales Osteosarkom: einer bösartigen Krebserkrankung, die es auch heute noch beim Menschen gibt.
Wie wurde der Tumor nachgewiesen? Wissenschaftler untersuchten die auffällige Verformung mithilfe einer sogenannten mikro-Computertomographie. Das bildgebende Verfahren durchleuchtete den Knochen Schicht für Schicht mit Röntgenstrahlen bis eine dreidimensionale Struktur sichtbar wurde. Durch die Aufnahmen konnten Forscher die innere Struktur des Knochens begutachten und dadurch letztlich den Krebs diagnostizieren.
Ein bedeutender Fund
Krebsvorkommen in Fossilien sind außergewöhnlich selten. Denn Tumoren in Weichteilen der Fossilien können meist nicht nachgewiesen werden, da das entsprechende Gewebe über die Jahrmillionen nicht erhalten bleibt. Zum Nachweis krebsartiger Veränderungen sind also Hartgewebe wie Knochen notwendig.
Zudem handelt es sich bei der Entdeckung um einen der frühesten Fälle von Krebs in Fossilien – ja sogar um das älteste bekannte Auftreten aus der Tiergruppe der Amnioten, zu der Reptilien, Vögel und Säugetiere gehören.
Krebs bereits zu Urzeiten
Die Tumorerkrankung der Ur-Schildkröte belegt, dass sich Krebs nicht auf den modernen Menschen beschränkt. Dies wurde zwar bereits durch Knochenfunde bei Vor- und Frühmenschen deutlich, der urzeitliche Tumorfund zeigt nun aber: Der Ursprung von Krebs ist vielmehr tief in der evolutionären Geschichte der Wirbeltiere verwurzelt – weit vor der Entwicklung des Menschen. Doch wie weit?
Wann genau Krebs in der Erdgeschichte zum allerersten Mal überhaupt auftrat, lässt sich nicht zweifelsfrei klären. Dank Pappochelys rosinae ist nun aber belegt, dass es die Erkrankung mindestens seit dem Erdmittelalter gibt.
Und auch wenn der Ursprung von Krebs unbekannt bleibt, zumindest die Ursachen sind klar: Bei Krebs teilen sich körpereigene Zellen unkontrolliert. Und so verschieden einzelne Krebsarten auch sein können, die Erkrankungen haben dabei in aller Regel eine Gemeinsamkeit: Sie basieren auf genetischen Veränderungen, die für die ungehemmte Zellteilung verantwortlich sind. Experten sind sich einig: Krebs ist – und war zu jeder Zeit – eine "Krankheit der Gene".
Zum Weiterlesen für Interessierte und Fachkreise
Die Pressemitteilung des Museums für Naturkunde Berlin lesen Sie unter www.museumfuernaturkunde.berlin/de/pressemitteilungen/knochenkrebs-der-aeltesten-fossilen-schildkroete-entdeckt.
Auf die wissenschaftliche Originalpublikation bei JAMA Oncology haben Sie unter folgendem Link Zugriff: https://jamanetwork.com/journals/jamaoncology/fullarticle/2723578.
Wie aus gesunden Zellen Tumorzellen werden lesen Sie unserem Internettext "Wie entsteht Krebs?".
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