Cannabis auf Rezept? Darüber hat heute der Deutsche Bundestag entschieden. Ab März wird die Behandlung für schwerkranke Menschen leichter als bisher möglich sein - wenn auch nur unter besonderen Voraussetzungen: Die behandelnden Ärzte müssen davon ausgehen, dass sich die Situation ihrer Patientinnen und Patienten durch die Therapie deutlich verbessern lässt. Dann können sie ein entsprechendes Betäubungsmittel-Rezept ausstellen.
Versorgt werden dürfen Betroffene aber weiterhin ausschließlich über Apotheken: entweder mit den schon länger legal erhältlichen Arzneimitteln mit sogenannten Cannabinoiden, oder mit qualitätsgeprüftem Medizinalhanf, also den getrockneten Blüten der Pflanze.
Sind die Voraussetzungen erfüllt, sollen zudem die Krankenkassen in Zukunft die Kosten ganz regulär übernehmen können.
Nutzen und Risiken für Tumorkranke

Die Anwendung von Cannabis oder den in den Hanfpflanzen enthaltenen Cannabinoiden ist in der Krebsmedizin nichts Neues: Schon länger besteht die Möglichkeit, solche Arzneimittel in der Apotheke auf Rezept herstellen zu lassen. Einige konnte man aus dem Ausland importieren, darunter beispielsweise die Substanz Dronabinol. Ein Medikament mit dem Wirkstoff Nabilon ist seit kurzem auch in Deutschland regulär zugelassen - allerdings nur gegen Übelkeit während einer Chemotherapie, die anders nicht zu lindern ist.
Mit einer Sondergenehmigung war sogar die Behandlung mit Hanfblüten aus der Apotheke möglich.
Das Problem war vor allem die Kostenübernahme, die bisher eine Einzelfallentscheidung der Krankenkassen blieb: Jeder Patient musste einen eigenen Antrag stellen, über den die Kasse dann jeweils individuell entschied.
Was sich durch die für März 2017 anstehende Gesetzesänderung nicht verändert, ist die Einschätzung des tatsächlichen Nutzens: Noch ist unklar, wem genau und in welcher Situation Cannabis und Cannabinoide wirklich helfen.
- Daher hat der Bundestag auch begleitende Studien zur Cannabis-Therapie beschlossen: Ärzte sollen dazu in Zukunft entsprechende anonymisierte Daten ihrer Patienten melden.
Die verlässlichsten Daten bei Krebserkrankungen liegen bislang zur Unterdrückung von Übelkeit und Erbrechen vor, insbesondere bei einer Chemotherapie. Die derzeit verfügbaren Fertigarzneimittel sind deshalb überwiegend oder ausschließlich für diese Krankheitssituation zugelassen.
Die Anwendung bei anderen Erkrankungen oder Problemen liegt als sogenannter "Off Label Use" in der Verantwortung der Ärzte und Patienten, die auch mögliche Risiken allein tragen. Wegen der erheblichen Nebenwirkungen raten viele Experten aber dazu, zunächst alle anderen Behandlungsmöglichkeiten zu versuchen.
Diskutiert werden auch ein besserer Appetit, und ganz allgemein eine Stimmungsaufhellung. Noch weniger Daten liegen zur Wirkung von Cannabis-Extrakten gegen Schmerzen vor, noch laufen dazu viele Studien. Auch hier gilt: Zunächst sollte man auf die gängigen Arzneimittel setzen.
Weitere Informationen
Sie haben Fragen zur Linderung quälender Symptome? Sie möchten wissen, wie man bei Krebs Übelkeit oder Schmerzen wirksam vorbeugen kann? Wir sind für Sie da:
- am Telefon unter 0800 - 420 30 40, täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr
- per E-Mail, dazu steht Ihnen ein datensicheres Formular unter krebsinformationsdienst@dkfz.de zur Verfügung
Erste Informationen zum Thema bieten wir auf unseren Internetseiten zu "Belastende Symptome bei Krebs: Supportive Therapie - Probleme verhindern, behandeln, lindern"
Zum Laden und Ausdrucken stehen außerdem Informationsblätter als PDF zur Verfügung, mehr unter "Unsere Broschüren".
Quellen (Auswahl)
Der Bundestag informiert aktuell über die Entscheidung vom 19. Januar 2017 zu Cannabis und Cannabinoiden unter www.bundestag.de. Das Bundesministerium für Gesundheit bietet weitere Texte unter www.bundesgesundheitsministerium.de/ministerium/meldungen/2017/januar/cannabis-als-medizin.html.
Für Interessierte und Fachleute kann unter anderem die S3-Leitlinie "Supportive Therapie bei onkologischen PatientInnen" wichtige Anhaltspunkte bieten, online verfügbar bei der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften unter www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/032-054OL.html.
Wichtigste Ansprechpartner bei Fragen zur Kostenübernahme sind die jeweiligen Leistungsträger.