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Dostarlimab: Immuntherapie beim Endometriumkarzinom

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Neue Krebstherapien sind ein Dauerbrenner in den Medien – das registrieren auch Betroffene. Ganz oben auf der Hitliste: die Immuntherapie. Beim Krebsinformationsdienst angefragt: Hilft Dostarlimab bei Gebärmutterkrebs?

Die Grafik zeigt die Anatomie der weiblichen Geschechtsorgane mit Scheide, Gebärmutterhals, Gebärmutterkörper, zwei Eileitern und Eierstöcken. Im Gebärmutterkörper ist ein Tumor dargestellt.
Neue Therapie für das Endometriumkarzinom, häufigster Krebs der weiblichen Geschlechtsorgane. © Krebsinformationsdienst, DKFZ, erstellt mit BioRender.com

Bei Gebärmutterkörperkrebs gab es lange Zeit nicht viele Innovationen bei der Standardtherapie wie Operation, gegebenenfalls Chemotherapie mit Paclitaxel und Carboplatin sowie Bestrahlung. Gerade für die Rezidivtherapie fehlte es jedoch an einer klaren Behandlungsempfehlung. Das ändert sich gerade. Sehen Sie anhand einer typischen Anfrage, wie der Krebsinformationsdienst hilft, den Stellenwert der Immun-Checkpoint-Hemmer für das Endometriumkarzinom einzuordnen: was, wann und für wen? Plus ein kleiner Ausblick in die Zukunft.



Seit April 2021 ist der Immun-Checkpoint-Hemmer Dostarlimab (Handelsname Jemperli®) in Europa zugelassen: für die Therapie von Patientinnen mit einem rezidivierten oder fortgeschrittenen Endometriumkarzinom, das eine hohe Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H) oder eine defekte Mismatch-Reparatur (dMMR) aufweist.

Voraussetzung ist, dass Betroffene mit einer platinhaltigen Standardchemotherapie vorbehandelt sind und die Krebserkankung trotzdem fortschreitet. Wenn diese Bedingungen vorliegen, kommt eine Dostarlimab-Monotherapie infrage: Gemeinsam mit ihren Ärztinnen und Ärzten kann die Patientin mögliche Behandlungsoptionen besprechen.

Ein weiterer für die Zweitlinie zugelassener Immun-Checkpoint-Hemmer ist Pembrolizumab in Kombination mit dem Tyrosin-Kinasehemmer Lenvantinib oder als Monotherapie.

Dostarlimab beim Endometriumkarzinom

Wirkmechanismus der Checkpoint-Inhibitoren

Dazu siehe Immuntherapie gegen Krebs.

MSI-H und dMMR: Zu den Begriffen "hochgradige Mikrosatelliteninstabilität (MSI-H)" und "defekte Mismatch-Reparatur (dMMR)" siehe unsere Fachkreise-News Mikrosatelliteninstabilität: Was ist das eigentlich?

Seit 2015 sind Immun-Checkpoint-Inhibitoren gegen Krebs zugelassen. Es gibt verschiedene Checkpoint-Hemmer, zum Beispiel Antikörper gegen die Kontrollpunkte (Checkpoints) PD-1, PD-L1 oder CTLA-4. Dostarlimab ist ein PD-1-Antikörper. In der GARNET-Studie wurden mehrere Patientinnengruppen (Kohorten) mit verschiedenen Krebsarten mit Dostarlimab behandelt.

Ab 2017 konnten auch Patientinnen mit einem fortgeschrittenen Endometriumkarzinom an der Studie teilnehmen. Alle Teilnehmerinnen hatten zuvor bereits eine platinhaltige Therapie erhalten, unter der die Krebserkrankung fortgeschritten war. Von den Betroffenen hatten 129 einen Tumor mit einem Defekt des Mismatch-Repair-Systems (MSI-H/dMMR) und 161 nicht.

Dosierung: Alle Patientinnen erhielten Dostarlimab als Infusion alle 3 Wochen für 4 Zyklen, danach alle 6 Wochen bis zum Fortschreiten der Erkrankung.

Nach rund 11 bis 16 Monaten Nachbeobachtungszeit wurden kürzlich folgende Zwischenergebnisse veröffentlicht1. Endergebnisse werden ab 2026 erwartet:

  • Bei Patientinnen mit einer defekten MMR (Mismatch-Reparatur) lag die Ansprechrate (Overall Response Rate, ORR) bei 43,5 Prozent.
  • In der Gruppe mit funktionierender MMR betrug die ORR 14,1 Prozent.
  • Bis zum Ansprechen dauerte es in beiden Gruppen im Median etwa 12 Wochen.

Wichtig zu wissen: Aufgrund des Wirkmechanismus ist eine besondere Wirksamkeit der Checkpoint-Inhibitoren speziell bei genetisch instabilen Tumoren mit vielen Mutationen zu erwarten. Bis zu ein Drittel der Endometriumkarzinome weist Mutationen des MMR-Systems auf.

Ausblick

Nachdem sich Dostarlimab in der Zweitlinie als wirksam erwiesen hat, stellt sich die Frage: Sind Checkpoint-Inhibitoren auch bereits für die Erstlinientherapie des Endometriumkarzinoms erfolgversprechend?

Hier sind die Ergebnisse von zwei randomisiert-kontrollierten Studien interessant. Sie wurden dieses Jahr im März auf dem ESMO-Kongress vorgestellt.

In der RUBY-Studie2 wurden fast 500 Patientinnen mit einem bei Diagnose schon fortgeschrittenen Endometriumkarzinom (Stadium III oder IV) einer von 2 Gruppen zugeteilt. Entweder erhielten sie nach der Operation den Standard mit Carboplatin und Paclitaxel (Kontrollgruppe) oder sie erhielten zusätzlich zum Standard noch Dostarlimab. In einer nach MSI-Status getrennten Auswertung zeigte sich:

  • Dostarlimab-Gruppe: Das progressionsfreie Überleben wurde bei den Patientinnen mit einer defekten MMR durch den Checkpoint-Hemmer deutlich verlängert. Nach 2 Jahren waren 61,4 Prozent mit Dostarlimab ohne Rückfall.
  • In der Kontrollgruppe mit Placebo waren es 15,7 Prozent.
  • Überraschenderweise profitierten auch die Patientinnen mit intakter MMR von Dostarlimab – wenn auch weniger deutlich.

Die Keynote 868-Studie3 weist in die gleiche Richtung. Bei einem ähnlichen Design, allerdings mit dem Checkpoint-Inhibitor Pembrolizumab, wurden über 800 Patientinnen in die Studie aufgenommen. In einer nach MSI-Status getrennten Auswertung zeigte sich:

  • Pembrolizumab-Gruppe: Das progressionsfreie Überleben wurde bei den Patientinnen mit einer defekten MMR durch den Checkpoint-Hemmer deutlich verlängert. Nach 1 Jahr waren 74 Prozent mit Pembrolizumab ohne Rückfall.
  • In der Kontrollgruppe mit Placebo waren es 38 Prozent.
  • Auch die Frauen mit funktionierender MMR profitierten von Pembrolizumab: Sie blieben 4,4 Monate länger ohne Rückfall.

Noch handelt es sich um Zwischenauswertungen. Bis zur endgültigen Auswertung der Studien bleibt es spannend, welchen Stellenwert die Immuntherapie mit Checkpoint-Hemmern zur Behandlung des Endometriumkarzinoms künftig erhalten wird.



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Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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