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Mehr Aussagekraft für die Darmkrebs-Früherkennung

Ab dem 1. April übernehmen die gesetzlichen Krankenkassen immunologische Tests auf verborgenes Blut im Stuhl (iFOBT) zur Früherkennung von Darmkrebs. Wissenschaftler um Hermann Brenner im Deutschen Krebsforschungszentrum konnten die Überlegenheit dieses Nachweisverfahrens belegen.

Drei Fragen an Hermann Brenner:

Herr Prof. Brenner, zur Früherkennung von Darmkrebs haben alle gesetzlich Krankenversicherten in Deutschland ab dem 50. Geburtstag jährlich einmal Anspruch auf einen immunologischen Test auf verborgenes Blut im Stuhl. Die immunologischen Tests, die den Blutfarbstoff Hämoglobin mit Antikörpern nachweisen, lösen nun die so genannten Enzymtests ab. Wie verbessert das neue Verfahren die Früherkennung von Darmkrebs?

Prof. Hermann Brenner © DKFZ/Tobias Schwerdt
Prof. Hermann Brenner © DKFZ/Tobias Schwerdt

Hermann Brenner: 2013 haben wir beide Testverfahren einem großangelegten direkten Vergleich unterzogen – mit einem überzeugenden Ergebnis: Die immunologischen Tests spüren etwa doppelt so viele Krebserkrankungen und rund dreimal so viele der fortgeschrittenen Krebsvorstufen auf und liefern gleichzeitig weniger falsch positive Ergebnisse. Die diagnostische Aussagekraft der immunologischen Stuhltests ist damit deutlich höher als die des Enzymtests.

Außerdem sind die immunologischen Tests weniger fehleranfällig, da die Antikörper spezifisch auf menschliches Hämoglobin reagieren. Der Proband muss also nicht vorab bestimmte Lebensmittel vermeiden, die das Ergebnis verfälschen könnten.

Kann der neue Stuhltest eine Darmspiegelung ersetzen?

Hermann Brenner: Was die diagnostische Sicherheit betrifft, ist die Darmspiegelung nach wie vor der Goldstandard. Jedoch nehmen nur rund 20 bis 30 Prozent aller Versicherten im entsprechenden Alter dieses Angebot auch wahr. Daher sind die Tests auf verborgenes Blut weiterhin wichtig, denn mit ihnen können auch Menschen erreicht werden, die sich nicht zu der aufwändigeren Darmspiegelung entschließen. Umso wichtiger ist es, dass der Labortest dann auch aussagekräftig ist!

Gibt es weitere Möglichkeiten, um mehr Menschen davon zu überzeugen, an der Darmkrebsfrüherkennung teilzunehmen?

Hermann Brenner: Mit einer kürzlich publizierten Studie* konnten wir zeigen, dass etwa 60 Prozent mehr Menschen einen Test auf verborgenes Blut wahrnehmen, wenn sie mit einem persönlichen Anschreiben, dem der Test direkt beigefügt ist, über die Darmkrebsvorsorge informiert und zur Teilnahme eingeladen werden. Unsere holländischen Nachbarn haben ein solches Verfahren inzwischen in die Routine umgesetzt und erreichen damit Teilnahmeraten von über 60 Prozent. Davon sind wir in Deutschland noch weit entfernt.

Die Forderung nach Einführung eines organisierten Früherkennungsprogramms mit persönlicher Information und Einladung ist im Nationalen Krebsplan seit Jahren festgeschrieben. Es wird höchste Zeit, das Einladungsverfahren bundesweit umzusetzen!



Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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