Erblicher Brustkrebs ist vergleichsweise selten: Experten gehen davon aus, dass nur etwa fünf bis höchstens zehn von einhundert Patientinnen aufgrund einer vererbbaren Genveränderung erkrankt sind. Frauen mit einem der heute bekannten "Brustkrebsgene" tragen allerdings nicht nur ein hohes Erkrankungsrisiko. Nach einer Krebsdiagnose müssen sie zudem damit rechnen, dass in späteren Jahren auch die andere Brust betroffen sein wird, mit einer deutlich höheren Wahrscheinlichkeit als bei Frauen mit spontan aufgetretenem Brustkrebs ohne familiäre Vorbelastung.
Viele Patientinnen entscheiden sich daher heute zu einer vorsorglichen Amputation auch der gesunden Brust, um ihr Risiko einer Neuerkrankung zu senken.
Eine aktuelle Studie des Deutschen Konsortiums für Familiären Brust- und Eierstockkrebs zeigt nun erstmals, dass das Risiko, erneut an Brustkrebs zu erkranken, nicht bei allen betroffenen Frauen gleich hoch ist. Die Expertinnen und Experten hoffen, aus ihren Daten in Zukunft eine individualisierte Beratung ableiten zu können: Ob eine Patientin mit erblichem Brustkrebs sich auch die nicht erkrankte Brust vorsorglich entfernen lassen sollte oder nicht, sollte anhand der Art der Genveränderung entschieden werden, die sie trägt, und unter Beachtung des Alters, in der die Krebsdiagnose bei ihr gestellt wurde.
Ansprechpartner in spezialisierten Zentren
Die vorgestellte Studie ist die bislang größte Untersuchung zum Thema. Sie bezog 978 Familien ein, in denen zwischen 1996 und 2008 ein oder mehrere Frauen erkrankt waren.
Bei Trägerinnen des Brustkrebsgens BRCA1 scheint das Risiko umso höher zu sein, je jünger die Frau bei der Ersterkrankung war. Bei Frauen mit dem BRCA2-Gen war dieser Zusammenhang mit dem Alter nicht so deutlich nachweisbar; ihr Risiko lag auch insgesamt nicht so hoch, wie anhand früherer Studien bisher vermutet wurde.
Die aktuelle Untersuchung bezog sich auf Patientinnen. Aus ihren Daten lassen sich für gesunde Frauen mit nachgewiesenen Brustkrebsgenen keine Empfehlungen ableiten, wie sie mit ihrem hohen Erkrankungsrisiko umgehen können und ob auch für sie eine vorsorgliche Operation sinnvoll ist. Für sie hat der Krebsinformationsdienst den aktuellen Diskussionsstand anhand anderer Quellen zusammengestellt, auf seinen Internetseiten unter "Risiko Brustkrebs: Veranlagung, Vererbung". Der Text bietet zudem Links zu Ansprechpartnern und zu den von der Deutschen Krebshilfe geförderten spezialisierten Beratungszentren für familiären Brust- oder Eierstockkrebs.
Zum Weiterlesen
Die Deutsche Krebshilfe macht auf die aktuelle Studie mit einer Pressemitteilung aufmerksam, die auch erläuternde Kommentare der Koordinatorin des Konsortiums "Familiärer Brust- und Eierstockkrebs enthält. Die Pressemitteilung vom 30.11.09 ist abrufbar unter www.krebshilfe.de.
Die Originalveröffentlichung ist in englischer Sprache in einem Fachmagazin erschienen: Graeser MK, Schmutzler RK et al. (2009): Contralateral Breast Cancer Risk in BRCA1 and BRCA2 Mutation Carriers. Journal of Clinical Oncology (Vorab-Online-Veröffentlichung), DOI: 10.1200/JCO 2008.19.9430.
Der Krebsinformationsdienst bietet in der Rubrik "Krebsarten" mit dem Text "Risikofaktoren für Brustkrebs: Worauf müssen Frauen achten?" Hintergründe und Fakten. Außer den lebensstilbezogenen Risikofaktoren und dem Einfluss der Hormone sind dort auch die heute bekannten Informationen zu Brustkrebsgenen und Vererbung zusammengestellt; weiter listet der Text "Risiko Brustkrebs: Veranlagung, Vererbung" Kriterien auf, die auf ein familiäres Risiko hindeuten können.