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"Du kannst das Risiko ignorieren. Deine Lunge nicht."

Am 31. Mai ist Welt-Nichtraucher-Tag

"Du kannst das Risiko ignorieren. Deine Lunge nicht." – unter diesem Motto macht die Tabakkontrolle des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zusammen mit dem AKTIONSBÜNDNIS NICHTRAUCHEN (ABNR) und der Deutschen Krebshilfe auf die gesundheitlichen Schäden des Konsums von Tabak- und neuartigen Nikotinprodukten aufmerksam.

85 Prozent aller Lungenkrebstodesfälle durch Rauchen

Plakat zum Weltnichtrauchertag 2019 © dkfz.de
© Deutsche Krebshilfe

Rauchen erhöht das Risiko für unterschiedliche Krankheiten, zum Beispiel Lungenkrebs: In Deutschland werden 85 Prozent aller Lungenkrebstodesfälle durch Rauchen verursacht. Die Wahrscheinlichkeit, an Lungenkrebs zu erkranken, verringert sich nach einem Rauchstopp drastisch: Zehn Jahre nach der letzten Zigarette ist das Risiko laut WHO nur noch halb so hoch wie das eines Rauchers.

Aber auch andere Erkrankungen der Lunge sind Folgen des Tabakkonsums: Schätzungsweise 40 bis 50 Prozent der lebenslangen Raucher entwickeln eine chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD). Außerdem besteht ein deutlich erhöhtes Risiko für Asthma, Tuberkulose, Lungenentzündung, Bronchitis oder eine krankhafte Aufblähung der Lunge (Emphysem).

In der Schwangerschaft zu rauchen, kann zudem das Ungeborene schädigen: Das Risiko für Infektionen der unteren Atemwege, pfeifenden Atem und Asthma ist erhöht und die Lungenfunktion des Kindes kann nachhaltig beeinträchtigt werden. Rund einer von zehn Todesfällen von Neugeborenen infolge von Störungen der Atmung werden dem Rauchen der Mutter während oder nach der Schwangerschaft zugeschrieben.

Interview mit Dr. Ute Mons, Leiterin des WHO-Kollaborationszentrums zur Tabakkontrolle am DKFZ

Dr. Ute Mons © dkfz.de
Dr. Ute Mons © dkfz.de

Frau Dr. Mons, der Weltnichtrauchertag macht jedes Jahr auf die Gefahren des Tabakkonsums aufmerksam. Wie wichtig ist die Aktion für die öffentliche Wahrnehmung?

Dr. Ute Mons: Der Weltnichtrauchertag ist schon vor über 30 Jahren von der WHO ins Leben gerufen worden. In Deutschland hat es sich das Aktionsbündnis Nichtrauchen zur Aufgabe gemacht, das in Deutschland zu nutzen. Es ist immer eine tolle Gelegenheit, um auf relevante Themen zu Tabak aufmerksam zu machen.

Vor drei Jahren hatten wir beispielsweise das Thema Umweltbelastung durch Kippen. Das ist ein Thema, das sonst eher weniger in die Öffentlichkeit kommt und dadurch Aufmerksamkeit bekommen hat. Aber es ist natürlich auch immer eine Möglichkeit, wieder darauf hinzuweisen, welchen Nutzen es hat, mit dem Rauchen aufzuhören. Insofern ist der Weltnichtrauchertag für uns natürlich immer von großem Interesse.

In diesem Jahr steht der Tag unter dem Motto: "Du kannst das Risiko ignorieren. Deine Lunge nicht. Sag nein zum Rauchen und Dampfen!" Welche Auswirkungen haben Rauchen und Dampfen auf die Lunge?

Mons: Welche Auswirkungen das Dampfen mit einer E-Zigarette auf die Lunge hat, wissen wir noch gar nicht so genau. Das können wir nur vermuten, da es bislang leider nur wenige Langzeitstudien zu den Auswirkungen von E-Zigaretten gibt. Was wir wissen, ist, dass Schadstoffe enthalten sind. Wir können also davon ausgehen, dass es nicht gut ist für die Lunge.

Beim Rauchen wissen wir hingegen ziemlich genau, was der Tabakrauch macht: Er besteht aus Tausenden von Substanzen, die überwiegend beim Verbrennen der Zigarette entstehen. Das sind mindestens 250 toxische Substanzen und mehr also 90 bekannte krebserzeugende Substanzen, die eine Menge Schaden anrichten.

Tabakrauch besteht aus winzig kleinen Partikeln, die tief in die Lunge eindringen können. Die Schadstoffe lagern sich dann dort ab. Das heißt, auf längere Zeit wissen wir, dass chronische Atemwegserkrankungen entstehen können. Das fängt mit Asthma an, geht weiter bis hin zur chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung, der COPD, die fortschreitend ist und meistens am Ende zu einem qualvollen Tod führt. Dann natürlich Lungenkrebs, der jedes Jahr zu einer erheblichen Zahl von Todesfällen in Deutschland führt.

Kinder werden häufig ungeschützt Tabakrauch ausgesetzt. Warum ist dies besonders problematisch?

Mons: Passivrauchen bei Kindern ist insofern problematisch, weil sich bei Kindern die Lunge noch entwickelt. Das heißt, sie sind anfälliger für Atemwegserkrankungen. Passivrauchen bei Kindern kann Asthma und eine höhere Infektanfälligkeit zur Folge haben, zum Beispiel für Mittelohrentzündungen. Deswegen sollte in Anwesenheit von Kindern grundsätzlich nicht geraucht werden.

Aktuell wird auch das Rauchverbot in Autos diskutiert, wenn Kinder anwesend sind. Autos sind nochmal ein spezieller Problembereich, weil sie so klein sind. Dann kann eine Zigarette ausreichen, um eine Konzentration von Tabakrauch zu haben, die einer verrauchten Kneipe entspricht. Glücklicherweise hat sich in der Bevölkerung in den letzten zehn Jahren bei der Risikowahrnehmung viel verändert. Viele versuchen es zu vermeiden, Andere und vor allem Kinder mit ihrem Rauchen zu belasten. Aber es gibt natürlich auch immer noch Menschen, die da beratungsresistent sind.

Derzeit wird in Deutschland über ein umfassendes Verbot von Tabakwerbung diskutiert. Was versprechen Sie sich von einem Tabakwerbeverbot?

Mons: Da sind wir nun schon ein paar Jahre dran: Es gab schon in der letzten Legislaturperiode einen Gesetzentwurf, in dem Tabakwerbung in Kinos und vor allem die Tabakaußenwerbung verboten werden sollte. Deutschland ist ja das einzige Land in der EU, das immer noch Tabakaußenwerbung erlaubt. Das Gesetz ist damals von Teilen der CDU/CSU-Fraktion blockiert worden, was natürlich eine sehr bittere Niederlage war. Wir arbeiten daran, dass es hoffentlich in dieser Legislaturperiode endlich verabschiedet wird, weil es längst überfällig ist.

Wir wissen, dass Tabakwerbung gerade bei Jugendlichen einen erheblichen Einfluss auf den Rauchbeginn hat. Das ist natürlich ein subtiler Prozess, der unbewusst abläuft, aber letztendlich kann Tabakwerbung dazu beitragen, dass das Rauchen mit positiven Attributen verbunden wird: Freiheit, Coolness, Erwachsensein usw. Dafür sind Jugendliche und Kinder sehr anfällig und es gibt zahlreiche Studien, die zeigen, dass Tabakwerbung sehr stark wahrgenommen wird und sie auch die Einstellung zum Rauchen beeinflusst. Insofern sind wir schon seit Jahren dran, dass das Tabakwerbeverbot kommt.

Es ist auch so, dass viel Geld in Prävention bei Jugendlichen in den Schulen investiert wird. Das wird ja direkt konterkariert, wenn die Jugendlichen dann an der Bushaltestelle stehen und Tabakwerbung ausgesetzt sind. Natürlich sind die Marketingausgaben der Tabakindustrie ein Vielfaches der Ausgaben für Prävention. Vor allem beim Thema Außenwerbung ist es schlicht peinlich, dass sie in Deutschland immer noch erlaubt ist.

Aber eigentlich müsste man noch wesentlich weitergehen. Ein großes Problem ist ja auch das Direktmarketing, beispielsweise auf Festivals, indirektes Marketing in Sozialen Medien. Es gibt immer noch Kanäle, die die Tabakindustrie nutzen kann, die man eigentlich auch verbieten sollte. Aber da sehen wir nur wenige Chancen, dass das, zumindest in der aktuellen Legislaturperiode, durchkommt.







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