Wie viele Krebspatienten sind betroffen?
In den meisten Studien zum Thema bewegte sich der Anteil an Patienten, bei denen eine Hyperprogression festgestellt wurde, im Bereich von etwa 10 Prozent. Es gab aber auch abweichende Beobachtungen. Wichtig zu berücksichtigen ist dabei, dass diese Ergebnisse von den unterschiedlich Grenzwerten und Messverfahren abhängen, die in der jeweiligen Studie angelegt werden. Das erschwert den Vergleich der Studienergebnisse.
Hyperprogression und Checkpoint-Hemmer: ursächlicher Zusammenhang?
Das ist bisher nicht abschließend geklärt. Bisher gibt es lediglich Ergebnisse rückblickender Studien, die von Experten als Hinweise auf einen möglichen Zusammenhang interpretiert werden.
Auch unter anderen Therapien wie einer Chemotherapie kann sich bei Krebspatienten eine hyperprogrediente Erkrankung entwickeln. Selbst bei einer nicht behandelten Krebserkrankung kann dies nicht ausgeschlossen werden. Krebszellen verändern sich im Verlauf der Erkrankung weiter. Sie können dabei neue Eigenschaften erwerben, die sie zu aggressiverem Wachstum befähigen.
Bisherige Studienergebnisse
In einigen Studien hatten mehr Krebspatienten unter Checkpoint-Hemmern eine Hyperprogression als beispielsweise unter einer Chemotherapie. Dies war jedoch nicht in jeder Studie beziehungsweise nach jedem angelegten Kriterium der Fall. Insgesamt gibt es bisher nur sehr wenige vergleichende Studien zu dieser Fragestellung.
Tritt Hyperprogression unter allen Checkpoint-Hemmern auf?
Patienten, bei denen von einer Hyperprogression berichtet wurde, hatten in der Regel PD-1-Hemmer oder PD-L1-Hemmer erhalten. Dies spiegelt allerdings auch den häufigeren Einsatz dieser Medikamente im Vergleich mit anderen Checkpoint-Inhibitoren wider.
Mögliche Gründe für eine Hyperprogression
An der Entstehung einer Hyperprogression könnten Komponenten der angeborenen Immunantwort, aber auch regulatorische T-Zellen beteiligt sein. Hinweise darauf stammen aus Versuchen an Mäusen. Hier ist weitere Forschung notwendig.
Wie könnte man den Zusammenhang weiter untersuchen?
Kontrollierte klinische Studien, in denen Patienten in einem Studienarm eine etablierte Therapie vorenthalten wird, sind aus ethischen Gründen nicht durchführbar. Deshalb muss sehr wahrscheinlich neben weiteren Beobachtungsstudien auch auf weitere Studien aus dem Bereich der Grundlagenforschung zurückgegriffen werden. Diese sind aber nur begrenzt auf den Menschen übertragbar.
Kann man eine Hyperprogression vorhersagen?
Es wird bereits nach Biomarkern und anderen Faktoren gesucht, die die Wahrscheinlichkeit einer Hyperprogression unter Checkpoint-Hemmern vorhersagen können.
Bisher noch zu wenige Daten
Die bisherigen Studien ergeben noch kein klares Bild. Ein hohes Patientenalter, EGFR-Mutationen oder weitere Genveränderungen sowie die Anzahl an Metastasen wurden in einzelnen Studien als mögliche Marker identifiziert. Andere Studien konnten dies nicht bestätigen. Darum müssen weitere Untersuchungen abgewartet werden.
Derzeitiges Fazit
Bei einem kleinen Anteil von Krebspatienten kommt es unter einer Immuntherapie mit Checkpoint-Hemmern zu einem schnellen oder sehr schnellen Fortschreiten der Erkrankung. Das zeigen bisherige Studien und Erfahrungen aus der klinischen Praxis.
Die Symptomatik ist entscheidend
Treten unter einer Behandlung mit Checkpoint-Hemmern klinische Symptome auf, die ein rasches Fortschreiten der Erkrankung vermuten lassen, sollte an eine Hyperprogression gedacht werden. Ein alleiniger radiologischer Progress reicht Experten zufolge wahrscheinlich nicht aus, um eine Hyperprogression von einer Pseudoprogression zu unterscheiden.
Wie weiter vorgehen bei Verdacht auf Hyperprogression?
Wird von einer Hyperprogression ausgegangen, empfehlen Experten derzeit, die Immuntherapie abzubrechen und gegebenenfalls eine andere Therapie einzuleiten, beispielsweise eine Chemotherapie.
Das optimale Vorgehen in dieser Situation muss jedoch noch weiter untersucht werden.
Zum Weiterlesen: Verwendete Quellen und vertiefende Informationen
Übersichtsarbeiten und Fachveröffentlichungen
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Champiat S, Ferrara R, Massard C, Besse B, Marabelle A, Soria JC, Ferté C. Hyperprogressive disease: recognizing a novel pattern to improve patient management. Nat Rev Clin Oncol. 2018; 15(12):748-762. doi: 10.1038/s41571-018-0111-2.
Frelaut M, Le Tourneau C, Borcoman E. Hyperprogression unter Immunotherapy. Int J Mol Sci. 2019; 20(11). pii: E2674. doi: 10.3390/ijms20112674.
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Jia W, Gao Q, Han A, Zhu H, Yu J. The potential mechanism, recognition and clinical significance of tumor pseudoprogression after immunotherapy. Cancer Biol. Med. 2019; 16(4): 655-670. doi: 10.20892/j.issn.2095-3941.2019.0144.
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