Hodgkin-Lymphom: Langzeitnachsorge unverzichtbar

Lebenslang auf Spätfolgen achten

Erstellt am:

Bitte beachten Sie:
Diese Nachricht ist bereits älter als 180 Tage. Unsere News werden NICHT NACHTRÄGLICH AKTUALISIERT. Sie haben Fragen zu diesem Thema? Unsere Ärztinnen und Ärzte stehen Ihnen gerne zur Verfügung. Sie erreichen uns am Telefon und per E-Mail.

Das Hodgkin-Lymphom ist eine Erkrankung, die vor allem Jugendliche und junge Erwachsene betrifft. Heute ist diese Tumorerkrankung aufgrund der guten Behandlungsmöglichkeiten bei den meisten Patienten heilbar. Spätfolgen der häufig kombiniert eingesetzten Radiochemotherapie treten oft erst Jahre bis Jahrzehnte nach Abschluss der Behandlung auf. Welche Organsysteme vor allem betroffen sind, wie hoch das Risiko für Langzeitnebenwirkungen sein kann und welche Themen bei der Nachsorge eine Rolle spielen, hat krebsinformationsdienst.med für Sie zusammengestellt.

Behandlung des Hodgkin-Lymphoms: Eine Erfolgsgeschichte

Auf der rechten Seite eines aufgeschlagenen Ringbuchs steht in roter Schrift "Medical Check Up", auf der linken Seite liegen ein Stetoskop und eine Spritze.
Auf der rechten Seite eines aufgeschlagenen Ringbuchs steht in roter Schrift "Medical Check Up", auf der linken Seite liegen ein Stetoskop und eine Spritze.
Bild: mawardibahar/Fotolia

Über die letzten 50 Jahre haben sich die Heilungschancen für Patientinnen und Patienten mit einem Hodgkin-Lymphom dramatisch verbessert. Heutzutage können mehr als 90 % der Patienten mit einem örtlich begrenzten und mehr als 80 % der Patienten mit einem fortgeschrittenen Hodgkin-Lymphom geheilt werden. Möglich wurde dies vor allem, weil die Chemotherapie schrittweise weiterentwickelt und die Strahlentherapie optimiert wurde. Hodgkin-Patienten wurden in den 70- und 80-iger Jahren vor allem großflächig bestrahlt. Heute erhalten die Patienten eine kombinierte Radiochemotherapie oder eine alleinige Chemotherapie. Die Bestrahlung erfolgt mit geringerer Dosis und ist weitgehend auf die Lymphome beschränkt.

Späte Rückfälle sind selten

Rückfälle treten vor allem in den ersten 5 Jahren nach der Behandlung auf. In dieser Zeit erfolgt eine engmaschige Nachsorge, die in der Regel vom entsprechenden Behandlungszentrum koordiniert wird. Ein Rückfall kann so rechtzeitig erkannt und oft erfolgreich behandelt werden.

Spätfolgen erkennen: Eine interdisziplinäre Aufgabe

Dank der sehr guten Behandlungserfolge werden immer mehr Patienten mit einem Hodgkin-Lymphom Langzeitüberlebende der Krebserkrankung. Diese positive Entwicklung stellt jedoch sowohl Patienten als auch betreuende Haus- und Fachärzte vor eine neue Herausforderung: Denn gerade dann, wenn 5 bis 10 Jahre nach Diagnosestellung das Lymphom als geheilt gilt, können Spätfolgen der Behandlung auftreten. Prinzipiell kann jedes Organsystem betroffen sein. Im Vordergrund stehen mögliche Nebenwirkungen am Herzen, hormonelle Störungen und Unfruchtbarkeit, Nebenwirkungen an der Lunge, die Entwicklung einer Fatigue sowie ein erhöhtes Risiko für Zweittumoren. Junge Patientinnen, die im Brustbereich bestrahlt wurden, haben ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs. Zweitmalignome können beispielsweise aber auch die Schilddrüse, den Magen-Darm-Trakt oder das blutbildende und lymphatische System betreffen. Aufgrund der vielfältigen möglichen Beschwerden und der verschiedenen Organsysteme, die betroffen sein können, ist eine interdisziplinäre Langzeitnachsorge sinnvoll.

Risiko abhängig vom Erkrankungsalter und der Therapieintensität

Spätfolgen können bei allen ehemaligen Hodgkin-Patienten auftreten – egal, wie alt sie zum Zeitpunkt der Behandlung waren. Für einige Spätfolgen ist das Risiko höher, je jünger ein Patient bei Therapiebeginn ist. Unter anderem gilt dies für das Brustkrebsrisiko: Besonders gefährdet sind Frauen, die bei Diagnosestellung jünger als 30 Jahre alt waren.

Spätfolgen stehen in engem Zusammenhang mit der Art und Dosis der applizierten Therapie. Eine aktuelle Auswertung deutscher Langzeitdaten von Hodgkin-Patienten, die im Kindes- und Jugendalter behandelt wurden, zeigt: Das Risiko für kardiale Spätfolgen ist eng mit der Gabe herzbelastender Chemotherapeutika und der Strahlendosis für das Mediastinum verbunden. Bei hoher Strahlendosis im Bereich des Herzens sind kardiale Spätfolgen nach 30 Jahren bei jedem dritten Patienten zu erwarten. Schilddrüsenfunktionsstörungen, in der Regel eine Hypothyreose, entwickeln sich bei etwa 40 % der Patienten innerhalb von 14 Jahren nach der Behandlung, wenn Schilddrüsengewebe mit bestrahlt wurde. Das Risiko, innerhalb von 30 Jahren einen Zweittumor zu entwickeln, lag in dieser Studie für alle Patienten bei insgesamt 19 %. Für Frauen nach einer Bestrahlung im Brustbereich lag das kumulative Zweitkrebsrisiko nach 30 Jahren bei knapp 30 % – insbesondere aufgrund des hohen Brustkrebsrisikos. Auch für Hodgkin-Patienten, die im Erwachsenenalter behandelt wurden, liegen vergleichbare Studiendaten vor.

Nachsorge des Hodgkin-Lymphoms: Lebenslang sinnvoll

Eine frühzeitige Behandlung von Spätfolgen soll ernsthaften gesundheitlichen Einschränkungen entgegenwirken. Eine sorgfältige Aufklärung über die möglichen Langzeitrisiken und den Nutzen der Kontrollen kann die Patienten nachhaltig motivieren, Nachsorgetermine auch über die ersten 5 Jahre hinaus verlässlich wahrzunehmen.

Die Nachsorge ehemaliger Hodgkin-Patienten sollte lebenslang erfolgen. Basis ist nach Ansicht von Experten ein jährlicher Gesundheits-Check-Up. Welche Vorsorgeuntersuchungen notwendig sind, muss für jeden Patienten individuell festgelegt werden. Wichtig ist in diesem Zusammenhang vor allem, welche Chemotherapie der Patient erhalten hat, wo und mit welcher Dosis bestrahlt wurde und wie alt der Patient beziehungsweise die Patientin zum Zeitpunkt der Behandlung war. Auch zusätzliche individuelle Risikofaktoren müssen mit berücksichtigt werden. Wichtige Punkte der Langzeitnachsorge sind unter anderem:

  • Ausführliche Anamnese und körperliche Untersuchung
  • Aufklärung über beziehungsweise Behandlung von Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht, Bewegungsarmut, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Diabetes und andere
  • Diagnostik zur Abklärung von Schilddrüsenfunktionsstörungen
  • Diagnostik zur Abklärung von Herz- und Gefäßerkrankungen wie beispielsweise koronare Herzkrankheit, Herzklappendefekte, Myokardinsuffizienz, Karotisstenose und andere
  • Diagnostik zur Abklärung von Lungenfunktionsstörungen (vor allem nach Bestrahlung des Mediastinums)
  • Aufklärung und Beratung über allgemein empfohlene Krebs-Vorsorgeuntersuchungen
  • Intensivierte Brustkrebsvorsorge bei Frauen, die im Brustbereich bestrahlt wurden
  • Beratung bezüglich Fertilität und Kinderwunsch
  • Beratung und Infektionsprophylaxe bei Patienten ohne Milzfunktion, beispielsweise nach Milzentfernung oder Milzbestrahlung

Die Behandlung einzelner Langzeitnebenwirkungen erfolgt in aller Regel auf der Basis aktueller Empfehlungen – zum Beispiel entsprechend nationaler Versorgungsleitlinien (www.versorgungsleitlinien.de).

Empfehlungen der Fachgesellschaften

Sowohl nationale als auch internationale Fachgesellschaften haben Empfehlungen zur Langzeitnachsorge von Hodgkin-Patienten formuliert. Sie basieren bislang überwiegend auf Expertenwissen und weichen in einigen Punkten auch voneinander ab. Empfehlungen einzelner Fachgesellschaften für die Langzeitnachsorge nach einem Hodgkin-Lymphom haben wir für Sie im Abschnitt "Zum Weiterlesen: Ansprechpartner, vertiefende Informationen und verwendete Quellen" zusammengestellt.

Kontinuierliche Anpassung der Empfehlungen erforderlich

Empfehlungen für die Langzeitnachsorge müssen immer wieder neu angepasst werden: Denn die Behandlung der Hodgkin-Patienten entwickelt sich weiter: Zunehmend maßgeschneiderte Therapiestrategien sollen in Zukunft nicht nur eine hohe Heilungschance, sondern auch ein immer geringeres Risiko für Langzeitnebenwirkungen bieten.

Ansprechpartner

Hausärzte oder betreuende Fachärzte sind häufig die ersten Ansprechpartner bei Fragen zur Langzeitnachsorge. Um die Untersuchungen entsprechend den neusten Erkenntnissen individuell zu planen und zu koordinieren, kann es hilfreich sein, Experten auf diesem Gebiet zu kontaktieren. Ob einzelne Untersuchungen von der Krankenkasse des Patienten übernommen werden, sollte jeweils vorab geklärt werden.

Ansprechpartner für die (Langzeit-)Nachsorge von Hodgkin-Patienten kann zunächst die Klinik sein, in der der Patient ursprünglich onkologisch behandelt wurde. Darüber hinaus gibt es zunehmend Zentren, die eine interdisziplinäre Sprechstunde für ehemalige Krebspatienten anbieten. Insbesondere gilt dies für Patienten, die im Kindes- und Jugendalter erkrankt sind. Auch spezielle Survivorship-Sprechstunden für ehemalige Krebspatienten, die bei der Krebsdiagnose bereits erwachsen waren, sind vielerorts im Aufbau. Einzelne Ansprechpartner für die Langzeitnachsorge nach einem Hodgkin-Lymphom haben wir für Sie im Abschnitt "Zum Weiterlesen: Ansprechpartner, vertiefende Informationen und verwendete Quellen" zusammengestellt.

Zum Weiterlesen: Ansprechpartner, vertiefende Informationen und verwendete Quellen

Ansprechpartner für die Langzeitnachsorge (Beispiele)

  • Nachsorge-Sprechstunden für Patienten, die im Kindes- und Jugendalter mit einer Krebserkrankung wie dem Hodgkin-Lymphom behandelt wurden, finden sich beispielsweise auf den Seiten www.kinderkrebsinfo.de unter www.kinderkrebsinfo.de/services/nachsorge_angebote/index_ger.html.
  • Beratender Ansprechpartner für die Langzeitnachsorge von Patienten, die im Erwachsenenalter wegen eines Hodgkin-Lymphoms behandelt wurden, kann die Studienzentrale der Deutschen Hodgkin-Studiengruppe (GHSG) in Köln sein: www.ghsg.org/kontakt
  • Ansprechpartner für die intensivierte Brustkrebs-Früherkennung bei Frauen, die im Kindes-, Jugend- oder jungen Erwachsenenalter eine Strahlentherapie erhalten haben, bei der zumindest Teile der Brust erfasst wurden, sind die Zentren für Familiären Brust- und Eierstockkrebs des Deutschen Konsortiums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs: www.konsortium-familiaerer-brustkrebs.de/das-konsortium/zentren-des-konsortiums/

Empfehlungen von Fachgesellschaften zur Langzeitnachsorge (Beispiele)

Projekte zur Langzeitnachsorge (Beispiele)
Homepage der Gesellschaft für pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH, www.kinderkrebsinfo.de)

Folgende weiterführenden Informationen zum Thema Langzeitnachsorge hält der Krebsinformationsdienst für Sie und Ihre Patienten bereit:

Weitere Übersichtsarbeiten und Fachveröffentlichungen
Bröckelmann PJ et al. (2017). Late Relapse of Classical Hodgkin Lymphoma: An Analysis of the German Hodgkin Study Group HD7 to HD12 Trials. J Clin Oncol. 2017 May 1;35(13):1444-1450. doi: 10.1200/JCO.2016.71.3289

Dörffel W et al. (2016). Late Effects Following Treatment of Hodgkin Lymphoma During Childhood and Adolescence. Results of the Hodgkin Lymphoma Late Effects Research Project. Klin Padiatr. 2016 Nov;228(6-07):286-293. doi: 10.1055/s-0042-110406

Keilholz H et al. (2014). Langfristige, strukturierte Nachsorge nach kurativer Krebsbehandlung essenziell. Deutsches Ärzteblatt | Jg. 111 | Heft 1–2 | 6. Januar 2014

Kwan A et al. (2017). Improving Survival of Patients With Hodgkin Lymphoma Over 4 Decades: Experience of the British National Lymphoma Investigation (BNLI) With 6834 Patients. Clin Lymphoma Myeloma Leuk. 2017 Feb;17(2):108-119. doi: 10.1016/j.clml.2016.11.004

Schaapveld M et al. (2015). Second Cancer Risk Up to 40 Years after Treatment for Hodgkin's Lymphoma. N Engl J Med. 2015 Dec 24;373(26):2499-511. doi: 10.1056/NEJMoa1505949

Schellong G et al. (2014). Brustkrebs bei jungen Frauen nach Therapie eines Hodgkin-Lymphoms im Kindes- und Jugendalter: Eine Beobachtungsstudie mit bis zu 33 Jahren Follow-up. Dtsch Arztebl Int 2014; 111(1-2): 3-9; doi: 10.3238/arztebl.2014.0003

Sud, A. et al. (2017): Risk of Second Cancer in Hodgkin Lymphoma Survivors and Influence of Family History. Journal of Clinical Oncology. Onlinevorabveröffentlichung am 13. März 2017, doi: 10.1200/JCO.2016.70.9709

van Leeuwen FE and Ng AK (2016). Long-term risk of second malignancy and cardiovascular disease after Hodgkin lymphoma treatment. Hematology Am Soc Hematol Educ Program. 2016 Dec 2;2016(1):323-330. doi: 10.1182/asheducation-2016.1.323

krebsinformationsdienst.med: Wissen gezielt nutzen – ein Angebot für Fachkreise

Sie sind beruflich an der Versorgung von Krebspatienten beteiligt und haben Fragen? Mit dem Angebot krebsinformationsdienst.med unterstützt Sie der Krebsinformationsdienst bei Ihrer Arbeit, mit unabhängigen, aktuellen und qualitätsgesicherten Informationen. krebsinformationsdienst.med steht Ihnen von Montag bis Freitag zur Verfügung:

  • telefonisch von 8.00 bis 20.00 Uhr unter der kostenfreien Rufnummer 0800 - 430 40 50
  • per E-Mail an kid.med@dkfz.de, bei einem Klick öffnet sich ein Kontaktformular für eine sichere Verbindung

Fragen Sie uns. Wir sind für Sie da.

Ärztinnen und Ärzte beantworten Ihre Fragen zu Krebs am Telefon oder per E-Mail – kostenfrei.
Unsere Informationen sind verständlich, aktuell, wissenschaftlich fundiert und qualitätsgesichert.

Ärztlicher Telefondienst

Telefonisch erreichen Sie uns unter 0800 420 30 40 täglich von 8 bis 20 Uhr. Ihr Anruf ist innerhalb Deutschlands kostenlos.

Wir rufen Sie gerne zurück

Sie haben uns nicht erreicht? Oder wollen in einem festen Zeitraum mit uns telefonieren? Dann
können Sie mit unseren Ärztinnen und Ärzten einen Rückruf vereinbaren.

  • Pflichtfelder Bitte hinterlegen Sie eine Telefonnummer unter der Sie persönlich gut zu erreichen sind, wählen Sie unter "Uhrzeit" den Zeitraum, in dem Sie zurückgerufen werden möchten und stimmen Sie unseren Datenschutzbestimmungen zu.

Ärztlicher E-Mail-Service

Schriftliche Anfragen senden Sie bitte entweder