Unsere Antwort
Artesunat oder andere Artemisinin-Derivate haben bisher keinen Stellenwert in der Behandlung von Krebs.
Dennoch gibt es etwa Privatkliniken oder Heilpraktikerpraxen, die diese Substanz als komplementärmedizinische Therapie anbieten – häufig in Form von Infusionen. Eine Wirkung gegen Krebs zeigte Artesunat bisher jedoch nur in Laboruntersuchungen und Tierversuchen. Aussagekräftige Ergebnisse aus klinischen Studien am Menschen fehlen. Fachleute sprechen sich daher weder für noch gegen eine Behandlung mit Artesunat aus: Zu groß sind die Wissenslücken zu dieser Therapie.
Im Folgenden haben wir Hintergrundinformationen zu unserer Antwort für Sie zusammengestellt.
Was genau ist Artesunat?
Artemisia annua oder auch Einjähriger Beifuß ist eine Pflanze, die in der Traditionellen Chinesischen Medizin eingesetzt wird. Der enthaltene Stoff Artemisinin zeigt eine Wirkung gegen Malaria.
Von Artemisinin gibt es abgeleitete Substanzen wie Artesunat. Es ist als Medikament gegen Malaria zugelassen. Ein Nutzen gegen Krebs beim Menschen ist hingegen bisher nicht belegt.
Aktuelle Studienlage
Hinweise, dass Artemisinin und Artesunat gegen Krebs wirken könnten, kommen vor allem aus der Grundlagenforschung. Diese Forschungsergebnisse lassen sich jedoch nicht einfach auf den Menschen übertragen:
- Zahlreiche Studien zeigen in Laborversuchen eine Wirkung von Artemisinin und seinen Abkömmlingen gegen Krebszellen. Dabei können Forschende aber viel höhere Dosierungen einsetzen, als bei Menschen. Außerdem kann der Wirkstoff die Krebszellen sehr viel direkter erreichen, als es im Körper der Fall ist.
- Weitere Erkenntnisse gibt es aus Tierversuchen, beispielsweise mit Mäusen. Hier konnten Artemisinin und Artesunat bei manchen Tumorarten die Metastasierung beeinträchtigen und die Nährstoffversorgung von Tumoren verschlechtern. Aus diesen Studien kann man jedoch ebenfalls nicht auf eine vergleichbare Wirkung bei Menschen mit Krebs schließen.
Ob die Substanzen ebenso beim Menschen wirksam gegen Krebs sind und welche Nebenwirkungen dann möglich sind, müssen Forschende also weiter untersuchen.
Mit Krebserkrankten gibt es bisher nur sehr wenige frühe Studien mit wenigen Teilnehmenden und Einzelfallberichte. Dabei wurden Artemisinin beziehungsweise Artesunat meist zusätzlich zu anderen Krebstherapien eingesetzt. Diese Studien zielten überwiegend darauf ab, die Sicherheit der Substanzen zu beurteilen – sie reichen bisher jedoch nicht aus, um den Nutzen von Artemisinin und Artesunat bei Krebs zu beurteilen.
- Gut zu wissen: Die bisherigen Studien stammen überwiegend aus dem vergangenen Jahrzehnt. Es gibt aktuell nur wenige Studien in den USA, die die Substanzen weiter untersuchen. Auch hierbei handelt es sich jedoch um sehr frühe Studien.
- Wenige Erkenntnisse zu Infusionen mit Artesunat: In diesen bisherigen Studien haben Forschende vor allem die orale Einnahme untersucht, also zum Beispiel in Form von Tabletten. Zu Infusionen mit Artesunat gibt es hingegen noch weniger Studien.
Erfahrungen zu Artesunat einordnen
Auch wenn es keine größeren Studien gibt, finden sich gerade im Internet Berichte zu Erfahrungen mit Artesunat. Dabei ist zu beachten: Erfahrungen von einzelnen Personen sind nicht unbedingt auf die eigene Erkrankungssituation übertragbar. Auch ist nicht immer klar, ob es sich wirklich um echte Erfahrungen handelt oder möglicherweise kommerzielle Interessen dahinterstehen.
Prüfen Sie Erfahrungsberichte zu Artesunat daher genau und sprechen Sie mit Ihrem Behandlungsteam darüber.
Mögliche Risiken von Artesunat und Artemisinin
Wichtig
Wenn Sie über eine zusätzliche Behandlung mit Artesunat nachdenken, besprechen Sie dies mit Ihren behandelnden Ärztinnen und Ärzten. Wägen Sie den von Ihnen erwarteten Nutzen und mögliche Risiken gut gegeneinander ab.
Wegen der fehlenden Studien sind auch Nebenwirkungen und Wechselwirkungen von Artemisinin und Artesunat bei Krebs bisher nicht gut untersucht.
Nebenwirkungen: Erkenntnisse zu möglichen Nebenwirkungen gibt es aus Studien zu Artemisinin als Antimalariamittel. Dabei kam es beispielsweise zu einem Mangel an bestimmten weißen Blutkörperchen, roten Blutkörperchen oder Blutplättchen.
Wechselwirkungen: Auch Wechselwirkungen von Artemisinin und Artesunat mit anderen Medikamenten können nicht ausgeschlossen werden. Laborversuche ergaben beispielsweise eine Beeinflussung bestimmter Enzyme. Daher kann es möglicherweise zu Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten kommen, die diese Enzyme ebenfalls ansteuern.
- Am Menschen sind solche Wechselwirkungen bisher nicht belegt.
Finanzielle Risiken berücksichtigen: Da keine Belege für die Wirksamkeit vorliegen, übernehmen die Krankenkassen die Kosten für eine Behandlung mit Artesunat-Infusionen in der Regel nicht. Daher kann eine solche Therapie auch finanzielle Risiken bergen.
Zum Weiterlesen
Mehr zu komplementärmedizinischen Mitteln und Methoden lesen Sie unter Alternative Medizin und Komplementärmedizin bei Krebs. Einen Überblick bietet auch unser Informationsblatt "Alternative und komplementäre Krebsmedizin" (PDF).
Quellen und Links (Auswahl)
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF): S3-Leitlinie Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen, Langversion 2.0, 2024, AWMF-Registernummer: 032-055OL (Stand 05/2024, aufgerufen am 10.07.2025).
CAM Cancer, Eintrag zu Artemisia annua (Stand 06/2022, aufgerufen am 10.07.2025).
Efferth T. From ancient herb to modern drug: Artemisia annua and artemisinin for cancer therapy. Semin Cancer Biol. 2017 Oct;46:65-83. doi: 10.1016/j.semcancer.2017.02.009.
Tanner JA, Tyndale RF. Variation in CYP2A6 Activity and Personalized Medicine. J Pers Med. 2017 Dec 1;7(4):18. doi: 10.3390/jpm7040018.
*Hinweis: Solche Fragen erreichen den Krebsinformationsdienst regelmäßig. Die verwendete Frage ist keine Original-Anfrage, sondern ein redaktionell bearbeitetes Beispiel.