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Aktuelles Thema: Krebspatienten - Verstopfung durch Schmerzmitteleinnahme?

Schmerzen bei Krebspatienten können heute wirksam bekämpft werden. Mehr als neun von zehn Patienten erreichen dank moderner Therapiemethoden eine deutliche Linderung oder gar völlige Schmerzfreiheit, selbst bei einer fortgeschrittenen Tumorerkrankung. Die Behandlung wird dabei den Beschwerden angepasst: Bei starken Schmerzen können Opiate notwendig werden, zum Beispiel Morphin. Diese Mittel sind bei richtiger Anwendung gut verträglich und machen dann auch nicht abhängig.
Einige Nebenwirkungen lassen sich allerdings nicht vermeiden. Dazu gehört beispielsweise Verstopfung. Diese Nebenwirkung tritt bei fast allen Patienten zumindest zeitweise auf und kann die Lebensqualität stark einschränken. Deshalb ist es wichtig, sie rechtzeitig und gezielt zu behandeln. Anhand einer aktuellen Anfrage erläutert der Krebsinformationsdienst, was Schmerzpatienten, die Opiate erhalten, gegen Verstopfung tun können und warum Hausmittel dabei nicht ausreichen.



Vielen Dank für Ihre Anfrage an den Krebsinformationsdienst des Deutschen Krebsforschungszentrums. Sie schildern, dass Ihr Mann aufgrund seiner Erkrankung opioidhaltige Schmerzmittel nehmen soll. Gleichzeitig hat er Abführmittel verschrieben bekommen. Sie fragen, ob nicht auch Hausmittel oder eine Ernährungsumstellung helfen würden, falls sich bei ihm eine Verstopfung entwickelt.

Gerne haben wir Informationen zu Verstopfung als Nebenwirkung von Opiaten und deren Behandlung für Sie zusammengestellt. Falls Sie weitere Fragen haben, erreichen Sie uns auch telefonisch oder sie können uns erneut per E-Mail anfragen. Diese Informationen können aber eine persönliche ärztliche Beratung nicht ersetzen. Ihr Mann sollte daher auf jeden Fall auch mit seinem Arzt besprechen, warum die verschriebenen Abführmittel für ihn wichtig sind.

Wie wirken Opiate?

Opiate hemmen die Schmerzweiterleitung. Sie lähmen aber auch den Darm. Patienten benötigen deshalb oft zusätzlich Abführmittel.

Leiden Krebspatienten an starken Schmerzen, dann kann ihnen mit einer individuellen Schmerztherapie normalerweise gut geholfen werden. Verschiedene Medikamente kommen dafür infrage. Bei starken Schmerzen  erhalten Krebspatienten häufig Opiate, auch Opioide genannt. Auch Ihrem Mann ist diese  Therapie jetzt empfohlen worden.

Diese Gruppe von Wirkstoffen wurde ursprünglich aus der Schlafmohnpflanze gewonnen. Viele Opioide sind heute aber chemische Abwandlungen der Naturstoffe oder werden ganz synthetisch hergestellt. So lässt sich ihre schmerzlindernde Wirkung viel besser steuern. Es gibt sie unter anderem als Tropfen, Tabletten oder Pflaster, aber auch zur Injektion oder Infusion. Hintergründe dazu finden sich in den Texten "Schmerztherapie bei Krebs" und "Morphine, Opioide - keine Angst vor Abhängigkeit" des Krebsinformationsdienstes.

Toilette mit Klopapier © Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum
Abführmittel helfen meist gegen opioidbedingte Verstopfung © Krebsinformationsdienst, Deutsches Krebsforschungszentrum

Opioide binden an Nervenzellen, die Schmerzinformationen weiterleiten. Sie dämpfen damit sehr wirksam die Schmerzempfindung. Genau diese Bindung an Nervenzellen führt aber auch zu unerwünschten Nebenwirkungen. Eine sehr häufige Nebenwirkung ist Verstopfung. Sie betrifft etwa neun von zehn Patienten, die solche Schmerzmittel erhalten.

Grund dafür ist, dass Opioide auch an Nervenzellen im Darm binden und so teilweise die Darmmuskulatur lähmen. Der Darminhalt wird nicht mehr ausreichend weitertransportiert. Das Darmgewebe entzieht den verdauten Speiseresten zu viel Flüssigkeit, und der Stuhl wird hart. Für viele Betroffene kann die Darmentleerung beschwerlich oder ohne Nachhilfe sogar unmöglich werden. Hinzu kommen oft schmerzhafte Blähungen. Weiter beeinträchtigt wird die Verdauung, weil manche Wirkstoffe den Gallenfluss beeinträchtigen.

Diese Form der Verstopfung ist also eine direkte Folge der Einnahme von Opioiden und nicht mit sonstigen Verdauungsproblemen vergleichbar, die bei vielen Menschen gelegentlich auftreten. Deshalb sollte sie auch gezielt behandelt werden.

Die Wirksamkeit dieser unterschiedlichen Abführmittel wurde in verschiedenen Studien getestet. Wichtig ist auch: Keines dieser Mittel macht abhängig. Patienten können sie also problemlos wieder absetzen, wenn sie nicht mehr benötigt werden.

Wann Abführmittel einnehmen?

Nehmen Patienten die Begleitmedikamente gleich mit Beginn der Opiattherapie ein, können sie eine Verstopfung oft vermeiden.

Eine Verstopfung kann sehr schmerzhaft sein und die Lebensqualität Ihres Mannes einschränken. Deshalb ist es wichtig, dass er möglichst frühzeitig Gegenmaßnahmen ergreift. Der Arzt wird Ihrem Mann vermutlich empfehlen, die Abführmittel gleich mit Beginn der Opioidtherapie einzunehmen, um eine Verstopfung gar nicht erst entstehen zu lassen. Bitte fragen Sie aber hier für alle Fälle noch einmal nach – was für Ihren Mann das Beste ist, kann der behandelnde Arzt am ehesten beurteilen.

Wie lange sollte Ihr Mann diese Mittel einnehmen? Bei anderen Nebenwirkungen von Opioiden - wie zum Beispiel Übelkeit - tritt meist nach wenigen Tagen oder Wochen eine Gewöhnung ein und sie verschwinden von selbst. Für die Verstopfung gilt das nicht. Sie bleibt während der ganzen Zeit der Schmerzmitteleinnahme bestehen. Auch die verschriebenen Abführmittel wird Ihr Mann deshalb vermutlich die ganze Zeit über benötigen. Hier gilt aber ebenfalls: Sprechen Sie sich mit dem Arzt ab. Er kann bei Bedarf auch die Dosierung oder die Art der Medikamente individuell anpassen.

Helfen natürliche Abführmittel?

Wirksamkeit nicht belegt

Die opioidbedingte Verstopfung sollten Patienten nicht mit Hausmitteln behandeln.

Sogenannte natürliche Abführmittel, meist Pflanzenstoffe, werden von vielen Menschen zur Abhilfe gegen Darmbeschwerden wie Verstopfung eingesetzt. Der Mechanismus der opioidbedingten Verstopfung ist allerdings nicht derselbe wie bei anderen Formen der Verstopfung. Ob Hausmittel wie Trockenpflaumen, Olivenöl oder Abführtees hier helfen, ist nicht ausreichend untersucht. Quellstoffe wie Leinsamen, Flohsamen oder Weizenkleie können bei zu geringer Trinkmenge die Darmpassage sogar zusätzlich behindern. Ihr Mann sollte solche Hausmittel daher nur in Absprache mit seinem Arzt einnehmen. Auch rezeptfreie Mittel, die sich eventuell noch in der Hausapotheke finden, sollte er nicht auf eigene Faust einnehmen.

Wenn möglich, kann Ihr Mann darauf achten, sich ballaststoffreich zu ernähren, viel zu trinken und sich mehr zu bewegen. Manchen Betroffenen helfen auch Wärmflaschen, feuchte Wickel oder Massagen, um ihre Darmtätigkeit anzuregen. Dies sind aber nur unterstützende Maßnahmen, die die Einnahme von Abführmitteln nicht ersetzen können. Auch ist es nicht allen Schmerzpatienten möglich, diese Ratschläge zu befolgen – geht es Ihrem Mann schlecht, wäre zum Beispiel eine besondere Diät vermutlich sogar eher eine Belastung für ihn. Umso wichtiger ist es deshalb, die verschriebenen Abführmittel zu nutzen.

Wenn Ihr Mann Verstopfung bekommt, obwohl er das verschriebene Abführmittel regelmäßig einnimmt, sollte er dies mit seinem Arzt besprechen. Dann lässt sich die Dosierung verändern, oder der Arzt verschreibt Abführmittel mit anderen Wirkmechanismen. Auch andere Anwendungsformen wie Zäpfchen können Abhilfe schaffen. Ist die Verstopfung besonders hartnäckig, dann ist es auch möglich, mithilfe von Einläufen die Darmentleerung zu beschleunigen.

Kann die Verstopfung mit solchen zusätzlichen Maßnahmen nicht gut genug behandelt werden oder treten weitere starke Nebenwirkungen auf, dann gibt es auch die Möglichkeit, auf ein anderes opioidhaltiges Schmerzmittel zu wechseln. Denn verschiedene Opioide wirken unterschiedlich stark auf den Darm. Mit etwas Geduld sollte es also auch bei Ihrem Mann gelingen, seine Schmerzen deutlich zu reduzieren, ohne dass er schwerwiegende Nebenwirkungen in Kauf nehmen muss.





Herausgeber: Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) │ Autoren/Autorinnen: Internet-Redaktion des Krebsinformationsdienstes. Lesen Sie mehr über die Verantwortlichkeiten in der Redaktion.

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