Kinderwunsch nach Krebs

Risiken für die Kinder: Ist eine Schädigung möglich?

Fehlbildungen und Krebserkrankungen bei Kindern ehemaliger Krebspatienten

Letzte Aktualisierung: 02.04.2019

Führt eine Krebsbehandlung zu Schäden am Erbmaterial? Können Kinder dadurch mit Fehlbildungen zur Welt kommen? Haben sie später ein höheres Krebsrisiko? Oder wird die Krebsneigung an sich vererbt?
Der folgende Text erläutert mögliche Risiken für die Nachkommen ehemaliger Krebspatienten. Er richtet sich an Patientinnen und Patienten, ihre Partner sowie an Interessierte. Tumorpatienten mit Kinderwunsch benötigen jedoch auf jeden Fall auch eine fachliche Beratung - diese lässt sich durch Informationen aus dem Internet nicht ersetzen.

Risiko für Nachkommen

Kinder ehemaliger Krebspatienten kommen genauso häufig gesund zur Welt wie Kinder anderer Eltern.

Möchten Krebspatienten nach ihrer Erkrankung Kinder bekommen, sind sie oft verunsichert. Werden Eizellen und Spermien etwa durch eine Chemotherapie oder eine Bestrahlung geschädigt? Wie sieht es mit den langfristigen Folgen anderer Krebsmedikamente aus? Können entstandene Veränderungen vererbt werden? Bei einer Chemotherapie, bei einigen anderen Arzneimitteln oder bei einer Bestrahlung der Beckenregion ist es theoretisch nicht ausgeschlossen, dass es zu Schäden am Erbmaterial der Keimzellen kommt.

Insgesamt gehen Fachleute heute allerdings von einer "Alles-oder-Nichts-Regel" aus. Das bedeutet: Kommt es nach der Krebsbehandlung überhaupt zu einer Schwangerschaft, dann wurden die Keimzellen wahrscheinlich nicht geschädigt. Nachkommen haben also kein höheres Risiko für Fehlbildungen als Kinder gesunder Eltern.
Ganz ausschließen lässt sich ein Restrisiko angesichts der derzeit vorliegenden Daten allerdings nicht. Die Natur behandelt Männer und Frauen zudem unterschiedlich, was die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung der Keimzellen angeht.

Männer: Spermien reifen immer wieder neu

Bei Männern entstehen die reifen Spermien aus Vorläuferzellen in den Hoden in sehr großer Zahl immer wieder neu. Schäden betreffen also entweder diese Stammzellen – dann ist ein Mann unfruchtbar. Oder sie betreffen nur die Samenzellen, die unmittelbar während der Therapie und einige Zeit danach gebildet werden.

Eine Schädigung durch Chemotherapie, Bestrahlung oder andere Medikamente wirkt sich meist auf die Form oder Beweglichkeit der Samenzellen aus. Spermien, die gut beweglich und zu einer Befruchtung in der Lage sind, enthalten meist auch eine gesunde, nicht veränderte Erbinformation, so die Einschätzung von Fachleuten. In einer Spermienuntersuchung unter dem Mikroskop kann der Anteil gesunder und voll beweglicher Zellen festgestellt werden - am besten erst mehrere Monate nach Abschluss der Behandlung: Spermien benötigen etwa drei Monate zur Reifung. Nach dieser Zeit sind alle während einer schädigenden Therapie entstandenen Spermien abgestorben und nur noch später gebildete übrig. Aus diesem Grund empfehlen viele Fachleute, innerhalb des ersten Vierteljahrs nach dem Ende der Behandlung eine geeignete Verhütungsmethode anzuwenden.

Frauen: Eizelldepot nicht erneuerbar

Frauen bilden dagegen keine neuen Eizellen nach - sie müssen mit einem Vorrat auskommen, den sie schon bei ihrer Geburt besitzen. Lediglich die eigentliche Eizellreifung findet bei erwachsenen Frauen noch statt. Sind die Eierstöcke durch eine Behandlung geschädigt, dann ist eine Schwangerschaft meist gar nicht möglich.

Das Ausbleiben der Periode ist jedoch kein sicheres Anzeichen für Unfruchtbarkeit: Ein Eisprung kann auch stattfinden, ohne dass es vorher zu einer Monatsblutung kam. Während und einige Zeit nach einer potenziell schädigenden Behandlung empfehlen Fachleute daher Frauen eine Verhütung. Als Anhaltspunkt dient hier die Reifezeit der Eizellen, die etwa sechs Monate beträgt.

Kinderwunschbehandlung: Krebsrisiko für die Kinder?

Welche Risiken birgt eine Kinderwunschbehandlung? Erkranken so gezeugte Kinder später häufiger an Krebs? Bisher gibt es nur wenige Statistiken, die sich unmittelbar auf die Situation ehemaliger Krebspatienten beziehen lassen. Auch bei nicht an Krebs Erkrankten, die Kinder nach einer solchen Behandlung bekommen haben, ist deren Krebsrisiko nicht abschließend untersucht. Es gibt Studien, die darauf hinweisen, dass ihr Krebsrisiko etwas höher liegt, als das von Kindern nach einer natürlichen Zeugung. Andere Daten widersprechen diesen Ergebnissen aber. Hier fehlen bisher noch groß angelegte wissenschaftliche Studien. Es ist also unklar, ob diese Kinder tatsächlich häufiger an Krebs erkranken, als ohne unterstützende Behandlung gezeugte Kinder. Auch sind Krebserkrankungen bei Kindern insgesamt sehr selten. Die tatsächliche zu erwartende Risikoerhöhung für ein einziges Paar, das ein Kind auf diese Weise zeugt, fällt absolut gesehen also extrem gering aus.

Ärzte stufen ehemalige Tumorpatientinnen häufig als "Risikoschwangere" ein, wenn sie ein Kind erwarten – nicht anders als Frauen mit anderen schweren Vorerkrankungen. Dies bedeutet nicht, dass Frauen nach Krebs generell ein höheres Risiko für eine nicht normal verlaufende Schwangerschaft und besondere Komplikationen haben. Die Einstufung soll vielmehr sicherstellen, dass einer Frau engmaschige medizinische Überwachung angeboten und sie bestmöglich betreut wird. Die Kosten dieser Zusatzversorgung tragen die Krankenkassen.

Es gibt jedoch tatsächlich einige Faktoren, die das Risiko für Komplikationen bei Mutter und Kind steigern.
Je schlechter der Allgemeinzustand einer Frau ist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass der Fötus unterversorgt wird. Dies kann zu einer verzögerten Entwicklung, Fehl- und Frühgeburten führen. Eine Geburt vor dem eigentlichen Termin bedingt wiederum Risiken für das Kind.

Ein höheres Risiko für Fehl- und Frühgeburten tragen auch ehemalige Krebspatientinnen nach Operationen und Bestrahlungen im Beckenbereich. Nach Operationen können Narbenbildungen und Verwachsungen die Ursache sein. Nach einer Bestrahlung kommt es bei manchen Frauen zu einer Mangeldurchblutung und Verhärtung der Gebärmutter. Das individuelle Risiko hängt aber vom genauen Bestrahlungsfeld, der Dosis und vom Alter der Frau ab.

Ist eine Schwangerschaft nur durch eine hormonelle Fruchtbarkeitsbehandlung oder vergleichbare Verfahren möglich, steigt die Wahrscheinlichkeit von Mehrlingsschwangerschaften. Da eine solche Vorbehandlung häufig auch bei Partnerinnen von Krebspatienten notwendig wird, um die Chancen einer künstlichen Befruchtung zu steigern, gilt dieses Risiko auch für sie. Bei Zwillingen, Drillingen oder gar bei mehr Kindern müssen Frauen praktisch immer mit einer früheren Geburt und einem Kaiserschnitt rechnen.

Zum Weiterlesen

"Krebsentstehung: Häufige Fragen",  Abschnitt "Ist Krebs vererbbar?"

Zentren für familiären Krebs: www.krebshilfe.de/helfen/rat-hilfe/familiaerer-krebs/

Tragen Menschen, die selbst an Krebs erkrankt sind, von vornherein Anlagen für ein gesteigertes Tumorrisiko in ihren Genen? Und vererben sie diese Anfälligkeit auch an ihre Kinder? Bisherige Untersuchungen zeigen kein erhöhtes Krebsrisiko für Kinder von ehemaligen Patienten: Das gilt allerdings nur für Krebsarten, die nicht erblich bedingt sind.

Es gibt aber auch Tumorerkrankungen, die in manchen Familien gehäuft vorkommen. Ein Indiz ist oft, dass Betroffene auffallend jung erkrankt sind, oder dass mehrere Verwandte an der gleichen Tumorart erkrankt sind. Der Anteil der betroffenen Familien ist aber im Vergleich zur Gesamtzahl der Krebserkrankungen sehr klein. Ein Beispiel ist Brustkrebs: Nur bei etwa fünf von hundert Patientinnen gibt es Hinweise auf eine vererbbare genetische Veränderung.

Besteht aber tatsächlich der Verdacht auf eine in der Familie weitergegebene Veranlagung, sollten Betroffene sich von ihren behandelnden Ärzten beraten und gegebenenfalls zu einer genetischen Beratungsstelle überweisen lassen. Gerade dann, wenn eine Krebserkrankung untypisch früh aufgetreten ist, hilft eine solche Beratung, die Risiken für den zukünftigen Nachwuchs besser einschätzen zu können. Wer schon Kinder hat, erfährt auch, ob diese von einem höheren Risiko betroffen sein können, und wie bei Bedarf geeignete Früherkennungsmaßnahmen aussehen.

Eine Krebserkrankung, die während der Schwangerschaft diagnostiziert wird, stellt betroffene Frauen und ihre Partner vor dramatische Probleme. Kann die Schwangerschaft fortgeführt werden? Wie riskant ist das Warten mit einer Behandlung für die Mutter, und kann überhaupt gewartet werden? Wenn die Therapie gleich beginnen muss, schädigt sie das Kind? Die Antworten auf diese Fragen hängen sehr stark von der Tumorart, der körperlichen Situation der werdenden Mutter, der Schwangerschaftswoche und der geplanten Therapie ab. Allgemeine Auskünfte sind kaum möglich. Eine intensive Beratung mit den behandelnden Ärzten ist die Voraussetzung für die weitere Planung.
Weiterführende Fragen beantwortet der Krebsinformationsdienst auch am Telefon: unter der kostenlosen Nummer 0800 – 420 30 40, täglich von 8:00 bis 20:00 Uhr - oder per E-Mail an krebsinformationsdienst@dkfz.de (das Kontaktformular bietet eine gesicherte Verbindung).

Eine Gesamtübersicht zu Quellen und weiterführenden Fachinformationen zum Thema findet sich im Kapitel "Kinderwunsch nach Krebs: Links, Adressen, Ansprechpartner und Fachquellen" unter dem Stichwort "Quellen".

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Erstellt: 30.07.2013

Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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