Bestrahlung kann bei Krebspatienten die Haut im Strahlenfeld schädigen. Erste Symptome ähneln oft einem Sonnenbrand. Noch vor ein paar Jahren empfahlen Fachleute Krebspatienten deshalb, den betreffenden Bereich nicht zu waschen. Auch auf Baden oder Duschen sollten sie verzichten, selbst während einer mehrwöchigen Strahlentherapie. Man hoffte, so die strapazierte Haut im Strahlenfeld zu schonen und das Risiko von Entzündungen der Haut zu verringern.
Schwere Strahlenschäden und gar großflächige Verbrennungen der Haut, wie sie früher gelegentlich vorkamen, sind inzwischen aber selten geworden. Hauptgründe dafür sind: Moderne Bestrahlungsgeräte treffen Tumoren immer gezielter, und die Steuerung der Strahlung gelingt insgesamt viel präziser. Entsprechend klein sind bei vielen Patienten die Bereiche der Haut, die eine hohe Strahlendosis abbekommen.
Wie sehen die Empfehlungen zum Waschen während der Strahlentherapie heutzutage aus? Darf man wirklich nicht duschen oder ein Bad nehmen? Anhand einer aktuellen E-Mail-Anfrage bietet der Krebsinformationsdienst Betroffenen und Angehörigen Hintergrundinformationen.
Interessierte und Fachleute finden am Ende des Textes weiterführende Informationen und Quellen.
"Mein Mann wurde an einem Hirntumor operiert. Jetzt soll er noch bestrahlt werden. Von einer Freundin habe ich gehört, dass er sich in dem ganzen Zeitraum während der Bestrahlung nicht waschen sollte. Stimmt das denn wirklich? Wie sieht es mit Duschen und Haarewaschen aus?"

Sehr geehrte Fragestellerin, vielen Dank für Ihre Anfrage an den Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums. Sie erkundigen sich, wie es mit dem Waschen während einer Bestrahlung aussieht. Gerne stellen wir für Sie aktuelle Hintergrundinformationen zusammen.
Bitte haben Sie jedoch Verständnis dafür, dass es uns nicht möglich ist, Ihrem Mann konkrete Ratschläge oder Empfehlungen zu geben. Wie viel Schonung Haut und Haare während einer Strahlentherapie benötigen, hängt zum einen von der Art und der Dosis der Bestrahlung ab. Zum anderen spielt aber auch eine Rolle, wo sich das Strahlenfeld bei Ihrem Mann genau befindet und wie groß es sein wird. Wie empfindlich die Haut Ihres Mannes insgesamt ist und ob sich die Operationswunden schon vollständig geschlossen haben, muss ebenfalls berücksichtigt werden. Ihre Frage können wir deshalb zunächst nur allgemein beantworten.
Um individuelle Empfehlungen zu erhalten, sollte Ihr Mann auf jeden Fall Rücksprache mit seinem behandelnden Strahlentherapeuten halten. Nur dieser kennt die medizinische Situation Ihres Mannes und die Details seiner Strahlenbehandlung genau. Informationen per E-Mail oder aus dem Internet können ein solches Gespräch mit Ärzten nicht ersetzen.
Wir würden uns aber freuen, wenn die folgenden Informationen Ihnen und Ihrem Mann helfen, sich auf ein solches Gespräch vorzubereiten.
Waschen im Bestrahlungsfeld: Mit Vorsicht meist möglich
Bei einer Strahlentherapie tritt die Strahlung an einer Stelle der Haut in den Körper ein und an einer anderen Stelle wieder heraus. Fachleute bezeichnen diese Orte auf der Haut als Strahlenein- und Strahlenaustrittsstellen. Sie sind empfindlicher als nicht bestrahlte Haut.
Viele Krebspatienten hören die Warnung aus dem Bekannten- oder Freundeskreis "bloß nicht waschen bei der Bestrahlung"! Solche früher gängigen Warnhinweise sind heute etwas gelockert worden: Fachleute sind sich heutzutage überwiegend einig, dass bei den meisten Krebspatienten nichts gegen kurzes vorsichtiges Nassmachen und Waschen der Haut im Bestrahlungsfeld spricht. Bei einer Kopfbestrahlung ist bei den meisten Patienten auch das behutsame Waschen der Haare möglich. In wissenschaftlichen Arbeiten finden sich Hinweise, dass sich durch regelmäßiges Waschen das Risiko für Entzündungen der Haut im Bestrahlungsfeld nicht erhöht, sondern eher verringert.
- Wichtig zu wissen: Ihr Mann kann Bereiche der Haut, die nicht im Strahlengang liegen, wie gewohnt waschen.
Obwohl das Waschen und Trocknen von Haut und Haaren im Bestrahlungsfeld bei den meisten Krebspatienten möglich ist, empfehlen Fachleute aber dennoch, vorsichtig zu sein:
- Sich im Strahlenfeld möglichst nur kurz waschen oder nur kurz abduschen, damit die Haut nicht aufweicht; dabei sollte man auch an den entstehenden Wasserdampf denken.
- Haut und Haare im Strahlenfeld nur mit lauwarmem Wasser waschen; die Haut reagiert unter Umständen empfindlicher als sonst auf kalte und warme Temperaturen.
- Zum Reinigen von Haut und Haaren im Strahlenfeld entweder gar keine oder milde Seifen und Shampoos verwenden; die Haut sollte nicht unnötig gereizt werden.
- Die Haut im Strahlenfeld zum Abtrocknen mit einem weichen Handtuch nur abtupfen anstatt abrubbeln; so wird die gereizte Haut nicht verletzt. Fachleute raten, die Haut insbesondere in Hautfalten wie im Halsbereich, in der Achselhöhle oder in der Bauch- und Leistengegend, gut abzutrocknen.
- Zum Haaretrocknen die Haare nicht zu heiß föhnen; frisch bestrahlte Haut reagiert empfindlich auf Temperaturreize.
Damit die Bestrahlung problemlos fortgesetzt werden kann, gilt noch eine weitere Vorgabe:
- Hat der Strahlentherapeut Hautmarkierungen für das Bestrahlungsfeld aufgezeichnet, müssen diese erhalten bleiben. Sie sollten nicht durch den Kontakt mit Wasser verblassen oder gar abgewaschen werden.
Bestrahlte Haut benötigt auch einige Zeit nach der Bestrahlung noch eine besondere Schonung. Wann Krebspatienten die bestrahlten Hautstellen nach abgeschlossener Bestrahlung wieder ganz normal waschen und trocknen können, erfahren sie von ihrem behandelnden Arzt oder betreuenden Pflegefachkräften.
Welche Hautpflegemittel sind erlaubt, wie sieht es mit Rasieren aus?
Viele Menschen sind es gewohnt, nach dem Waschen oder Duschen Deos und Cremes zu benutzen. Fachleute empfehlen allerdings, während und auch einige Zeit nach einer Bestrahlung mit Deodorantien, alkoholhaltigen Pflegeprodukten, Parfüm, ätherischen Ölen oder medizinischen Salben auf der direkt bestrahlten Haut vorsichtig zu sein.
Ob das Rasieren oder Epilieren von Körperhaaren an den bestrahlten Stellen erlaubt ist, muss unbedingt vorher erfragt werden: Dabei wird die Haut stark belastet.
Ist eine Rasur überhaupt möglich? Wenn ja, empfehlen Fachleute eher eine Trockenrasur mit elektrischem Rasierapparat als eine Nassrasur mit Rasierschaum und Klinge. Das Risiko, die Haut im Strahlenfeld zu verletzen, ist bei einer Rasur mit Nassrasierer höher. Ganz allgemein gilt:
- Sicherheitshalber immer bei Ärzten oder Pflegenden nachfragen, wie die Haut im Strahlenfeld vor, während und nach der Strahlentherapie gepflegt werden darf!
Was tun, wenn sich die Haut im Strahlenfeld doch entzündet?
Wenn die Haut im bestrahlten Gebiet juckt, sich rötet oder wund wird, sollte man dies dem behandelnden Arzt zeigen.
Juckt die Haut im Strahlenfeld, rötet sie sich und schwillt sie an, ist sie überwärmt oder treten gar nässende Stellen oder andere Auffälligkeiten auf, sollten Patienten dies ihrem behandelnden Arzt möglichst bald mitteilen und zeigen. Solche Hautveränderungen können harmlos sein, aber auch auf eine stärkere Schädigung des Gewebes hinweisen. Ohne Rücksprache mit dem Arzt sollte man auch nicht einfach zu Cremes oder Salben greifen, die sich vielleicht noch im Arzneischrank befinden.
Erste Symptome der Hautreaktionen ähneln einem Sonnenbrand. Die Haut sieht zunächst trocken aus und rötet sich. Unter Umständen schwillt sie leicht an. Fachleute sprechen von einer Strahlendermatitis. Der Hintergrund: Strahlung zerstört insbesondere die sich schnell teilenden Tumorzellen. Hautzellen teilen sich allerdings ebenfalls schnell, und so werden sie durch eine Bestrahlung auch geschädigt. Dadurch kann sich die Haut nicht mehr in ihrem normalen Rhythmus erneuern. Der Abschuppungsprozess beschleunigt sich. Haut in Gesicht, Achselhöhlen, Leiste und Intimbereich ist besonders empfindlich. Deshalb kommt es dort vergleichsweise schneller zu Strahlenschäden der Haut als in anderen Bereichen des Körpers.
Insgesamt kann sich normale Haut aber immer noch gut regenerieren, anders als das Gewebe strahlenempfindlicher Tumoren.
Forschung zu Haut- und Körperpflege bei Bestrahlung
Für alle in den vorherigen Abschnitten aufgeführten konkreten Ratschläge zum Waschen und Pflegen der Haut, die der Bestrahlung ausgesetzt ist und war, gilt: Es liegen zu diesen Fragestellungen bisher nur wenige eindeutige und aussagekräftige Forschungsergebnisse vor. Aktuell setzen Fachleute vorwiegend auf Erfahrungswissen. Weitere Studien sind notwendig, um zu klären, was der Mehrzahl bestrahlter Patienten gut tut, und welche Pflege dagegen Risiken birgt. Informationen und Ratschläge, die von Hinweisen des Krebsinformationsdienstes abweichen, können deshalb ebenso richtig sein.
Mögliche Fragen an den Arzt: Risiko für Hautreaktionen im Vorfeld abschätzbar?
Wie empfindlich die Haut eines Patienten auf eine Bestrahlung reagiert, lässt sich im Vorfeld nur schwer abschätzen. Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab. Krebspatienten können im Gespräch mit ihrem Arzt mehr über ihr persönliches Risiko für Hautreaktionen erfahren. Folgende Fragen sind unter Umständen hilfreich:
- Wie beurteilen Sie als Arzt meinen Hautzustand? Habe ich ein besonderes Risiko, dass die Haut im Bestrahlungsfeld Schaden nimmt?
- Welchen Einfluss haben weitere Krebsbehandlungen wie etwa eine Chemotherapie oder eine Operation? Welche Rolle spielen Begleiterkrankungen, die ich sonst noch habe?
- Wo genau befinden sich bei mir die Ein- und Austrittsstellen der Strahlung auf der Haut?
- Wie hoch ist die Strahlendosis insgesamt, die an diesen Ein- und Austrittsstellen der Haut bei mir ankommt? Ist sie hoch genug, um Entzündungen der Haut auszulösen?
- Welchen Einfluss haben die bei mir angewandten Bestrahlungstechniken auf die Haut?
- Wie soll ich meine Haut während einer Strahlentherapie am besten pflegen? Kann ich mit irgendwelchen Pflegemaßnahmen oder Mitteln Schäden an der Haut durch die Bestrahlung vorbeugen? Auf was muss ich achten? Was sollte ich vermeiden?
- Woran erkenne ich, wenn die Haut Schaden nimmt? Was soll ich dann tun?
Zum Weiterlesen
Wir beantworten Ihre Fragen: Der Krebsinformationsdienst ist täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 – 420 30 40 zu erreichen, oder per E-Mail an krebsinformationsdienst@dkfz.de. Ein Kontaktformular bietet eine sichere Verbindung. Auf Facebook informiert der Dienst unter www.facebook.de/krebsinformationsdienst.
Ob Patienten mit Nebenwirkungen einer Bestrahlung rechnen müssen, hängt von verschiedenen Faktoren ab: der Strahlendosis, der angewandten Bestrahlungstechnik, der Größe des Bestrahlungsfeldes sowie der Empfindlichkeit der bestrahlten Organe. Auch der Allgemeinzustand und die Schwere der Krebserkrankung wirken sich aus. Weiterführende Informationen dazu bietet der Krebsinformationsdienst in seinem Text "Strahlentherapie und Nuklearmedizin: Nebenwirkungen".
Welche biologische Wirkung Strahlung während einer Strahlentherapie hat, welche Reaktionen sie an Geweben auslöst und warum Krebspatienten ihre Strahlendosis in mehreren kleinen Portionen erhalten, erfahren Interessierte im Text "Strahlentherapie und Nuklearmedizin: Biologische Grundlagen".
Wie wird bestrahlt? Welche Geräte nutzen Ärzte heute zur Strahlentherapie? Wie schaffen Strahlentherapeuten es, energiereiche Strahlen im Tumor zu bündeln und gesundes Gewebe zu schonen? Antworten auf diese und weitere Fragen finden sich im Text "Strahlentherapie: Techniken und Anwendungsbeispiele".
Durch moderne Bestrahlungsgeräte wird die Haut während einer Strahlentherapie nicht mehr so stark belastet wie noch vor ein paar Jahren. Was Krebspatienten selbst tun können, um Hautschäden während einer Bestrahlung vorzubeugen, erläutert der Krebsinformationsdienst im Text "Hautprobleme: Behandeln, schützen, vorbeugen" unter der Überschrift "Hautprobleme bei und nach Bestrahlung".
Treten bei jemandem Entzündungen oder Infektionen der Haut als Nebenwirkung einer Strahlentherapie auf, findet er weiterführende Informationen im Text "Fieber, Entzündungen und Infektionen bei Krebspatienten" unter der Überschrift "Entzündete Haut nach Strahlentherapie: Symptome erkennen und behandeln".
Weiterführende Informationen und Quellen für Interessierte und Fachkreise (Auswahl)
Als Quellen für diesen Text hat der Krebsinformationsdienst neben den unten genannten Fachartikeln Fachbücher zur onkologischen Krankenpflege und Strahlentherapie genutzt.
Leitlinien/Fachgesellschaften
Weitere Informationen zur Supportivtherapie in der Radioonkologie bietet die Deutsche Gesellschaft für Radioonkologie e.V. unter www.degro.org. Sie geht in ihren "Leitlinien in der Radioonkologie - Supportive Maßnahmen" ab Seite 66 auf Nebenwirkungen der Haut ein. Die Datei ist zu finden unter www.degro.org/dav/html/download/pdf/LeitlinieSupportiveMassnahmen.pdf. Sie wurde 2006 zuletzt aktualisiert.
Ein kurzer Hinweis zu Hautschädigungen während einer Radiotherapie finden sich in der Leitlinie "Hauttoxizität" von 2007 des Arbeitskreises Supportive Maßnahmen in der Onkologie (ASORS). Sie ist im Internet abrufbar auf den Seiten unter www.onkosupport.de/asors/content/e974/e2538/e2541/e2545/071123_ASOLeitlinie_Haut.pdf. Weitere Informationen zur Supportivtherapie in der Radioonkologie finden sich unter www.onkosupport.de/e974/e1743/e1813. Frei zugänglich sind beispielsweise folgende Artikel:
- Riesenbeck D, Höller U. (2012). Wenn Nebenwirkungen die Behandlung komplizieren – Management von akuten Hautreaktionen unter Strahlentherapie. Im Focus Onkologie;15(11):47-52. Im Internet frei zugänglich unter www.onkosupport.de/asors/content/e974/e1743/e1813/e4016/ifo1211_47.pdf
- Riesenbeck D, Höller U. (2012). Wenn die Tumortherapie langfristige Spuren hinterlässt – Späte Nebenwirkungen an der Haut. Im Focus Onkologie;15(11):39-42. Im Internet frei zugänglich unter www.onkosupport.de/asors/content/e974/e1743/e1813/e4023/ifo1212_39.pdf
Die im Folgenden aufgeführten Artikel stellen eine Auswahl genutzter Quellen und Hintergrundinformationen dar. Fachveröffentlichungen liegen überwiegend in englischer Sprache vor. Sie richten sich an vorinformierte Leser und sind meist nur über wissenschaftliche Bibliotheken oder kostenpflichtige Onlinedienste zugänglich.
Übersichtsarbeiten
Bolderston A, Lloyd NS, Wong RK, Holden L, Robb-Blenderman L; Supportive Care Guidelines Group of Cancer Care Ontario Program in Evidence-Based Care. (2006). The prevention and management of acute skin reactions related to radiation therapy: a systematic review and practice guideline. Support Care Cancer. 14(8):802-17. DOI: 10.1007/s00520-006-0063-4.
Chan RJ, Larsen E, Chan P. (2012). Re-examining the evidence in radiation dermatitis management literature: an overview and a critical appraisal of systematic reviews. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 84(3):e357-62. DOI: 10.1016/j.ijrobp.2012.05.009.
Salvo N, Barnes E, van Draanen J, Stacey E, Mitera G, Breen D, Giotis A, Czarnota G, Pang J, De Angelis C. (2010). Prophylaxis and management of acute radiation-induced skin reactions: a systematic review of the literature. Curr Oncol. 17(4):94-112. Der Artikel ist im Internet frei zugänglich unter: www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2913836.
Wickline MM. (2004). Prevention and treatment of acute radiation dermatitis: a literature review. Oncol Nurs Forum. 31(2):237-47.
Fachartikel
Fuente de la, F, Meier K, Kopp U. (2012). Hautpflege während der perkutanen Radiotherapie. Forum Onkologische Pflege, 2:31-35.
McQuestion M. (2011). Evidence-based skin care management in radiation therapy: clinical update. Semin Oncol Nurs;27(2):e1-17. DOI: 10.1016/j.soncn.2011.02.009.
Westbury C, Hines F, Hawkes E, Ashley S, Brada M. (2000). Advice on hair and scalp care during cranial radiotherapy: a prospective randomized trial. Radiother Oncol.; 54(2): 109-16. DOI: 10.1016/S0167-8140(99)00146-2.