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Erste Leitlinie zu Komplementärmedizin in der Onkologie erschienen

Fundierte Aussagen zu KAM

Kann Selen Nebenwirkungen verringern? Wirkt Vitamin E bei Neuropathie? Was bringt Akupunktur? Verursacht Kurkumin Wechselwirkungen mit Medikamenten? krebsinformationsdienst.med informiert über die neue S3-Leitlinie.

Mörser mit Kräutern, Blüten und Pistill auf Marmorplatte mit weiteren Kräutern, Blättern in Holzkorb, Schälchen mit Dragees und Tabletten sowie zwei Braunglasflaschen mit Pipette
Komplementäre und alternative Methoden erfreuen sich bei vielen Krebsbetroffenen großer Beliebtheit. © Pat_Hastings, Shutterstock

Die S3-Leitlinie "Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen" richtet sich an Ärztinnen und Ärzte sowie alle Berufsgruppen, die mit der Versorgung von Krebsbetroffenen befasst sind. Außerdem können interessierte Patienten, unabhängig von der Art der Krebserkrankung, sowie Angehörige diese Querschnittsleitlinie nutzen.

Mit fast 600 Seiten liegt ein umfangreiches Nachschlagewerk vor, das es ermöglicht, häufige Patientenfragen zu komplementären und alternativen Methoden (KAM) evidenzbasiert zu beantworten. Für einige Methoden werden konkrete Empfehlungen ausgesprochen, von anderen Maßnahmen wird abgeraten. Die Leitlinie informiert auch darüber, wenn derzeit für bestimmte Substanzen oder Verfahren keine ausreichende Evidenz vorliegt, um eine Empfehlung auszusprechen.

Wissenschaftlich basierte Informationen zu KAM

KAM – was ist das?

KAM steht für komplementäre und alternative Methoden.
Die Komplementärmedizin (komplementär = ergänzend) wird in der Regel zusätzlich zur schulmedizinischen Behandlung angewendet. Alternative Verfahren werden anstelle der Standardtherapie eingesetzt.
Beispiele sind pflanzliche Arzneimittel, Heilverfahren wie Homöopathie, Akupunktur, traditionelle chinesische Medizin, bestimmte Ernährungstheorien oder bioenergetische Verfahren.

Viele Krebspatientinnen und -patienten möchten durch die Einnahme von pflanzlichen Substanzen oder mit bestimmten Methoden ihren Krankheitsverlauf günstig beeinflussen oder Nebenwirkungen der Therapie lindern. Häufig sprechen Betroffene aber nicht mit ihren behandelnden Ärzten, wenn sie eine komplementäre Maßnahme anwenden oder sogar erwägen, sich alternativmedizinisch behandeln zu lassen.

Ziel dieser S3-Leitlinie ist es, wissenschaftlich basiert über komplementäre oder alternative Methoden (KAM) zu informieren. Das soll die Qualität der Versorgung verbessern, die Situation der an Krebs Erkrankten stärken, die Therapieadhärenz verbessern und Betroffene besser vor unerwünschten Wirkungen und Interaktionen schützen.

Inhalte der Leitlinie

In der Leitlinie sind evidenzbasierte Aussagen zu folgenden Methoden und Verfahren zu finden:

  • Methoden zur Verbesserung von Symptomen und der Lebensqualität unter Tumortherapie bei zum Beispiel Angst, erektiler Dysfunktion, Geschmackstörungen, Schlafstörungen, Fatigue, kognitiven Beeinträchtigungen, menopausalen Symptomen, Mukositis, peripherer Polyneuropathie, Schmerz, Stress oder Mundtrockenheit (Xerostomie)
  • Akupunktur, Akupressur, anthroposophische Medizin, Homöopathie und klassische Naturheilverfahren
  • Mind-Body-Verfahren wie Meditation, Mindfulness-based Stress Reduction (MBSR), multimodale und integrative Verfahren, Tai Chi / Qigong und Yoga
  • Bioenergiefeldtherapien, Chirotherapie / Osteopathie / kraniosakrale Therapie, Hyperthermie, Reflextherapie, Schwedische Massage, Shiatsu / Tuina und Sport / Bewegung
  • Einnahme von Carnitin, Selen, Vitaminen, Zink, Enzymen und Phytotherapeutika (zum Beispiel Aloe Vera, Traubensilberkerze, Ginkgo, Ginseng, „Heilpilze", Ingwer, Mistel, Johanniskraut, Katzenkralle, Leinsamen, Mariendistel und Rhabarber) oder Anwendung ketogener Diät
  • Sekundäre Pflanzenstoffe: Kurkumin, Epigallocatechingallat, Isoflavone, Lycopin und Resveratrol

Die Empfehlungen sind im Anhang der Leitlinie übersichtlich in Tabellenform zusammengefasst.

Wechselwirkungen mit Arzneimitteln sind möglich

Mögliche Risiken von KAM: Problematisch wird der Einsatz einer komplementärmedizinischen oder alternativen Methode (KAM) vor allem dann, wenn die Patientin oder der Patient deswegen eine empfohlene Standardtherapie nicht beendet oder ganz unterlässt. Aber auch eine gleichzeitige Anwendung birgt Risiken, wie etwa Wechselwirkungen mit der Standardtherapie. Interagiert eine KAM mit Krebsmedikamenten, kann dies die Behandlung abschwächen, aber auch verstärkte Nebenwirkungen ergeben.

KAM ansprechen: Die Leitlinienautoren weisen darauf hin, dass Ärzte ihre Patientinnen und Patienten idealerweise frühestmöglich und im Verlauf der Behandlung wiederholt zur aktuellen und geplanten Anwendung von komplementären Maßnahmen befragen sollten. Dabei sollten sie mögliche Interaktionen zwischen diesen Anwendungen und der Krebstherapie gezielt ansprechen. Ärztinnen und Ärzte sowie weitere in der Onkologie tätige Berufsgruppen sollten die Wirkweise, Indikation, Kontraindikation und die Grenzen von komplementären und alternativen Methoden bei onkologischen Patienten kennen.

Die Leitlinie enthält einen Fragebogen, den Ärztinnen und Ärzte nutzen können, um zu erfassen, ob Krebsbetroffene KAM anwenden. Im Fragebogen ist für verschiedene Methoden und Verfahren zudem angegeben, ob Wechselwirkungen zu erwarten sind oder nicht.



krebsinformationsdienst.med: Service für Fachkreise



Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Fachkreise-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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