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Prostatakrebs: Beckenbodentraining hilft gegen Harninkontinenz

Unkontrollierter Urinabgang: Für Patienten mit Prostatakrebs ist das eine der häufigsten Therapiefolgen und beeinträchtigt ihr tägliches Leben stark. Nach einer Operation kann gezieltes Schließmuskel- und Beckenbodentraining helfen: Es verringert die Dauer der Harninkontinenz. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Deutschen Sporthochschule Köln in einer systematischen Übersichtsarbeit. Körperliches Training unter Anleitung nützt auch Patienten, die bestrahlt werden oder eine Antihormontherapie erhalten: Sie sind weniger erschöpft und ihre Lebensqualität verbessert sich.

Die Forscher um Dr. Freerk Baumann werteten 25 Studien zum Thema aus. Insgesamt konnten sie so auf die Daten von 2.663 Patienten mit Prostatakrebs zurückgreifen. Einbezogen waren betroffene Männer nach Operation, während und nach Bestrahlung oder während einer Antihormontherapie. In den Studien waren verschiedene Trainingsmaßnahmen verglichen worden: Beckenbodentraining, Schließmuskeltraining, Krafttraining, Ausdauertraining sowie kombiniertes Ausdauer- und Krafttraining. Die Kölner Wissenschaftler unterschieden anhand der veröffentlichten Daten zudem zwischen sportlichen Übungen mit einem Trainer und Übungen, die die Studienteilnehmer selbst ohne Anleitung absolvierten. In den einzelnen Publikationen war dokumentiert worden, wie sich diese Übungen auf Inkontinenz, Muskelkraft, Ausdauer, Lebensqualität, chronische Erschöpfung und das Wohlbefinden auswirken. Allerdings hatten viele der Arbeiten gewisse methodische Mängel: Nur wenige der ausgewerteten Studien hatten eine hohe wissenschaftliche Aussagekraft.

Übungen unter Anleitung noch wirksamer

Die Daten zeigen, dass Prostatakrebspatienten insgesamt von körperlichem Training profitierten: Ein gezieltes Beckenbodentraining führte dazu, dass Betroffene nach einer Operation schneller selbst ihren Harndrang wieder kontrollieren konnten und sich ihre Lebensqualität verbesserte. Gezielte Übungen mit einem Therapeuten waren dabei wirksamer als ein selbstständiges Training ohne Anleitung. Das Fazit der Sportmediziner: Am besten beginnen Patienten bereits vor der Krebsbehandlung, der Nutzen ist umso größer, je früher das Training einsetzt. Ob zusätzliche Maßnahmen wie Elektrostimulation und Biofeedback zu besseren Ergebnissen führen, blieb anhand der ausgewerteten Studien unklar.

Ausdauer- und Krafttraining halfen außerdem gegen chronische Erschöpfung, unabhängig davon, welche Behandlung Patienten erhalten hatten. Beide Trainingsformen erhalten oder verbessern die Muskelkraft. Die Studienteilnehmer fühlten sich körperlich fitter und hatten eine bessere Lebensqualität.

Weitere Studien notwendig

Die Kölner Wissenschaftler fassen in ihrer Übersichtsarbeit Empfehlungen zu Beginn, Dauer, Intensität und Länge von Beckenboden- und Schließmuskeltraining, Ausdauer- und Krafttraining zusammen. Sie halten jedoch weitere Studien mit verbesserter Methodik für notwendig, um zukünftig Empfehlungen auf der Basis möglichst sicherer wissenschaftlicher Daten aussprechen zu können.



Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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