Archiv

Zielgerichtet gegen Nierenkrebs

Medikamentöse Therapien bei fortgeschrittenem klarzelligen Nierenzellkarzinom

Die medikamentöse Therapie bei fortgeschrittenem Nierenzellkrebs hat sich gewandelt. Seit etwa zehn Jahren setzen Ärzte sogenannte zielgerichtete Medikamente in der Behandlung ein: Sie wirken sich unmittelbar auf das Wachstum der Tumorzellen aus.

Andere Behandlungsverfahren bei metastasiertem Nierenzellkrebs sind seitdem auf dem Rückzug. Für Betroffene mit inoperablem Tumor oder Metastasen steigt dadurch die Überlebenszeit. Und auch die Nebenwirkungen der Therapie sind – so die Hoffnung zumindest für viele Betroffene – weniger ausgeprägt als bei der zuvor üblichen und eher unspezifischen alleinigen Immuntherapie etwa mit Interferonen oder Interleukin.

Neu hinzugekommen zu den zielgerichteten Medikamenten sind jüngst auch Verfahren der gezielten Immuntherapie: mit Substanzen, die direkt auf die Interaktion zwischen Immunsystem und Tumorzellen einwirken.

Therapie bei Nierenzellkrebs im Wandel

Infusion © Katarzyna Bialasiewicz photographee.eu – Thinkstock Images
Einige der zielgerichteten Medikamente erhalten Betroffene als Infusion, andere als Tabletten oder Kapseln. © Katarzyna Bialasiewicz photographee.eu – Thinkstock Images

Für 2016 rechnen die Krebsregister in Deutschland mit etwa 6.100 Frauen und 10.400 Männern, die erstmals an einer bösartigen Neubildung der Niere erkranken. In dieser Schätzung inbegriffen sind Krebstumoren, die in der Niere selbst wachsen, nicht aber im Nierenbecken oder den Harnleitern. Die häufigste Form dieser Tumoren ist das klarzellige Nierenzellkarzinom.
Zum Zeitpunkt der Diagnose haben sich bereits bei zwei bis drei von zehn Patienten mit Nierenkrebs Tumorabsiedlungen, sogenannte Metastasen, in anderen Organen entwickelt.

Die Behandlung von Erwachsenen mit fortgeschrittenem Nierenkrebs weist im Vergleich zur Therapie bei anderen Tumorarten eine Besonderheit auf: Einen klassische Chemotherapie bietet für Betroffene mit Metastasen keinen Vorteil.
Die Tumorzellen reagieren bei vielen Patienten aber auf immunologische Ansätze. Lange spielten daher Zytokine eine wichtige Rolle. Diese Form der Immuntherapie hat inzwischen durch neue, wirksamere Medikamente zur zielgerichteten Therapie an Bedeutung verloren. Der Vorteil der zielgerichteten Medikamente: Sie wirken, indem sie gezielt Wachstumssignale in den Tumorzellen unterdrücken oder die Blutgefäßneubildung verhindern, und so die Versorgung des Tumors unterbindet. Andere Substanzen, die sogenannten Immun-Checkpoint-Inhibitoren, verhindern, dass die Tumorzellen sich einer Immunreaktion entziehen.

Im Vergleich zur alleinigen Behandlung mit Zytokinen zeigen die zielgerichteten Medikamente bessere Erfolge, zudem haben sie weniger belastende Nebenwirkungen.

Wie funktioniert die „targeted therapy“?

Die zielgerichtete Therapie bei Nierenkrebs, häufig auch englisch als targeted therapy bezeichnet, folgt verschiedenen Ansatzpunkten. Bei den sogenannten Tyrosinkinase-Inhibitoren und mTOR-Inhibitoren handelt es sich um kleine Moleküle, die die Signalübertragung an den Wachstumsrezeptoren der Tumorzellen verhindern oder die Weiterleitung des Wachstumssignals in den Zellen unterbinden. Sie bremsen zudem die Neubildung von Blutgefäßen, die zur Versorgung des Tumors notwendig sind. Andere Medikamente hemmen die Blutgefäßneubildung dadurch, dass Antikörper an Rezeptoren auf der Oberfläche der Blutgefäßzellen binden.
Medikamente, die das Wachstum von Blutgefäßen unterbinden, werden als VEGF-Inhibitoren bezeichnet. VEGF steht dabei für eine Gruppe von Signalmolekülen, die sogenannten Vascular Endothelial Growth Factors.

Ein neuerer, zielgerichteter Ansatz in der Immuntherapie sind sogenannte Immun-Checkpoint-Inhibitoren: Sie sorgen dafür, dass Tumorzellen wieder vom Immunsystem erkannt werden. Die Zellen sind dann nicht mehr in der Lage dazu, die T-Zellen des Immunsystems auszubremsen. Die Folge: T-Zellen richten sich gegen die Tumorzellen und bekämpfen sie. Damit das gelingt, blockieren die Antikörper die "Kommunikation" zwischen den Tumorzellen und dem Immunsystem und besetzen gezielt die entsprechenden Rezeptoren.

Besser verträglich, aber nicht ganz ohne Nebenwirkungen

Zum Laden und Ausdrucken

Informationsblatt "Zielgerichtete Krebstherapien: Wie funktionieren sie?" (PDF)
Informationsblatt "Immuntherapie gegen Krebs" (PDF)

Auch wenn die Nebenwirkungen bei den zielgerichteten Therapien geringer ausfallen als bei der lange als Standard geltenden Immuntherapie mit Zytokinen, können sie für Patienten mit fortgeschrittenem Nierenzellkarzinom trotzdem unangenehm sein – vor allem deshalb, weil die Medikamente in der Regel nicht nur kurzfristig, sondern über einen längeren Zeitraum eingesetzt werden. Typische und häufigere Nebenwirkungen der zielgerichteten Therapie sind zum Beispiel Haut- und Schleimhautprobleme und Verdauungsbeschwerden.
Wie wirksam sind die neuen Therapien? Wie belastend sind die Nebenwirkungen tatsächlich? Wie lassen sie sich lindern? Diese Fragen sind daher ein wichtiges Thema für das Arztgespräch.



Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

powered by webEdition CMS