Eine Zigarette beim Kaffee, vielleicht auch zwei beim Bier. Dauert die Party die ganze Nacht, kann es auch mal eine halbe Schachtel sein. Aber süchtig? Viele Gelegenheitsraucher sind sich sicher, dass sie alles vollkommen im Griff haben. Da sie nicht täglich zur Zigarette greifen, verstehen sie sich selbst oft nicht als Raucher. Manche gehen davon aus, dass die gut dokumentierten Risiken des Tabakkonsums für sie nicht gelten: Ein paar Zigaretten pro Woche, die muss der Körper doch vertragen können. Oder etwa nicht? Anhand einer aktuellen E-Mail-Anfrage geht der Krebsinformationsdienst der Frage nach, wie gefährlich Gelegenheitsrauchen ist.
"Richtig geraucht habe ich eigentlich noch nie, nicht als Jugendlicher und auch nicht während des Studiums. Jetzt bin ich 32 Jahre alt und schnorre mir, wenn ich mit Freunden unterwegs bin, gerne mal eine Zigarette zum Bier. Manchmal gönne ich mir auch eine Feierabendzigarette auf dem Balkon. In einer Woche komme ich vielleicht auf fünf bis zehn Zigaretten. Ich frage mich, ob ich wegen so weniger Zigaretten trotzdem ein erhöhtes Krebsrisiko habe."
Vielen Dank für Ihre Anfrage an den Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums. Gerne vermitteln wir Ihnen Hintergrundinformationen zum Thema Rauchen und Gelegenheitsrauchen. Wir bitten Sie aber um Verständnis dafür, dass wir Ihnen keine konkreten Angaben zu Ihrem persönlichen Risiko liefern können. Ob ein einzelner Mensch im Verlauf seines Lebens an Krebs erkrankt, lässt sich anhand von allgemeinen Statistiken höchstens abschätzen, aber nicht sicher vorhersagen.
Sie fragen ausdrücklich nach dem Krebsrisiko des gelegentlichen Rauchens. Die kurze Antwort darauf ist: Auch wenige Zigaretten pro Woche sind nicht unbedenklich. Beim Verbrennen von Tabak wird eine Vielzahl von Stoffen freigesetzt, die nachweislich krebserzeugend sind oder zumindest in diesem Verdacht stehen. Das hat unter anderem die Internationale Krebsforschungsagentur IARC festgestellt. Einen unteren Grenzwert gibt es nicht: Auch wer wenig raucht, hat statistisch ein höheres Krebsrisiko als ein echter Nichtraucher. Tabakrauch fördert nicht nur Lungenkrebs, sondern kann an der Entstehung vieler weiterer Krebsarten beteiligt sein. Auch für schwere Atemwegserkrankungen und Herz-Kreislauf-Leiden steigt das Risiko. Darüber hinaus sollten Sie beachten, dass Zigaretten schnell abhängig machen: Auch Kettenraucher haben meist als Gelegenheitsraucher angefangen - und nicht vom ersten Tag zwei Schachteln Filterlose konsumiert. Vom Genuss zur Sucht ist es nur ein kleiner Schritt.
Tabakrauch: 90 Stoffe sind sicher oder möglicherweise krebserregend
Es gibt, soweit man heute weiß, keinen unteren Grenzwert für die Risiken des Tabakkonsums. Das heißt, auch wenige Zigaretten sind nicht unbedenklich. Warum ist das so? Verantwortlich sind die vielen verschiedenen Substanzen, die im Tabakrauch enthalten sind, und die Sie beim Ziehen an der Zigarette einatmen.
Insgesamt sind im Tabakrauch mehr als 4.800 Stoffe enthalten. 90 davon gelten als krebserregend oder möglicherweise krebserregend. Zu diesem Schluss kommt das Deutsche Krebsforschungszentrum auf der Basis von Auswertungen der Internationalen Krebsforschungsagentur IARC (vom englischen International Agency for Research on Cancer, www.iarc.fr) sowie von Einstufungen der Senatskommission zur Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe der Deutschen Forschungsgemeinschaft (www.dfg.de, Stichwort "Senat", Stichwort "Prüfung gesundheitsschädlicher Arbeitsstoffe"). Fachleute bezeichnen solche Stoffe auch als kanzerogene oder karzinogene Substanzen. Die Zahl der Inhaltsstoffe, die allgemein als gesundheitsschädlich gelten, ist noch höher und liegt bei mindestens 250, so das WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle im Deutschen Krebsforschungszentrum (www.dkfz.de/de/tabakkontrolle).
Die gesamte Liste ist als PDF-Dokument auf www.dkfz.de/de/tabakkontrolle einsehbar, Stichwort "Tabakprodukte und Zusatzstoffe", Stichwort "Gifte im Tabakrauch", Stichwort "Krebserzeugende Substanzen im Tabakrauch".
Viele dieser Substanzen reagieren mit dem Erbgut der Zellen im menschlichen Körper. Dabei kann es zu Veränderungen oder Mutationen kommen, die die Steuerung von Wachstum, Teilung und Überlebenszeit einer Zelle entgleisen oder versagen lassen. Die Zelle kann sich dann unkontrolliert vermehren: der Beginn des Krebswachstums.
Husten, Kurzatmigkeit, Schwindel: Weitere Folgen des Rauchens
Aus Forschungsergebnissen zum Passivrauchen weiß man, dass schon geringe Mengen der im Tabakrauch enthaltenen Stoffe gesundheitsschädlich sein können. Zwar unterscheidet sich die Zusammensetzung des Rauchs, den Sie einatmen, wenn Sie selbst an der Zigarette ziehen von dem Qualm, dem Nichtraucher neben Ihnen ausgesetzt sind. Wesentliche Stoffe sind aber in beiden Fällen gleich.
Auch bei Gelegenheitsrauchern können deshalb die Atemwege akut geschädigt werden. Solche Reizungen äußern sich durch Husten, pfeifendes Atmen und Auswurf. Vielleicht haben Sie das nach einem Abend, an dem Sie verhältnismäßig viele Zigaretten geraucht haben, auch schon bei sich bemerkt. Übrigens können auch die Kopfschmerzen nach einem verqualmten Abend eine Nebenwirkung des Tabakrauchs sein - nicht immer ist ein "Kater" nur die Folge von Alkohol. Langfristig können die Atemwege dauerhaft geschädigt werden, selbst wenn Sie selten und wenig rauchen: Das Auftreten chronischer Erkrankungen wie Asthma wird begünstigt, bei bereits Erkrankten verschlimmert sich die Situation. Auch Blutgefäße können langfristig geschädigt werden, was Herzerkrankungen, Herzinfarkte und Schlaganfälle zur Folge haben kann.
Studien zum Thema: Kein Freifahrtsschein für Partyraucher
Auch aus epidemiologischen Studien, die das Risiko von bestimmten Bevölkerungsgruppen für verschiedene Krankheiten untersucht haben, lässt sich keine Entwarnung für Gelegenheitsraucher herauslesen, im Gegenteil: Ein unterer Grenzwert, ab dem Rauchen gefahrlos möglich wäre, wurde auch hier nicht gefunden.
Suchtgefahr: Wenn aus zehn Zigaretten pro Woche zehn Schachteln werden
Falls Ihnen die genannten Fakten noch nicht die Lust auf die Zigarette beim Kaffee oder beim Bier genommen haben: Tabakkonsum kann schnell abhängig machen. Sie schreiben, dass Sie derzeit noch nicht mehr als zehn Zigaretten in der Woche rauchen. Niemand kann Ihnen garantieren, dass das auch in Zukunft so bleibt. Auch Kettenraucher haben zu Beginn ihrer Sucht-Karriere meist angefangen wie Sie.
Falls Sie den Wunsch verspüren, in Zukunft rauchfrei zu bleiben: Es kann sein, dass Ihnen das anfangs schwerfällt, vielleicht, weil die Zigaretten zu einem liebgewonnenen Ritual gehören oder ausdrücklich mit einer Ausnahmesituation verknüpft sind. Fachleute können Sie bei Ihrem Weg vom "Manchmal"-Raucher zum "Nie"-Raucher unterstützen. Beim Rauchertelefon im Deutschen Krebsforschungszentrum erhalten Sie Unterstützung bei der konkreten Planung und Umsetzung des Rauchausstiegs. Wenn Sie das möchten, vermittelt man Ihnen dort auch Adressen von Therapeuten oder Kliniken. Sie erreichen die Mitarbeiterinnen montags bis freitags von 14 bis 17 Uhr unter der Telefonnummer 06221 / 42 42 00. Weitere Informationen zum Thema Rauchen finden Sie auch im Internet unter www.dkfz.de/de/tabakkontrolle.
Wir hoffen, dass wir Ihnen mit Hintergrundinformationen weiterhelfen konnten. Selbstverständlich stehen wir Ihnen für weitere Fragen zur Vorbeugung von Krebs und zur Vermeidung von Risiken auch am Telefon oder per E-Mail zur Verfügung.
Hintergrundinformationen und Quellen für Fachleute
WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle im Deutschen Krebsforschungszentrum
Das WHO-Kollaborationszentrum für Tabakkontrolle im Deutschen Krebsforschungszentrum hat verschiedene Dokumente zum Rauchen und damit verbundenen Gesundheitsgefahren zusammengestellt. Ein Überblick findet sich im Internet auf www.dkfz.de/de/tabakkontrolle. Für diesen Text hat der Krebsinformationsdienst unter andererem die Dokumente "Krebserzeugene Substanzen im Tabakrauch" (Stichwort "Tabakprodukte und Zusatzstoffe", Stichwort "Gifte im Tabakrauch") und "Passivrauchen - auch wenig ist zu viel" (Stichwort "Publikationen und Stellungnahmen", Stichwort "Aus der Wissenschaft für die Politik") herangezogen.
Gelegenheitsraucher sollten auch bedenken, dass sie nicht nur sich selbst, sondern auch ihrer Familie schaden können. Weitere Informationen enthält der Report "Schutz der Familie vor Tabakrauch", ebenfalls abrufbar unter www.dkfz.de/de/tabakkontrolle.
Internationale Krebsforschungsagentur IARC
Weitere Grundlage ist die IARC-Monographie "Tobacco Smoke and Involuntary Smoking" aus der Reihe "IARC Monographs on the Evaluation of Carcinogenic Risks to Humans", Volume 83 (2004). Die Übersichtsseite, von der aus einzelne Kapitel heruntergeladen werden können, lautet: http://monographs.iarc.fr/ENG/Monographs/vol83/index.php. Die Texte sind in englischer Sprache verfasst.
Weitere Veröffentlichungen
Darüber hinaus hat der Krebsinformationsdienst folgende Texte aus Fachjournalen zur Information herangezogen:
Bjartveit K, Tverdal A (2005). Health consequences of smoking 1-4 cigarettes per day. Tob Control 14: 315-320; doi:10.1136/tc.2005.011932. Der Volltext ist im Internet frei zugänglich: http://tobaccocontrol.bmj.com/content/14/5/315.full.pdf.
Bjerregaard et al. (2006). The effect of occasional smoking on smoking-related cancers. Cancer Causes Control 17: 1305-1309. doi: 10.1007/s10552-006-0068-9.