Styrol-Quellen: Neben Verpackungen hauptsächlich Zigaretten
Hauptquelle für Styrol im Innenbereich ist Zigarettenrauch, in dem Styrol als Verbrennungsprodukt enthalten ist. Daneben wird Styrol aus Gebrauchsgegenständen wie beispielsweise Verpackungen, Kleiderbügeln oder CD-Hüllen freigesetzt. Im Außenbereich tragen Verbrennungsrückstände aus Autoabgasen und Industrieemissionen zur Styrolbelastung bei. Das über die Atemwege aufgenommene Styrol macht Schätzungen zufolge mehr als 90 % der Gesamtbelastung aus.
Lebensmittel sind – jedoch in weit geringerem Ausmaß - die zweitgrößte Aufnahmequelle von Styrol für die Allgemeinbevölkerung.
Bei der Herstellung von Polystyrol bleiben einzelne Styrol-Moleküle ungebunden im Endprodukt zurück. Dieses Styrol wird nachweislich aus Polystyrolverpackungen freigesetzt und geht auch teilweise in die darin enthaltenen Lebensmittel über. Diese müssen nicht zwangsläufig heiß sein, um Styrol aufzunehmen.
Die Styrol-Konzentration in Lebensmittelverpackungen wurde in der Vergangenheit unter anderem in Großbritannien und den USA bestimmt. Dabei zeigte sich eine große Spannbreite der Messwerte. Beispielsweise lagen die Werte in der britischen Untersuchung zwischen 16 und 1.300 mg Styrol pro kg Styroporverpackung. In den darin verpackten Lebensmitteln wurden wesentlich geringere Werte nachgewiesen: zwischen 1 und 200 µg/kg. Die Styrol-Konzentration in den Lebensmitteln war also etwa um den Faktor 10.000 geringer. Die Ergebnisse der US-amerikanischen Untersuchungen waren ähnlich.
Daneben entstehen bei der Polystyrol-Herstellung auch Styrol-Oligomere, die aus der Verpackung ebenfalls auf Lebensmittel übergehen können. Styrol-Oligomere sind kleinere Moleküle, die sich aus wenigen Styrol-Bausteinen zusammensetzen. Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) beurteilte in einer Stellungnahme von April 2016 ein gesundheitliches Risiko durch Styrol-Oligomere als unwahrscheinlich.
Mögliches Krebsrisiko: Was sagen die Institutionen?
IARC-Klassifikation des Krebsrisikos
Gruppe 1: krebserregend für den Menschen
Gruppe 2A: wahrscheinlich krebserregend
Gruppe 2B: möglicherweise oder auch vielleicht krebserregend
Gruppe 3: eine Bewertung des Krebsrisikos ist nicht möglich
Gruppe 4: wahrscheinlich nicht krebserregend für den Menschen
Von der Internationalen Krebsforschungsagentur (International Agency for Research on Cancer, IARC) wird Styrol als möglicherweise krebserregend eingeschätzt, also der Gruppe 2B zugeordnet. Diese Einschätzung beruht überwiegend auf Ergebnissen aus Tierversuchen beziehungsweise Studien aus dem beruflichen Bereich, konkret aus der Produktion von Styrol- und Polystyrol, von Glasfaser-verstärktem Plastik und von synthetischem Gummi. In diesen Studien lag die Styrolbelastung pro Tag mindestens im Milligrammbereich und war damit um etwa einen Faktor 1.000 höher, als bei der Allgemeinbevölkerung zu erwarten ist.
Laut der GESTIS-Datenbank des Instituts für Arbeitssicherheit (IFA) ist Styrol im beruflichen Bereich als "Krebserzeugend: Kategorie 5" eingestuft. In dieser Kategorie finden sich Stoffe, die ein so geringes krebserzeugendes und fruchtschädigendes Potential haben, „dass bei Einhaltung des MAK-Wertes kein nennenswerter Beitrag zum Krebsrisiko für den Menschen zu erwarten ist." Der MAK-Wert entspricht der höchsten zulässigen Konzentration einer Substanz am Arbeitsplatz.
Das Umweltbundesamt (UBA) fasst die verfügbaren Erkenntnisse zum Krebsrisiko bzw. zu einer möglichen Schädigung des Ungeborenen durch Styrol wie folgt zusammen: "Hinsichtlich Wirkungen auf Fortpflanzung und Entwicklung nach akuter Einwirkung von Styrol liegen beim Menschen keine Daten vor. Epidemiologische Untersuchungen [aus dem beruflichen Bereich] erbrachten keine begründeten Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen wiederholter Styrolexposition .... und Wirkungen auf Fortpflanzung und Entwicklung."
Fazit für den Alltag: Nach derzeitigem Kenntnisstand unbedenklich
Wichtigste Quelle für eine Styrolbelastung der Allgemeinbevölkerung ist Zigarettenrauch. Aus Polystyrol-Verpackungen, im Allgemeinen als Styropor bezeichnet, kann jedoch auch in geringen Mengen Styrol auf Lebensmittel übergehen.
Styrol wird von der Internationalen Krebsforschungsagentur (IARC) der Weltgesundheitsbehörde (WHO) als „möglicherweise krebserregend" (Gruppe 2B) eingestuft. Diese Beurteilung fußt hauptsächlich auf Tierstudien und Studien aus dem beruflichen Bereich.
Für den alltäglichen Kontakt mit Polystyrol-Verpackungen beziehungsweise dem daraus freigesetzten Styrol gilt folgendes:
- Bisher wurde nicht nachgewiesen, dass Styrol aus Lebensmittelverpackungen beim Menschen tatsächlich Krebs auslöst oder fruchtschädigend wirkt.
- Die Einstufung von Styrol durch die IARC hat einen vorsorgenden Charakter: Aufgrund eines möglicherweise vorhandenen Krebsrisikos, sollte Styrol soweit wie möglich gemieden werden.
- Im Alltag lässt sich diese Empfehlung beispielsweise dadurch umsetzen, dass man Essen oder Getränke aus Polystyrol-Verpackungen nicht regelmäßig isst oder sicherheitshalber ganz meidet. Dies gilt insbesondere während der Schwangerschaft oder für Kinder. Um die individuelle Styrol-Belastung zu mindern, wäre ein Rauchverzicht noch wichtiger.
Ein gesundheitliches Risiko durch andere Styrol-Verbindungen, wie etwa Styrol-Oligomere, aus Lebensmittelverpackungen wurde vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) als unwahrscheinlich beurteilt.
Zum Weiterlesen: Verwendete Quellen und vertiefende Informationen
Veröffentlichung von Institutionen und Fachgesellschaften
Die Bewertung des Krebsrisikos von Styrol (dem Einzelbaustein von Styropor) durch die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) findet sich in folgenden Veröffentlichungen:
- Monograph Vol. 82 (2002). Some Traditional Herbal Medicines, Some Mycotoxins, Naphthalene and Styrene. http://monographs.iarc.fr/ENG/Monographs/vol82/mono82-9.pdf (PDF)
- Technical Publikation, No. 42. Identification of research needs to resolve the carcinogenicity of high-priority IARC carcinogens - Styrene-7,8-oxide and Styrene. http://monographs.iarc.fr/ENG/Publications/techrep42/TR42-9.pdf (PDF)
Rechtlicher Rahmen/Behördeninformationen
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat das gesundheitliche Risiko von Styrol-Oligomeren in Lebensmittelsimulanzien bewertet. Eine aktualisierte Stellungnahme vom 21. April 2016 findet sich unter www.bfr.bund.de/cm/343/gemessene-gehalte-an-styrol-oligomeren-in-lebensmittelsimulanzien-gesundheitliche-risiken-sind-unwahrscheinlich.pdf (PDF).
Auch beim Umweltbundesamt (UBA) finden sich Informationen zu Styrol sowie zu Hexabromcyclododecan (HBCD) (Stand 2003).
- Zusammenfassung des Technical Support Document (TSD) zu: Styrol (Status: "proposed", Stand: 09/2003). www.umweltbundesamt.de/sites/default/files/medien/515/dokumente/styrol.pdf (PDF)
Das US-amerikanische NIEHS, eine nationales Institut, das den Einfluss der Umwelt auf die menschliche Gesundheit erforscht, liefert in englischer Sprache ein Faktenblatt zu Styrol (englisch: styrene):
National Institute of Environmental Health Sciences (NIEHS). Fact Sheet - Styrene. www.niehs.nih.gov/health/materials/styrene_508.pdf (PDF)