Wenn bei Prostatakrebspatienten behandlungsbedürftige psychische Probleme auftreten - macht es dann einen Unterschied, ob ihre Prognose gut oder schlecht ist? Unter anderem dieser Frage sind schwedische Wissenschaftler in einer kürzlich im European Journal of Cancer veröffentlichten Arbeit nachgegangen. Ihr Ergebnis: Männer mit einem Prostatakarzinom trugen generell ein höheres Risiko als die Normalbevölkerung für Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen, unabhängig vom Stadium ihrer Erkrankung. Angstzustände betrafen dagegen vor allem Männer mit fortgeschrittenen Prostatakarzinomen.
Fakten zur Studie: Wie gingen die Wissenschaftler vor?
Die Forscher um Anna Bill-Axelson werteten Daten des nationalen schwedischen Prostatakrebs-Registers aus. Sie verglichen Angaben von 72.613 Männern mit Prostatakrebs mit denen von 217.839 Männern aus der Normalbevölkerung gleichen Alters, aber ohne diese Erkrankung. Die Prostatakrebspatienten waren von 1997 bis 2006 in das Register aufgenommen worden. Sie wurden im Durchschnitt über einen Zeitraum von dreieinhalb Jahren nachbeobachtet.
Eine persönliche Identifikationsnummer macht es in Schweden möglich, Daten aus verschiedenen gesundheits- und bevölkerungsbezogenen Registern miteinander zu vergleichen. So konnten die Wissenschaftler feststellen, ob Patienten vor oder nach der Krebsdiagnose in psychiatrischer Behandlung waren. Dabei konnten sie auch den Einfluss der individuellen Prognose eines Mannes mit einbeziehen. Dabei unterschieden sie Männer mit geringem Risiko für einen Rückfall, Männer mit mittlerem oder hohem Risiko, aber potenziell immer noch heilbarer Erkrankung, sowie Männer, deren Prostatakarzinom bereits zu Fernmetastasen geführt hatte und als nicht mehr heilbar galt.
Die weiteren Auswertungen ergaben, dass bei Prostatakrebspatienten auch Antidepressiva häufiger verschrieben wurden als in der Vergleichsgruppe.
Die Untersuchung zeigt, dass Depressionen und posttraumatische Belastungsstörungen auch dann häufiger als in der Normalbevölkerung sind, wenn die Erkrankung noch nicht weit fortgeschritten ist. Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass manche psychischen Belastungen bereits durch die Diagnose einer Tumorerkrankung befördert werden - und nicht unbedingt nur durch eine schlechte Prognose. Ob die an Prostatakrebs gewonnenen Erkenntnisse auch auf Patienten mit anderen Tumorarten übertragbar sind, muss in weiteren Untersuchungen geprüft werden.
Zum Weiterlesen
Hintergründe zu Häufigkeit, Erkennung und Unterstützung von seelischen Belastungen hat der Krebsinformationsdienst in seinem Text "Psychische Unterstützung: Was dazu gehört, wann sie sinnvoll ist, wem sie hilft" zusammengefasst. Dort finden sich auch kurze Erläuterungen zu Depression, Angst-Störung und posttraumatischer Belastungsstörung.
Der Krebsinformationsdienst hat zudem Adressen-Listen von psychosozialen Krebsberatungsstellen und Psychoonkolgen zusammengestellt.
Allgemeine Informationen zum Umgang mit einer Krebserkrankung bietet der Krebsinformationsdienst in den Texten unter der Rubrik "Krankheitsverarbeitung".
Ausführliche Hintergründe zum Thema Prostatakrebs bietet der Krebsinformationsdienst in eigenen Texten.
Für Interessierte und Fachkreise
Bill Axelson, A, Garmo H, Nyberg U, Lambe M, Bratt O, Stattin P, Adolfsson J, Steinbeck G (2011). Psychiatric treatment in men with prostate cancer – Results from a Nation-wide, population-based cohort study from PCBaSe Sweden. European Journal of Cancer 47: 2195-2201, doi:10.1016/j.ejca.2011.04.022.
Abstract der Studie: www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21612913.