Die Diagnose Krebs wirft bei Patienten viele Fragen auf, unter anderem die nach der richtigen Klinik: Doch woran erkennt man ein für die Krebstherapie geeignetes Krankenhaus? Ist die vom Arzt empfohlene Adresse immer die beste?
Anhand einer aktuellen E-Mail-Anfrage erläutert der Krebsinformationsdienst, wodurch sich ein auf die Versorgung von Krebspatienten spezialisiertes Krankenhaus auszeichnet. Dabei wird erläutert unter anderem erläutert, was sich hinter Begriffen wie "Tumorzentrum", "Organkrebszentrum", "Onkologisches Zentrum" oder "Comprehensive Cancer Center".
"Bei meiner Mutter wurde kürzlich Gebärmutterkörperkrebs festgestellt. Ihr Frauenarzt hat die Behandlung in der Frauenklinik des Universitätsklinikums E. empfohlen. Das ist für uns eigentlich ganz gut, da wir selbst in der Nähe wohnen und meine Mutter regelmäßig besuchen könnten.
Nun hat uns eine Bekannte ziemlich verunsichert: Sie meint, dass wir unbedingt in ein Gynäkologisches Krebszentrum gehen sollen. Natürlich möchten wir, dass meine Mutter die beste Versorgung erhält, und sie selbst hat uns gebeten, für sie die ganze Organisation und die Gespräche mit Ärzten zu übernehmen. Können Sie uns sagen, wo wir ein solches Zentrum in der Nähe finden?"
Vielen Dank für Ihre E-Mail-Anfrage an den Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums. Ihre Mutter ist an Gebärmutterkörperkrebs erkrankt, Sie suchen nun für sie nach der bestmöglichen Behandlungseinrichtung.
Gerne helfen wir Ihnen mit Hintergrundinformationen weiter. Wir möchten Sie aber darauf hinweisen, dass der Krebsinformationsdienst selbst keine Bewertung von Krankenhäusern vornimmt. Wir zeigen Ihnen aber gerne auf, wodurch sich Zentren auszeichnen, die auf die Versorgung von Krebspatienten spezialisiert sind. Trotzdem möchten wir Sie bitten, auch noch einmal mit dem Arzt Ihrer Mutter zu sprechen: Er kann Ihnen genauer erläutern, warum er Ihrer Mutter die Frauenklinik der Universität E. empfiehlt.
Die für Sie zunächst wichtigste Information: Die Universitätsfrauenklinik in E. ist Teil des Tumorzentrums Ihrer Region. Außerdem wurde sie als sogenanntes Gynäkologisches Krebszentrum zertifiziert. Sie erfüllt also genau die Voraussetzungen, nach denen Sie gesucht haben.
Was genau sich hinter diesen Begriffen verbirgt, erläutern wir Ihnen gerne ausführlich im folgenden Text, ebenso, welche Anforderungen entsprechende Kliniken und Klinikverbünde, aber auch ihre einzelnen Abteilungen erfüllen müssen, um als Spezialzentrum für die Krebsbehandlung anerkannt zu werden.
Wir beantworten Ihre Fragen
Selbstverständlich steht Ihnen und Ihrer Mutter der Krebsinformationsdienst für weitere Fragen auch am Telefon zur Verfügung, täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr unter der kostenlosen Telefonnummer 0800 - 420 30 40.
Spezialisierte Zentren in Deutschland
Ein Haus, viele Bezeichnungen
Ein und dasselbe Krankenhaus kann dabei durchaus mehrere dieser Zertifizierungen und Einstufungen aufweisen:
Viele Kliniken sind sowohl in ein Tumorzentrum eingebunden wie auch als Organzentrum oder Onkologisches Zentrum zertifiziert.
Und in besonders ausgestatteten Einrichtungen kann außerdem noch ein Comprehensive Cancer Center oder Onkologisches Spitzenzentrum bestehen.
Tumorzentrum: Enge Vernetzung von stationären und ambulanten Einrichtungen einer Region
Heute verfügen praktisch alle Universitätskliniken über Abteilungen, die auf die Krebsbehandlung spezialisiert sind. Sie können sich mit anderen Einrichtungen am gleichen Ort oder sogar innerhalb einer Region zu einem "Tumorzentrum" vernetzen. Geht diese Vernetzung von großen außeruniversitären Krankenhäusern aus, ist auch der Begriff "Onkologischer Schwerpunkt" (OSP) gebräuchlich.
Die Begriffe bezeichnen also keine eigens für die Behandlung von Krebspatienten neu geschaffenen Abteilungen, Einrichtungen oder Gebäude. Sie stehen vielmehr für einen Verbund mit übergeordneter Struktur und Funktion: In einem Tumorzentrum sind Krankenhäuser, niedergelassene Ärzte und Rehabilitationseinrichtungen eines Ortes oder einer Region vernetzt, die Krebspatienten behandeln und betreuen. Ziel dieser Vernetzung ist eine flächendeckende und qualitativ hochwertige Versorgung, um die bestmögliche Behandlung von Krebskranken zu gewährleisten.
Um als Tumorzentrum von der Arbeitsgemeinschaft der Deutschen Tumorzentren e.V. (ADT) anerkannt zu werden, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Wichtiges Merkmal ist zum Beispiel die sogenannte interdisziplinäre Tumorkonferenz: Hier besprechen Experten der verschiedenen Fachrichtungen einen individuellen Fall: Gemeinsam erarbeiten sie für den Patienten die jeweils beste Therapiestrategie. So ist sichergestellt, dass zum Beispiel die Wahl zwischen einer Operation oder einer Bestrahlung nicht nur von Chirurgen oder nur von Radiologen getroffen wird, sondern Vertreter beider Fachrichtungen ihre Einschätzung einbringen können.
Die Behandlung innerhalb eines Tumorzentrums folgt nach Möglichkeit medizinischen Leitlinien: Eine Leitlinie fasst zusammen, was zur jeweils besten Behandlung einer Tumorart bekannt und durch wissenschaftlich hochwertige Studien als sinnvoll belegt ist.
Für Patienten können außerdem folgende Angebote eines Tumorzentrums wichtig sein:
Derzeit sind 49 Tumorzentren und Onkologische Schwerpunkte in Deutschland auf der Internetseite der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren e.V. (ADT) aufgeführt, unter www.tumorzentren.de, Stichwort "Mitglieder". Die ADT bietet dort auch weitere Informationen zu Aufgaben und Ansprüchen moderner Tumorzentren.
Organkrebszentren: Viel Erfahrung mit einer Krebsart
Als Organkrebszentren bezeichnet man Kliniken oder einzelne Fachabteilungen einer Einrichtung, die auf die Diagnostik, Behandlung und Nachsorge von Krebserkrankungen bestimmter Organe spezialisiert sind. Derzeit gibt es zertifizierte Brustkrebszentren, Darmkrebszentren, Gynäkologische Krebszentren, Hautkrebszentren, Lungenkrebszentren und Prostatakarzinomzentren. Die Anerkennung von Kopf-Hals-Tumor-Zentren, von Zentren für Hirntumoren und für Pankreaskarzinome ist in Vorbereitung.
Organkrebszentren werden von einem unabhängigen Institut, OnkoZert, jährlich überprüft und zertifiziert. Die Kriterien, die ein solches Organzentrum erfüllen sollte, wurden von der Deutschen Krebsgesellschaft gemeinsam mit weiteren Fachgesellschaften im Bereich der Krebsmedizin entwickelt und ständig neuen Erkenntnissen angepasst.
Die Bezeichnung "Organkrebszentrum" dürfen nur Krankenhäuser tragen, die nachweislich über viel Erfahrung in der Behandlung der jeweils genannten Tumorerkrankung verfügen. Weiterhin sind für den Erhalt eines Zertifikats unter anderem gut ausgebildetes Fachpersonal und der Zugang zu modernen Untersuchungs- und Behandlungsgeräten notwendig. Die enge Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen wird ebenfalls gefordert; auch Selbsthilfeorganisationen müssen einbezogen sein.
Welche Voraussetzungen für die Zertifizierung der verschiedenen Organkrebszentren im Detail gelten, ist im Internet nachzulesen, unter www.onkozert.de. Hier sind außerdem alle von der Deutschen Krebsgesellschaft anerkannten Organkrebszentren aufgeführt.
Onkologische Zentren: Gebündelte Kompetenz
Die Zertifizierung als "Onkologisches Zentrum" wird derzeit von mehreren Organisationen durchgeführt.
Onkozert koordiniert die Prüfung im Auftrag der Deutschen Krebsgesellschaft; die Anerkennung ist möglich für Kliniken und Regionalzentren, an denen bereits mehrere Organzentren (s. vorigen Abschnitt) bestehen. Weitere Informationen zu Kriterien sowie Adressen finden sich unter www.onkozert.de/onkologische_zentren.htm.
Die Bezeichnung "Onkologisches Zentrum" verwenden außerdem die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie, der Berufsverband der Niedergelassenen Hämatologen und Internistischen Onkologen und die Arbeitsgemeinschaft der leitenden Hämatologen und Onkologen im Krankenhaus. Sie zertifizieren damit nicht nur Krankenhäuser, die sich auf die umfassende Behandlung von Krebspatienten vor allem mit medikamentösen Therapieverfahren spezialisiert haben. Möglich ist die Anerkennung auch für entsprechend vernetzte Facharztpraxen, die eine hämatologisch-onkologische Behandlung anbieten, zum Beispiel mit einer ambulanten Chemotherapie und unterstützenden Verfahren.
Eine Adressliste ist zu finden unter www.dgho.de/zertifizierungen/onkologische-zentren/liste-der-oz.
Comprehensive Cancer Center (CCC), Onkologische Spitzenzentren
Als Erweiterung des Konzepts "Tumorzentrum" wurde in Deutschland nach U.S.-amerikanischem Vorbild der Begriff "Comprehensive Cancer Center" (CCC) eingeführt.
Die Idee der CCCs geht über das eines klassischen Tumorzentrums hinaus: In den meisten Tumorzentren sind zum Beispiel die verschiedenen onkologischen Ambulanzen auch in unterschiedlichen Kliniken angesiedelt. Patienten müssen unter Umständen längere Wege in Kauf nehmen, um Termine bei verschiedenen Spezialisten wahrzunehmen, und jedes Gespräch einzeln vereinbaren.
Ein Comprehensive Cancer Center bietet Patienten viele Leistungen innerhalb eines Hauses und zu einem Termin: In einem gemeinsamen Gebäude dient Patienten eine zentrale Ambulanz als Anlaufstelle. Patienten können hier an einem Tag Termine bei mehreren Spezialisten ausmachen.
Darüber hinaus wird in einem CCC die sogenannte translationale Forschung großgeschrieben: Erkenntnisse aus der vorklinischen Krebsforschung sollen so schnell wie möglich zum Vorteil des Patienten an das Krankenbett gelangen. Ein weiterer Schwerpunkt von CCCs ist daher die Durchführung klinischer Studien. All diese Merkmale werden mit dem englischen Begriff "comprehensive" beschrieben, was so viel bedeutet wie umfassend oder übergreifend.
Um die Einrichtung solcher CCCs in Deutschland zu unterstützen, hat die Deutsche Krebshilfe e.V. seit einigen Jahren einen Förderschwerpunkt "Onkologische Spitzenzentren" eingerichtet. Die derzeit bestehenden Spitzenzentren sind auf der Internetseite der Krebshilfe unter www.krebshilfe.de/spitzenzentren.html aufgelistet.
Weitere Informationen
Welche Klinik die "richtige" ist, hängt nicht nur von rein medizinisch-wissenschaftlichen Kriterien ab. Persönliche Wünsche dürfen durchaus auch eine Rolle spielen, etwa der Wunsch nach guten Besuchsmöglichkeiten für Angehörige. Erste Ansprechpartner bei der Suche nach der geeigneten Klinik sind die behandelnden Ärzte, die die Krebsdiagnose gestellt oder die bisherige Behandlung durchgeführt haben. Sie helfen nach Möglichkeit auch dabei, persönliche Vorstellungen bei der Klinikwahl zu berücksichtigen.
Was in Deutschland getan wird, um die Qualität von Krankenhäusern zu verbessern und zu dokumentieren, hat der Krebsinformationsdienst im Text "Gute Ansprechpartner finden" zusammengestellt. Einen Überblick über die wichtigsten Informationen bietet auch ein kurz gefasstes Informationsblatt "Arzt- und Kliniksuche" (PDF).
Am Telefon steht der Krebsinformationsdienst zur Beantwortung von Fragen täglich von 8.00 bis 20.00 Uhr zur Verfügung, unter der kostenlosen Nummer 0800 - 420 30 40, per E-Mail ist der Dienst unter krebsinformationsdienst@dkfz.de erreichbar.