Hypofraktionierte Strahlentherapie bei Brustkrebs

Neuer Standard nach brusterhaltender Operation

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Die neue S3-Leitlinie Mammakarzinom bringt jetzt eine spürbare Verbesserung für Betroffene mit Brustkrebs. Mit Einführung der Hypofraktionierung verkürzt sich die Gesamtbestrahlungszeit auf fast die Hälfte. Was versteht man unter Hypofraktionierung? Welche Patientinnen profitieren von einer hypofraktionierten Bestrahlung? krebsinformationsdienst.med hat die aktuellen Empfehlungen zur hypofraktionierten Strahlentherapie nach brusterhaltender Operation für Sie zusammengefasst.

Hypofraktionierung: Was bedeutet das?

Untersuchungsraum mit elektrischer Untersuchungsliege und Linearbeschleuniger zur Strahlentherapie.

Die adjuvante Bestrahlung nach der Operation eines invasiven Brustkrebses senkt die Wahrscheinlichkeit für einen Rückfall und die Brustkrebssterblichkeit. Nach den Empfehlungen der neuen S3-Leitlinie Mammakarzinom sollen brusterhaltend operierte Patientinnen jetzt bevorzugt hypofraktioniert bestrahlt werden.

Höhere Einzeldosis – kürzere Gesamtbehandlungszeit
Bis vor wenigen Jahren war die Bestrahlung der operierten Brust mit einer Gesamtdosis von rund 50 Gy Standard. Die Gesamtstrahlendosis wurde dabei in 25 bis 28 Einzeldosen (Fraktionen) von 1,8 bis 2,0 Gy aufgeteilt. Für die Patientinnen bedeutete dies in der Regel eine Behandlung über 5 bis 6 Wochen, in denen sie an den Wochentagen täglich zur Bestrahlung mussten. Wird dagegen hypofraktioniert mit höheren Einzeldosen von 2,66 bis 3,3 Gy bestrahlt, lässt sich die Gesamtbehandlungszeit auf etwa 3 Wochen verkürzen (15 bis 16 Fraktionen). Die Gesamtdosis bei hypofraktionierter Bestrahlung ist mit rund 40 Gy etwas geringer als bei konventionell fraktionierter Strahlentherapie. Das liegt daran, dass die Strahlenwirkung auf Krebszellen und auf gesunde Körperzellen ausbalanciert werden muss: Bei höheren Einzeldosen pro Zeitintervall muss die Gesamtstrahlendosis entsprechend reduziert werden.

Gleiche Wirksamkeit – weniger akute Nebenwirkungen
Inzwischen liegen Langzeitergebnisse aus vier großen prospektiv randomisierten Studien mit insgesamt mehr als 7.000 Patientinnen vor. Sie zeigen, dass die hypofraktionierte Bestrahlung nach brusterhaltender Operation genauso wirksam ist wie eine konventionell fraktionierte Strahlentherapie. In Hinblick auf akute Nebenwirkungen ist die hypofraktionierte Bestrahlung der konventionell fraktionierten Bestrahlung sogar überlegen: Akute Hautrektionen treten bei hypofraktionierter Bestrahlung seltener auf. Nach den bisher vorliegenden Studienergebnissen sind auch Langzeitnebenwirkungen nicht häufiger als bei konventionell fraktionierter Bestrahlung.

Weitere Vorteile – weniger Belastung und geringere Kosten
Ein weiterer Vorteil für die betroffenen Frauen ist die kürzere Therapiedauer. Das bedeutet, dass Patientinnen insgesamt weniger Bestrahlungstermine haben. Positiver Nebeneffekt für das deutsche Gesundheitssystem: Möglicherweise reduzieren sich auch die Behandlungskosten. Das Therapiekonzept der Hypofraktionierung wird aktuell auch bei anderen Krebserkrankungen geprüft und angewendet, beispielsweise beim Prostatakarzinom des Mannes.

Was empfiehlt die S3-Leitlinie?

Empfehlungen und Leitlinien zur Brustkrebstherapie

Die aktualisierte S3-Leitlinie zur Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms ist im Dezember 2017 erschienen. Erstmals empfehlen die Autoren die hypofraktionierte Strahlentherapie der operierten Brust als Therapie der Wahl für alle brusterhaltend operierten Patientinnen, bei denen keine Bestrahlung der Lymphabflusswege geplant ist.

Nicht verändert haben sich in der neuen Leitlinie die Indikationen zur zusätzlichen Aufsättigung des Tumorbettes (Boost). Die Boostbestrahlung wird Patientinnen mit einem erhöhten lokalen Rückfallrisiko ergänzend empfohlen. Die Boostbestrahlung schließt sich dann an die hypofraktionierte Bestrahlung an.

Wann sollte nicht hypofraktioniert bestrahlt werden?
Nicht hypofraktioniert bestrahlt werden sollten Patientinnen, bei denen eine Bestrahlung der Lymphabflusswege geplant ist. Eine Bestrahlung der Lymphabflusswege empfehlen die Autoren der S3-Leitlinie, wenn 4 oder mehr axilläre Lymphknoten befallen sind oder bestimmte Risikofaktoren vorliegen. Zu den Risikofaktoren gehören beispielsweise Prämenopause, lateraler oder zentraler Tumorsitz, hohes Grading und negative Hormonrezeptoren. In dieser Situation empfehlen die Leitlinienautoren die Hypofraktionierung nur im Rahmen von Studien. Bisher ist nämlich unklar, ob die hypofraktionierte Bestrahlung der Brust in Verbindung mit einer Bestrahlung der Lymphabflusswege langfristig zu mehr Nebenwirkungen führt. Insbesondere können mehr Schäden an dem den Arm versorgenden Nervengeflecht (Plexus brachialis) und ein höheres Lymphödemrisiko nicht vollständig ausgeschlossen werden.

Zum Weiterlesen: Verwendete Quellen und vertiefende Informationen

Allgemeine Informationen zu Leitlinien und evidenzbasierter Medizin finden Sie auf den Internetseiten des Krebsinformationsdienstes unter www.krebsinformationsdienst.de/grundlagen/ebm-leitlinien.php.

Leitlinien und systematische Übersichtsarbeiten
Für das Leitlinienprogramm Onkologie sind die Deutsche Krebsgesellschaft (DKG), die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) und die Deutsche Krebshilfe (DKH) verantwortlich. Bei der Erstellung der evidenzbasierten Texte sind weitere Fachgesellschaften sowie Patientenvertreterinnen einbezogen. Die aktuelle Version der S3-Leitlinie Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Mammakarzinoms (Version 4.0, Stand 12/2017) als Kurz- und Langfassung zum Herunterladen findet sich unter www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/mammakarzinom/.

Die Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie e.V. (AGO, www.ago-online.de) ist eine selbständige Gemeinschaft der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG). Die aktuellen Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) Kommission Mamma finden sich online unter https://www.ago-online.de/leitlinien-empfehlungen/leitlinien-empfehlungen/kommission-mamma.

Auf der internationalen St. Gallen Brustkrebskonferenz, die zuletzt 2017 in Wien stattfand, diskutieren internationale Experten zum Thema Brustkrebs. Die Abstimmungsergebnisse dienen als Orientierung für viele Brustkrebsspezialisten, haben aber nicht den Charakter einer Leitlinie. Gnant M et al. (2017). St. Gallen/Vienna 2017: A Brief Summary of the Consensus Discussion about Escalation and De-Escalation of Primary Breast Cancer Treatment. Breast Care (Basel). 12(2):102-107. doi: 10.1159/000475698.

Die Cochrane Collaboration will mit systematischen Übersichtsarbeiten verlässliche Grundlagen für informierte medizinische Entscheidungen schaffen. Aktueller Cochrane Review zur hypofraktionierten Bestrahlung bei Brustkrebs: Hickey BE et al. (2016). Partial breast irradiation for early breast cancer. Cochrane Database Syst Rev. 7:CD007077. doi: 10.1002/14651858.CD007077.pub3.

Weitere Übersichtsarbeiten und Fachveröffentlichungen
Haviland JS, Owen JR, Dewar JA, Agrawal RK, Barrett J, Barrett-Lee PJ, Dobbs HJ, Hopwood P, Lawton PA, Magee BJ et al. (2013). The UK Standardisation of Breast Radiotherapy (START) trials of radiotherapy hypofractionation for treatment of early breast cancer: 10 year follow-up results of two randomised controlled trials. Lancet Oncol. 1 4(11):1086-94. doi: 10.1016/S1470-2045(13)70386-3.

Morigi C (2017). Highlights from the 15th St Gallen International Breast Cancer Conference 15 – 18 March, 2017, Vielnna: tailores treatments fo patients with early breast cancer. Ecancermedicalscience. 11:732. doi: 10.3332/ecancer.2017.732. eCollection 2017.

Owen JR, Ashton A, Bliss JM, Homewood J, Harper C, Hanson J, Haviland J, Bentzen SM, Yarnold JR (2006). Effect of radiotherapy fraction size on tumor control in patients with early-stage breast cancer after local tumor excision: long-term results of a randomized trial. Lancet Onco. 7(6):467-71.

Shaitelman SF, Schlembach PJ, Arzu I, Ballo M, Bloom ES, Buchholz D, Chronowski GM, Dvorak T, Grade E, Hoffman KE et al. (2015). Acute and Short-term Toxic Effects of Conventionally Fractionated vs. Hypofractionated Whole- Breast Irradiation: A Randomized Clinical Trial. JAMA Oncol. 1(7):931-41. doi: 10.1001/jamaoncol.2015.2666.

Whelan TJ, Pignol JP, Levine MN, Julian JA, MacKenzie R, Parpia S, Shelley W, Grimard L, Bowen J, Lukka H et al. (2010). Long-Term Results of Hypofractionated Radiation Therapy for Breast Cancer. N Engl J Med. 362(6):513-20.

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