Ein gesundes und leistungsfähiges Immunsystem kann Krebsvorläuferzellen in der Leber frühzeitig entdecken und abtöten. Das zeigten Forscher des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) und der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) nun bei Mäusen. Ihre Ergebnisse hat das Wissenschaftsmagazin "Nature" in seiner Online-Ausgabe vorab veröffentlicht.
Geschädigte oder gealterte Zellen verfügen normalerweise über zwei Programme zum Schutz des Körpers: Sie sterben entweder kontrolliert ab (programmierter Zelltod oder Apoptose), oder sie verfallen in eine Art Winterschlaf. Diesen Ruhezustand bezeichnen Fachleute als Seneszenz. Auch er verhindert, dass fehlerhafte Zellen sich unkontrolliert vermehren und Tumore bilden.
Die Wissenschaftler um Professor Lars Zender, Leiter der HZI-Forschergruppe "Chronische Infektionen und Krebs", konnten jetzt an Leberzellen von Mäusen zeigen: Das Immunsystem überwacht auch diese schlafenden Zellen und greift ein, bevor es zur Krebsentstehung kommt. Bei Mäusen mit einem angeborenen Immundefekt entwickelte sich dagegen ein Leberzellkarzinom aus solchen "seneszenten" Zellen.
Studienergebnisse sind bislang Grundlagenforschung
Bei den vorliegenden Untersuchungen handelt es sich um Grundlagenforschung an Mäusen. Die Vorgänge in der körpereigenen Immunabwehr sind sehr komplex. Ob und wann die Erkenntnisse für die Behandlung von Krebspatienten relevant sein können, ist gegenwärtig noch nicht absehbar. Mit frei verkäuflichen Immunstimulanzien lässt sich nach bisherigem Kenntnisstand kein Schutz vor Krebs erzielen. Fachleuten zufolge ist ihr Nutzen nicht einmal bei der Abwehr von Bakterien oder Viren zweifelsfrei nachgewiesen.
Zum Weiterlesen
Die vollständige Pressemitteilung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung zum Thema ist abrufbar unter folgendem Link: www.helmholtz-hzi.de/de/presse_und_oeffentlichkeit/pressemitteilungen/ansicht/article/complete/das_koerpereigene_ueberwachungsprogramm_gegen_krebs/.
Die Originalpublikation ist in englischer Sprache in der Fachzeitschrift "Nature" erschienen:
Kang T-W, Zender L et al. (2011) Senescence surveillance of premalignant hepatocytes limits liver cancer development. Nature. Advanced Online Publication. DOI: 10.1038/nature10599.
Warum eine einfache Stimulierung des Immunsystems nicht ausreicht, um vor Krebs zu schützen, lesen Interessierte im Text "Häufig gestellte Fragen zu Krebs und Immunsystem".
Eine lang andauernde und tief greifende Unterdrückung des Immunsystems (Immunsuppression) mit Medikamenten, wie sie etwa nach einer Herz- oder Nierenverpflanzung notwendig ist, kann unter Umständen das Risiko für bestimmte Krebsarten steigern. Die bisherigen Erkenntnisse reichen jedoch nicht aus, eine Einschränkung einer immunsuppressiven Behandlung zu rechtfertigen, mehr dazu unter "Immunsuppression: Was mache ich, wenn meine Immunabwehr anhaltend geschwächt ist?" im Text "Häufig gestellte Fragen zu Krebs und Immunsystem".