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Luminaler Brustkrebs: Was ist das eigentlich?

Bedeutung molekularer Subtypen für die klinische Praxis

Erkenntnisse aus Genexpressionsanalysen haben zur Einteilung von Brustkrebs in verschiedene Subgruppen geführt. krebsinformationsdienst.med informiert Sie über Hintergründe und Bedeutung für die klinische Praxis.

Das Bild zeigt ein unvollständiges Puzzle mit verschiedenen DNA-Strängen. © Arek Socha, Pixabay
Brustkrebs ist keine einheitliche Erkrankung: Die Tumoren unterscheiden sich unter anderem auf molekularer Ebene. © Arek Socha, Pixabay

Brustkrebs ist keine einheitliche Erkrankung: Die Tumoren unterscheiden sich auf molekularer, histologischer und klinischer Ebene. Richtet sich die Behandlung in erster Linie nach klassischen Prognosefaktoren wie Alter, Tumorstadium oder Menopausenstatus, wird die zugrundeliegende Tumorbiologie zu wenig berücksichtigt.

Brustkrebs ist nicht gleich Brustkrebs

Die Wissenschaftler Perou und Sorlie untersuchten Anfang des 21. Jahrhunderts die Genaktivität in Brustkrebszellen. Mithilfe von mRNA-Expressionsanalysen identifizierten sie rund 500 wichtige Gene, die sie als "intrinsisches Genset" der Brustkrebszellen bezeichneten. Anhand typischer Genaktivitätsmuster charakterisierten sie daraufhin verschiedene Brustkrebssubtypen.

Die "intrinsischen" oder "molekularen" Subtypen unterscheiden sich im klinischen Erscheinungsbild, im Krankheitsverlauf und im Therapieansprechen. Mit ihrer Forschung zeigten Perou und Sorlie: Die biologischen Unterschiede von Brustkrebserkrankungen beruhen auf der unterschiedlichen Aktivität bestimmter Gene.

Molekulare Subtypen

Die Grafik zeigt verschiedene Bausteine der Brustkrebsdiagnostik: Anamnese und klinische Untersuchung, bildgebende, histopathologische und molekulare Diagnostik. Zu Anamnese und klinischer Untersuchung gehören beispielsweise Klinik, Tastbefund, Alter bei Diagnose, Menopausenstatus und familiäre Belastung.
Zur Brustkrebs-Diagnostik gehört auch die Bestimmung des molekularen Typs. © Krebsinformationsdienst, DKFZ, erstellt mit BioRender.com.

Basierend auf den Arbeiten von Perou und Sorlie wird aktuell zwischen vier verschiedenen molekularen Subtypen unterschieden:

  • Luminal A
  • Luminal B
  • HER2 (Human Epidermal Growth Factor Receptor 2)-Typ ("HER2-enriched")
  • Basaler Typ ("basal-like")

Diese Einteilung beruht auf der Expression bestimmter Gene in den Tumorzellen und berücksichtigt so die "innewohnenden" ("intrinsischen") Eigenschaften der Zellen. Damit lassen sich die Prognose und das Therapieansprechen besser abschätzen als mit den klassischen pathomorphologischen Markern.

Charakteristische Aktivitätsmuster

Die verschiedenen Brustkrebssubtypen exprimieren jeweils ein charakteristisches Genaktivitätsmuster:

  • Das Genexpressionsmuster sogenannter luminaler Karzinome erinnert an das Genexpressionsmuster normaler luminaler Brustdrüsenepithelzellen und zeigt eine erhöhte Aktivität Hormonrezeptor-assoziierter Gene.
  • Das Genexpressionsmuster des basalen Subtyps erinnert dagegen an das Expressionsmuster basaler, myoepithelialer Zellen.
  • Bei einem Teil der Tumoren sind HER2-assoziierte Gene besonders aktiv.

Rückschlüsse auf die Ursprungszelle des Tumors sind dadurch aber nicht sicher möglich.

Luminal A

Karzinome des molekularen Luminal-A-Subtyps zeigen eine hohe Aktivität von sogenannten luminalen Genen, die mit der Bildung von Östrogen- und Progesteronrezeptoren beziehungsweise deren Aktivierung in Verbindung gebracht werden. Gene des sogenannten HER2-Clusters und Gene, die für die Zellproliferation wichtig sind, werden dagegen nur gering exprimiert.

Mit etwa 40 – 60 % ist Luminal A der häufigste molekulare Subtyp. Klinisch handelt es sich meist um niedriggradige, stark Hormonrezeptor-positive Tumoren mit geringem Rückfallrisiko und insgesamt guter Prognose.

Luminal B

Auch bei dem Luminal-B-Subtyp sind Hormonrezeptor-assoziierte Gene aktiv. Gleichzeitig werden vermehrt Gene abgelesen, die mit der Zellteilung in Verbindung stehen. Ein Teil der Luminal-B-Karzinome weist zusätzlich eine hohe Aktivität des HER2-Genclusters auf. Man unterscheidet daher zwischen HER2-positiven und HER2-negativen Luminal-B-Tumoren.

Der Luminal-B-Subtyp ist mit etwa 15 – 20 % seltener als der Luminal-A-Subtyp und klinisch heterogen: Die Tumoren haben ein höheres Grading, bilden weniger Östrogenrezeptoren und keine oder weniger Progesteronrezeptoren. Ein Teil der Luminal-B-Karzinome ist zudem HER2-positiv. Luminal-B-Karzinome haben häufiger einen aggressiveren Verlauf und ein höheres Metastasierungsrisiko als Tumoren des Luminal-A-Subtyps.

HER2-Typ ("HER2-enriched")

Der HER2-Subtyp ist molekularbiologisch definiert durch eine Überexpression von HER2-assoziierten Genen und von Proliferationsgenen. Hormonrezeptor-assoziierte, luminale Gene sind dagegen nicht aktiv.

Etwa 15 – 20 % der Karzinome entsprechen dem HER2-Subtyp. Die Karzinome sind in der Regel HER2-positiv und Hormonrezeptor-negativ. Typisch für diesen Subtyp sind ein jüngeres Erkrankungsalter, ein aggressiverer Verlauf und frühe Rückfälle. Durch zielgerichtete Anti-HER2-Therapien hat sich die Prognose jedoch deutlich verbessert.

Basaler Typ ("basal-like")

Der basale Subtyp ist durch eine hohe Aktivität von Genen gekennzeichnet, die mit der Zellproliferation in Verbindung stehen. Gleichzeitig werden auch sogenannte basale Gene vermehrt abgelesen. Dazu gehören Gene für hochmolekulare Zytokeratine (wie CK 5/6, 14, 17, 19), P-Cadherin und den epidermalen Wachstumsfaktor-Rezeptor (EGFR). Die Aktivität der Hormonrezeptor-assoziierten, luminalen Gene und der Gene des HER2-Clusters ist bei dem basalen Subtyp gering.

Der basale Subtyp macht etwa 10 – 20 % der Karzinome aus. Histologisch umfasst diese Gruppe verschiedene Typen mit unterschiedlicher Prognose. In den meisten Fällen handelt es sich jedoch um triple-negative Tumoren mit hohem Grading und aggressiverem Verlauf, die insbesondere bei jüngeren Frauen auftreten.

Immunhistochemische Entsprechungen

Zum Weiterlesen:

Informationen zu molekularbiologischen Untersuchungen bei Krebs finden Sie auch auf unseren Internetseiten.

Da umfangreiche Genexpressionsanalysen für die Routinediagnostik zu aufwendig sind, hat sich in der klinischen Praxis eine vereinfachte Einteilung des Mammakarzinoms durchgesetzt. Sie beruht auf dem Nachweis von Östrogen- und Progesteronrezeptoren (ER, PR), HER2 und Ki-67, einem Marker für die Zellteilungsaktivität. Diese Marker können immunhistochemisch bestimmt werden, bei Unklarheiten hinsichtlich des HER2-Status gegebenenfalls ergänzt durch eine In-situ-Hybridisierung.

Bei einer Konsensuskonferenz 2013 in St. Gallen haben sich internationale Brustkrebsexperten auf die folgende Einteilung geeinigt:

  • Luminal A: ER und PR positiv, HER2 negativ, Ki-67 niedrig
  • Luminal B, HER2 negativ: ER positiv, HER2 negativ und Ki-67 hoch oder PR negativ oder niedrig
  • Luminal B, HER2 positiv: ER positiv, HER2 positiv
  • HER2-positiv (nicht luminal): ER und PR negativ, HER2 positiv
  • Triple-negativ: ER, PR und HER2 negativ

Keine vollständige Übereinstimmung

Die so definierten Untergruppen entsprechen zwar weitgehend den molekular definierten Brustkrebssubtypen, stimmen aber nicht vollständig mit ihnen überein.

Korrelation basaler und triple-negativer Subtyp

Insbesondere bei dem (auf Genexpressionsanalysen beruhenden) basalen Subtyp und dem (immunhistochemisch bestimmten) triple-negativen Typ gibt es Unterschiede: So entsprechen mit rund 80 % zwar die meisten, aber eben nicht alle triple-negativen Tumoren dem basalen Subtyp. Umgekehrt sind rund 30 % der Tumoren des basalen Subtyps immunhistochemisch nicht triple-negativ.

Korrelation luminaler und Hormonrezeptor-positiver Typ

Auch bei den luminalen Karzinomen gibt es Abweichungen: Zwar entsprechen etwa 90 % der Hormonrezeptor-positiven Tumoren dem luminalen Subtyp. Jedoch liegt bei einem Teil der Patientinnen mit Hormonrezeptor-positivem Brustkrebs bei Genexpressionsanalyse ein nicht-luminaler molekularer Subtyp vor.

Unterscheidung Luminal A von Luminal B

Ein weiteres Problem ist es, Luminal-A- und Luminal-B-Karzinome sicher voneinander abzugrenzen. Dazu wird vor allem der Proliferationsmarker Ki-67 genutzt. Allerdings gibt es sowohl methodische Herausforderungen bei der Bestimmung als auch Probleme, einen Schwellenwert für Ki-67 festzusetzen: Die Autoren der aktuell gültigen S3-Leitlinie zur Brustkrebsdiagnostik und Therapie gehen bei einem Ki-67 von 25 % oder mehr von einem erhöhten Rückfallrisiko aus.

Bedeutung für die Brustkrebs-Therapie

Mit jedem der Brustkrebssubtypen verbindet sich eine Therapieempfehlung:

  • Patientinnen mit einem luminalen, Hormonrezeptor-positiven Karzinom erhalten eine antihormonelle Therapie, bei einem Luminal-B-Subtyp zusätzlich eine Chemotherapie. Wegen des möglicherweise erhöhten Rückfallrisikos kann bei Frauen mit einem Luminal-B-Tumor überlegt werden, die antihormonelle Therapie über fünf Jahre hinaus auszudehnen.
  • Patientinnen mit einem HER2-positiven Tumor erhalten eine Anti-HER2-Therapie in Kombination mit einer Chemotherapie.
  • Bei einem triple-negativen Karzinom empfehlen die Ärztinnen und Ärzte in der Regel eine Chemotherapie.

Fazit

Mithilfe umfangreicher Genexpressionsuntersuchungen lassen sich verschiedene molekulare Brustkrebssubtypen unterscheiden. In der klinischen Praxis hat sich eine vereinfachte Einteilung durchgesetzt: Sie beruht auf der Bestimmung einiger weniger immunhistochemischer Routinemarker.

Als luminal werden Karzinome bezeichnet, die immunhistochemisch nachweisbare Hormonrezeporen aufweisen. Die betroffenen Frauen werden daher in der Regel mit einer antihormonellen Therapie behandelt. Abhängig von dem genauen Subtyp kann diese durch eine Chemotherapie und/oder eine zielgerichtete Anti-HER2-Therapie ergänzt werden.



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