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Low-Dose-Tamoxifen bei Brustkrebs

Ist niedrig dosiertes Tamoxifen beim Mammakarzinom onkologisch sicher?

Die Standarddosis von Tamoxifen für Brustkrebs liegt bei 20 mg pro Tag. Wird die endokrine Therapie schlecht vertragen, steht manchmal eine Dosisreduktion im Raum. Kann auch Low-Dose-Tamoxifen vor einem Rezidiv schützen?

Apothekerin räumt Arzneimittel in das Apothekenregal ein.
Tamoxifen-Tabletten sind in der Apotheke mit Rezept erhältlich. © I-Viewfinder, Thinkstock

Viele Brustkrebspatientinnen nehmen Tamoxifen nicht wie verschrieben ein oder setzen es vorzeitig ab1. Ursache sind häufig Nebenwirkungen wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Schlafprobleme2. Beim Halbieren der Dosis war in Studien die Verträglichkeit von Tamoxifen besser3-5. Fachleute geben hierzu jedoch keine Empfehlung bei Brustkrebs. Wir haben uns die aktuelle Datenlage zu Low-Dose-Tamoxifen für Sie angeschaut.

Low-Dose-Tamoxifen bei Brustkrebs – Verträglichkeit

Halbe Dosis – weniger Nebenwirkungen: In klinischen Studien durften Brustkrebspatientinnen mit starken Nebenwirkungen die Tamoxifendosis auf 10 mg halbieren4,5. Unter dem Low-Dose-Tamoxifen hatten die Frauen eine bessere Lebensqualität5 beziehungsweise erlebten eine subjektive Verbesserung der Hitzewallungen4. Onkologische Endpunkte wie das Gesamtüberleben wurden in den Studien aber nicht untersucht.

Endoxifen-Messung nicht empfohlen: In den Studien sank der aktive Metabolit von Tamoxifen im Blut (Endoxifen) bei halber Tamoxifendosis. Es gibt gegensätzliche Studienergebnisse dazu, ob ein niedriges Endoxifen die Prognose verschlechtert6,7 oder nicht8,9. Daher wird die Messung von Endoxifen zur Anpassung der Tamoxifendosis von den gynäkologischen Fachgesellschaften nicht empfohlen.

Low-Dose-Tamoxifen bei Brustkrebs – Rezidivrisiko

Keine Evidenz zum Rückfallrisiko bei Brustkrebs: In der adjuvanten Therapie des Hormonrezeptor-positiven Mammakarzinoms ist der Nutzen von 20 mg Tamoxifen als Standarddosis gut untersucht. Wie wirksam 10 mg oder weniger Tamoxifen das Rückfallrisiko senken kann, dazu gibt es bislang keine veröffentlichten Daten. Unseres Wissens läuft derzeit keine klinische Studie mit dieser Fragestellung.

Wirkung auf Proliferationsmarker: In den Blickpunkt des Interesses rückt zunehmend die Forschung an Biomarkern: beispielsweise, wie sich der Zellteilungsmarker Ki-67 im Tumor unter der Therapie verändert. So erhielten Brustkrebspatientinnen über mehrere Wochen vor der Operation (neoadjuvant) Tamoxifen: einmal wöchentlich 5 mg10 oder täglich 1, 5 oder 20 mg11. Das operativ entnommene Brustgewebe wurde daraufhin untersucht und mit dem Ausgangsbefund in der Biopsieprobe verglichen:

  • Unter täglicher Tamoxifengabe war Ki-67 im Tumorgewebe reduziert: und zwar bei 20 mg Tamoxifen in gleichem Maße wie bei 1 oder 5 mg Tamoxifen11.
  • Unter nur wöchentlichem Low-Dose-Tamoxifen gab es keine Änderung des Proliferationsmarkers Ki-67 im Gewebe10.

Einschränkend ist zu sagen: Aus diesen Gewebeuntersuchungen lässt sich nicht ableiten, dass Low-Dose-Tamoxifen gleichwertig zur herkömmlichen Dosierung ist. Hierzu sind vergleichende klinische Studien nötig.

Low-Dose-Tamoxifen bei Brustkrebsvorstufen – Rezidivrisiko

In der TAM-01-Studie wurde untersucht, ob sich durch Low-Dose-Tamoxifen die Rückfallrate bei Patientinnen mit Vorstufen von Brustkrebs senken lässt – sowohl von nicht-invasiven als auch von invasiven Rezidiven. Dafür erhielten Frauen mit intraepithelialer Neoplasie (duktales Carcinoma in situ/DCIS, lobulärer intraepithelialer Neoplasie/LIN oder atypischer duktaler Hyperplasie/ADH) 3 Jahre lang täglich 5 mg Tamoxifen12.

Brustkrebs bei Krebsvorstufen verhindert: Nach 10 Jahren traten unter Low-Dose-Tamoxifen deutlich weniger Rezidive als unter Placebo auf. Wurden 14 Frauen mit niedrig dosiertem Tamoxifen behandelt, so konnte 1 Rückfall innerhalb von 10 Jahren verhindert werden (Number needed to treat/NNT = 14). Die meisten Rezidivtumoren waren invasiv, also echte Mammakarzinome. In der Studie gab es allerdings keinen Vergleich mit der Standarddosis von 20 mg12.

Low-Dose-Tamoxifen zur Brustkrebsprävention

US-amerikanische Ärztinnen und Ärzte können Frauen, die ein erhöhtes Brustkrebsrisiko haben, vorbeugend 20 mg Tamoxifen täglich verschreiben. Für diese Indikation ist Tamoxifen in Deutschland nicht zugelassen. Ob auch präventiv eingenommenes Low-Dose-Tamoxifen bei gesunden Frauen das Risiko senken kann, an Brustkrebs zu erkranken, dazu gibt es derzeit nicht genügend Daten13.

Senkt nicht das Brustkrebsrisiko bei Hormonersatz: Frauen nach den Wechseljahren (postmenopausal) unter Hormonersatztherapie erhielten über 5 Jahre Low-Dose-Tamoxifen (5 mg täglich) oder Placebo14. Im Vergeich zu Placebo war das Brustkrebsrisiko in der Tamoxifengruppe nicht statistisch signifikant reduziert.

Senkt Brustdichte in der Mammographie: Eine erhöhte Brustdichte in der Mammographie gilt als Risikofaktor für Brustkrebs. Daher haben Forschende untersucht, ob sich bei Frauen ohne Brustkrebs oder Brustkrebsvorstufen in der Vorgeschichte die Brustdichte mithilfe von Tamoxifen verringern lässt. Verabreicht wurden 20, 10, 5 oder 2,5 mg Tamoxifen täglich über 6 Monate15.

  • Waren die Frauen in der Prämenopause, fand sich bei ihnen nach 6 Monaten eine reduzierte Brustdichte – unabhängig von der Tamoxifendosierung, also auch mit Low-Dose-Tamoxifen.
  • Bei postmenopausalen Frauen nahm die Brustdichte bei verschiedenen Dosierungen verglichen mit Placebo nur wenig ab.

Wichtig zu wissen: Unter niedrig dosiertem Tamoxifen traten deutlich weniger Wechseljahresbeschwerden auf. In der Studie wurde nicht das Brustkrebsrisiko, sondern lediglich die Brustdichte, ein Marker für das Brustkrebrisiko, gemessen15.

Fazit für die Praxis

Viele Brustkrebspatientinnen nehmen Tamoxifen aufgrund von Nebenwirkungen in geringerer Dosis als 20 mg täglich ein oder setzen es gar ab.

Zwar gibt es Forschung, die darauf hindeutet, dass auch niedrig dosiertes Tamoxifen eine Wirkung auf Brustkrebszellen haben könnte. Klinische Studien zur onkologischen Sicherheit einer adjuvanten Therapie mit Low-Dose-Tamoxifen nach Brustkrebs stehen aber bislang aus.

Daher gibt es derzeit keine Empfehlungen, die Standarddosis von 20 mg zu senken. Auch empfehlen die gynäkologischen Fachgesellschaften nicht, zur Anpassung der Dosis Medikamentenspiegel zu messen.

Bei Frauen mit DCIS konnte Low-Dose-Tamoxifen im Vergleich zu Placebo sowohl invasive als auch nicht-invasive Rückfälle verhindern. Ob niedrig dosiertes Tamoxifen auch Betroffene mit invasivem Brustkrebs vor einem Rezidv schützt, lässt sich aufgrund der derzeitigen Studienlage bisher nicht beantworten.



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Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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